Entscheidungsstichwort (Thema)
Entstehen der Vergleichsgebühr - Sorgerechtsverfahren. Vergleichsgebühr im Sorgerechtsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Entstehung der Vergleichsgebühr im Verfahren zur Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangs mit einem Kind
Normenkette
BRAGO § 23; ZPO § 621 Abs. 1 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
AG Bingen am Rhein (Beschluss vom 17.08.2004; Aktenzeichen 8 F 540/03) |
Tenor
Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - FamG - Bingen am Rhein vom 17.8.2004 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller verfolgte die gerichtliche Regelung des Umgangs mit seinen im Rubrum genannten leiblichen Kindern; die Antragsgegnerin hat keinen widerstreitenden Antrag gestellt. Das Kreisjugendamt hat in seiner Stellungnahme vom 13.2.2004 (Bl. 6 GA) mitgeteilt, dass sich beide Eltern über die Umgangsregelung "einig gezeigt" hätten. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem AG am 8.4.2004 (Protokoll Bl. 15-17 GA) schlossen die Parteien eine "Einigung" über ein "betreutes Anbahnungsumgangsrecht"; im Protokoll heißt es weiter:
"Im Einvernehmen mit den Beteiligten wird im Übrigen das Ruhen des Verfahrens mit dem Recht des jederzeitigen Wiederaufrufens angeordnet."
Mit Beschluss vom 3.2.2004 (Bl. 7 PKH-Heft) hatte das AG dem Antragsteller Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsanordnung bewilligt und ihm den Beschwerdeführer beigeordnet. Mit Schriftsatz vom 20.7.2004 (Bl. 12 PKH-Heft) hat der Beschwerdeführer seine Gebühren mit einer Gesamtsumme von 571,30 EUR berechnet (u.a. aufgenommen: 10/10 Vergleichsgebühr gem. § 23 BRAGO) und die Festsetzung beantragt. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat am 26.7.2004 (Bl. 11 PKH-Heft) die dem Beschwerdeführer aus der Landeskasse zu zahlende Vergütung auf 352,06 EUR festgesetzt; die Vergleichsgebühr wurde abgesetzt. Die dagegen gerichtete Eingabe des Beschwerdeführers vom 29.7.2004 (Bl. 16 PKH-Heft) hat das AG als Erinnerung behandelt und mit Beschluss "vom 17.8.2004" (Bl. 27/28 PKH-Heft; ausweislich Bl. 26 PKH-Heft wurde der Beschluss allerdings erst am 18.10.2004 abgesetzt) zurückgewiesen; die Zustellung an den Beschwerdeführer erfolgte am 28.10.2004 (Bl. 40 PKH-Heft). Hiergegen hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 4.11.2004, eingegangen beim AG am 5.11.2004 (Bl. 29 PKH-Heft), Beschwerde eingelegt.
II. Das Rechtsmittel des Beschwerdeführers ist als (befristete) Beschwerde statthaft (§ 33 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 56 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 RVG; zur Anwendbarkeit des neu gefassten und teilweise neu geregelten Rechtsmittelverfahrens s. § 61 Abs. 1 S. 2 RVG) und auch im Übrigen zulässig; es hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Das AG hat zu Recht - im Anschluss an die Stellungnahme der Bezirksrevisorin (Bl. 17 und 25 PKH-Heft) - die Festsetzung der Vergütung des Beschwerdeführers durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (§§ 123, 128 Abs. 1 BRAGO; zur Anwendung des alten Vergütungsrechts s. § 61 Abs. 1 S. 1 RVG) nicht beanstandet.
Der Beschwerdeführer hat eine Vergleichsgebühr gem. § 23 BRAGO nicht verdient.
a) Allerdings entspricht es der überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum, dass der - auch beigeordnete (vgl. BGH JurBüro 1988, 1376 f.) - Prozessbevollmächtigte auch in Verfahren zur Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts (§ 621 Abs. 1 Nr. 1 und 2 ZPO) eine Vergleichsgebühr erhalten kann (vgl. OLG Schleswig v. 17.10.2002 - 15 WF 244/02, OLGReport Schleswig 2003, 52; OLG Zweibrücken JurBüro 1996, 419; Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl. 2002, § 23 BRAGO Rz. 43, 51); in §§ 52, 52a FGG geht das Gesetz ausdrücklich von der Möglichkeit einer einvernehmlichen Konfliktlösung aus. Vorausgesetzt ist aber auch hier ein Vergleich i.S.d. § 779 BGB, also das Zustandekommen eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (§ 23 Abs. 1 S. 1 BRAGO; OLG Schleswig v. 17.10.2002 - 15 WF 244/02, OLGReport Schleswig 2003, 52; KG JurBüro 2004, 424 f.; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.3.1995 - 13 WF 276/95, JurBüro 1996, 138; Hartmann, Kostengesetze, 31. Aufl. 2002, § 23 BRAGO Rz. 5).
b) Ein Vergleich i.S.d. § 779 BGB ist im vorliegenden Verfahren - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht zustande gekommen.
Es begegnet schon Zweifeln, ob die Parteien über das Umgangsrecht des Antragstellers mit den gemeinsamen, bei der Antragsgegnerin lebenden Kindern im Streit lagen oder darüber wenigstens ungewiss waren. Die Antragsgegnerin ist dem Antrag des Antragstellers auf Umgangsregelung bewusst nicht entgegengetreten (Schriftsatz v. 23.12.2003; Bl. 3 GA); in der Stellungnahme des Kreisjugendamtes vom 13.2.2004 (Bl. 6 GA) ist ausdrücklich festgehalten, dass sich "beide Eltern" über die Umgangsregelung "einig" seien.
Jedenfalls aber lag in der als solche bezeichneten "Einigung" der Parteien im Termin vom 8.4.2004 (Bl. 16 GA) kein gegenseitiges Nachgeben, durch das das Rechtsverhältnis der Beteiligten befried...