Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Drittschutz des Vertrages mit einem Steuerberater und zu Inhalt und Grenzen dessen wirtschaftlicher Beratungspflicht
Leitsatz (amtlich)
1. Hat ein Steuerberater bei der Bilanzerstellung verdeutlicht, dass eine sachliche Kontrolle der zugrunde gelegten Informationen nicht erfolgte, haftet er nicht für die wirtschaftlichen Folgen von Investitionsentscheidungen Dritter, die auf die inhaltliche Richtigkeit des Testierten vertraut haben.
2. Ein Steuerberater muss seinen Mandanten im Rahmen des konkret erteilten Auftrags auch vor steuerlichen Fehlentscheidungen bewahren, die auf anderen Gebieten drohen, wenn sie ihm bekannt oder auf den ersten Blick ersichtlich sind. Daraus ergibt sich aber keine umfassende wirtschaftliche Beratungspflicht.
Normenkette
BGB §§ 249, 276, 280-281, 328, 334, 675; StBerG § 57
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 08.08.2012; Aktenzeichen 15 O 2/12) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des LG Koblenz vom 8.8.2012 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Dieses Urteil und der hiesige Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger können die gegen sie gerichtete Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in entsprechender Höhe stellt.
Gründe
Die Entscheidung ergeht gem. § 522 Abs. 2, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Ihre sachlichen Grundlagen ergeben sich aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils, dem Senatsbeschluss vom 21.11.2012 und ergänzend aus dem Inhalt der Gerichtsakten im Übrigen. In dem vorgenannten Beschluss sind die maßgeblichen Erwägungen wie folgt niedergelegt worden:
"1. Der Kläger zu 1., der an den Klägerinnen zu 2. und zu 3. beteiligt ist, war Gesellschafter der R. GmbH. Die GmbH war 2005 zur Fortführung des Betriebs eines Vorgängerunternehmens gegründet worden und stellte im Mai 2008 Insolvenzantrag. Der Beklagte war ihr Steuerberater und fertigte wiederkehrend die Jahresabschlüsse. Außerdem war er steuerlich beratend für die Kläger tätig.
Zur Liquiditätsverbesserung gewährten die Kläger der GmbH Darlehen - die Klägerin zu 3. 100.000 EUR am 28.6.2006, die Klägerin zu 1. und zu 2. jeweils 50.000 EUR am 19.4.2007 sowie die Klägerin zu 2. nochmals 50.000 EUR am 20.3.2008, wobei im Gegenzug ein gleich hoher Betrag zur teilweisen Tilgung an die Klägerin zu 3. zurückfloss. Außerdem verbürgte sich der Kläger zu 1. im Juni 2007 im Umfang von 100.000 EUR.
Angesichts der Insolvenz der GmbH haben die Kläger den Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Kläger zu 1. hat 150.000 EUR, die Klägerin zu 2. 100.000 EUR und die Klägerin zu 3. ebenfalls 100.000 EUR gefordert. Rechtliche Anknüpfungspunkte sind dabei einerseits das von der GmbH erteilte Steuerberatungsmandat, das Drittschutz zu ihren Gunsten entfaltet habe, und andererseits ihre persönlichen Vertragsbeziehungen zum Beklagten gewesen.
Die Kläger haben ihm vorgeworfen, dass die zum Ende der Jahre 2005, 2006 und 2007 erstellten Bilanzen unrichtig gewesen seien. Der Wert der Vorräte sei, gleich ob es sich um unfertige, halbfertige oder fertige Erzeugnisse gehandelt habe, bei weitem zu hoch angesetzt und unbezahlte Rechnungen seien bereits als Erlöse eingebucht worden. Gleichwohl habe der Beklagte sie, die Kläger, nicht gewarnt, sondern durch seine Atteste ermuntert, sich finanziell zugunsten der GmbH zu engagieren. Der Beklagte hat eingewandt, er habe zu keiner Zeit eine Gewähr für die Richtigkeit der bilanzierten Zahlen übernommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Ansprüche der Kläger aus dem Rechtsverhältnis zwischen der GmbH und dem Beklagten hat es verneint, weil ein Drittschutz nur insoweit in Betracht komme, als der Beklagte Verantwortung habe tragen wollen. Insoweit gäben die von ihm erteilten Prüfvermerke nichts Entscheidendes her. Konkrete Pflichtverletzungen des Beklagten im Rahmen der unmittelbar mit den Klägern geschlossenen Verträge seien nicht dargelegt. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte der GmbH Verschwiegenheit geschuldet habe.
Das greifen die Kläger in Erneuerung ihres Begehrens mit der Berufung an. Sie sehen sich in den Schutzbereich der Tätigkeit des Beklagten für die GmbH einbezogen, da die von ihm zusammengestellten Zahlen Grundlagen ihres finanziellen Engagements gewesen seien. Darüber hinaus sei der Beklagte als ihr persönlicher Steuerberater gehalten gewesen, sie auf mögliche Schwächen der GmbH aufmerksam zu machen. Hinsichtlich der vorhandenen Risiken habe er nämlich einen Wissensvorsprung gehabt. Die GmbH habe ihn insoweit generell von seiner Verschwiegenheitspflicht befreit.
2. Damit vermögen die Kläger nicht durchzudringen. Die angefochtene Entscheidung hat Bestand.
a) Unabhängig von den Erwägungen des LG muss die Klage bereits insoweit scheitern, als sich die Klägerin zu 3. eines über 50.000 EUR hinausgehenden Anspruchs berühmt. Es ist nämlich unstreitig, dass das von ihr am 28.6.20...