Verfahrensgang

LG Koblenz (Entscheidung vom 26.05.2010)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft Koblenz wird der Beschluss der 9. Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 14. September 2010 aufgehoben.

Die Anklage der Staatsanwaltschaft Koblenz vom 26. Mai 2010 wird mit der Maßgabe zugelassen, dass sich der Angeklagte bezüglich der unter Ziff. III angeklagten Tat einer (weiteren) falschen Verdächtigung gemäß § 164 Abs. 1 StGB hinreichend verdächtig gemacht hat.

Das Hauptverfahren wird vor der 9. Strafkammer des Landgerichts Koblenz eröffnet.

 

Gründe

I. 1. Die Staatsanwaltschaft Koblenz legt dem Angeklagten u.a. zur Last, in fünf Fällen mit weiteren Tätern die Begehung eines banden- und gewerbsmäßigen Betruges (sog. Trufa) verabredet und in der Zeit vom 4. bis zum 10. August 2009 eine andere Person wider besseres Wissen falsch verdächtigt zu haben.

Hintergrund der falschen Verdächtigung ist folgender Sachverhalt: Der Angeklagte war in dem von der Staatsanwaltschaft Koblenz geführten Verfahren 2090 Js 72229/08 u.a. angeklagt, gemeinsam mit weiteren Personen die Begehung eines banden- und gewerbsmäßigen Betruges zum Nachteil des Zeugen B. verabredet zu haben. Wegen dieser Tat wurde der Angeklagte zwischenzeitlich durch Urteil der 1. Strafkammer des Landgerichts Koblenz vom 6. Oktober 2009, rechtskräftig seit dem 12. Mai 2010, verurteilt. Am 4. August 2009 suchte der Angeklagte die Polizei in H. auf und teilte mit, er wolle sich einlassen. Am 5. August 2009 teilte er gegenüber dem Polizeibeamten L. mit, er habe Angst vor einem gewissen G., der an der ihm, dem Angeklagten, vorgeworfenen Tat zum Nachteil des Zeugen B. beteiligt gewesen sei. Diese Behauptung hielt er in einer weiteren Vernehmung vom 10. August 2009 gegenüber dem Zeugen L. aufrecht. Die Vernehmungsniederschriften wurden mit Schreiben vom 18. August 2009 an die in dieser Sache ermittelnde Polizeiinspektion N. übersandt. Das Ermittlungsverfahren wurde in der Folgezeit auch auf den durch die Angaben des Angeklagten beschuldigten G. erstreckt und eine Durchsuchung seiner Wohnung durchgeführt; die weiteren Ermittlungen führten jedoch nicht zum Nachweis seiner Beteiligung an der Verbrechensverabredung zum Nachteil des Zeugen B., so dass das Ermittlungsverfahren gegen G. am 13. Januar 2010 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde.

Diese Tat und die genannten fünf Verbrechensverabredungen waren zunächst Gegenstand der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Koblenz vom 14. Januar 2010. Nach Zulassung der Anklage und Verfahrenseröffnung stellte die Strafkammer das Verfahren durch Beschluss vom 6. April 2010 gemäß § 206a StPO wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit ein und hob den zuvor ergangenen Haftbefehl auf. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft verwarf der Senat als unbegründet (Beschl. 2 Ws 166/10 v. 30.04.2010, veröffentlicht bei juris). Mit dem Landgericht war er der Auffassung, dass die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Koblenz aufgrund der hierfür allein in Betracht kommenden falschen Verdächtigung nicht begründet werden könne, weil deren Tatort im Sinne des § 7 StPO nicht im Bezirk Koblenz, sondern in H. liege.

2. Unter dem 26. Mai 2010 hat die Staatsanwaltschaft Koblenz erneut Anklage zur 9. Strafkammer des Landgerichts Koblenz erhoben. Darin hat sie die genannten Taten unter Ziff. III um eine - aus ihrer Sicht rechtlich selbständige und die Zuständigkeit des Landgerichts Koblenz begründende - weitere Straftat ergänzt. Gegenstand der neuen Anklage sind nunmehr - im Gegensatz zur Anklage vom 14. Januar 2010 - auch die Äußerungen des Angeklagten im Rahmen seiner Vorführung vor dem zuständigen Ermittlungsrichter des Amtsgerichts Koblenz am 14. Januar 2010, in der der Angeklagte auch zum Vorwurf der falschen Verdächtigung vernommen worden war. Hier soll der Angeklagte angegeben haben, er habe niemanden falsch verdächtigt, und auf Nachfrage bewusst wahrheitswidrig wiederholt haben, dass G. bei der Tat zum Nachteil des Zeugen B. beteiligt gewesen sei. Dieses wiederholte Vorbringen wertet die Staatsanwaltschaft, anders als die Tat in H. im August 2009, nicht mehr als falsche Verdächtigung gem. § 164 Abs. 1 StGB, sondern als Vortäuschen einer Straftat nach § 145d Abs. 2 Nr. 1 StGB.

Mit dem angegriffenen Beschluss vom 14. September 2010, der Staatsanwaltschaft zugegangen am 16. September 2010, hat die Strafkammer sich hinsichtlich der angeklagten Verbrechensverabredungen sowie der falschen Verdächtigung aus den Gründen seines Beschlusses vom 6. April 2010 für örtlich unzuständig erklärt und bezüglich der zweiten Verdächtigung in Koblenz vom 14. Januar 2010 die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, weil der Angeklagte der ihm insoweit zur Last gelegten Tat nicht hinreichend verdächtig sei. Die inhaltsgleich wiederholte Verdächtigung sei zwar auch mit Blick auf den ohnehin subsidiären § 145d StGB als rechtlich selbständige Tat anzusehen, jedoch als straflose Nachtat der in H. begangenen Vortat zu qualifizieren...

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