Entscheidungsstichwort (Thema)
Schrottimmobilien
Leitsatz (amtlich)
1. Eine kreditgebende Bank ist bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen nur unter ganz besonderen Voraussetzungen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft verpflichtet. Sie muss in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer haben (in Anknüpfung an BGH Urteil vom 20.03.2007 - XI ZR 414/04 - NJW 2007, 2396; BGHZ 159, 294, 316; 161, 15, 20; BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04 - WM 2006, 1194, 1199).
2. Zu den Aufklärungspflichten bei einem institutionalisierten Zusammenwirken der Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des finanzierten Objekts.
3. Zur Sittenwidrigkeit der Kaufpreiszahlung bei einer zu sanierenden Altbauwohnung (in Anknüpfung an BGH, Urteil vom 6.7.2007 - V ZR 274/06).
Normenkette
HWiG § 3 a.F.; BGB § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 812 Abs. 1, § 818 Abs. 1
Gründe
Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufungen gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufungen beider Parteien haben auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Dem Kläger wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 28. Mai 2009. Es wird um Mitteilung gebeten, ob die Berufung aufrechterhalten bleibt.
Das Landgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen und sowohl einen Zahlungsanspruch als auch einen Feststellungsanspruch verneint.
Der Anspruch auf Rückzahlung von 87.179,98 € Zug um Zug gegen Rückgabe der gekauften Eigentumswohnung kann nicht auf § 3 HWiG a.F. gestützt werden. Das Landgericht hat mit Recht die Voraussetzungen einer Haustürsituation verneint, weil der Kläger nicht durch eine solche zur Abgabe seiner Willenserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden ist. Das Beratungsgespräch hat am 13.5.1998 in der Wohnung des Klägers stattgefunden, der notarielle Kaufvertrag ist am10.6.1998 geschlossen worden und der Darlehensvertrag schließlich am 24.6.1998. Zwischen dem Beratungsgespräch und dem Abschluss des Darlehensvertrages haben über 6 Wochen gelegen, so dass der Kläger nicht durch eine Uberrumpelungssituation im Rahmen eines Haustürgeschäfts zum Abschluss des Darlehensvertrages bestimmt worden ist. Darüber hinaus war zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages der notarielle Kaufvertrag hinsichtlich der Eigentumswohnung bereits geschlossen. Es fehlt an einem qualifizierten Kausalzusammenhang zwischen Überraschungswirkung und Abgabe der Willenserklärung zur Herbeiführung des Darlehensvertrages (vgl. BGH NJW 1994, 262, 265; Bt-Drs. 10/2876, S. 12). Dies alles wird von der Berufung nicht angegriffen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen im angegriffenen Urteil kann Bezug genommen werden.
Die Berufung rügt ohne Erfolg die Verletzung des materiellen Rechts und Verkennung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den sog. Schrottimmobilien unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BGH vom 20.03.2007 - XI ZR 414/04 - NJW 2007, 308, 314 = WM 2007, 876). Es bestehen weder Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt., 818 Abs. 1 BGB) noch Schadensersatzansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss (Culpa in contrahendo, §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf regelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder über die notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügen oder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient haben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des finanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den besonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben. Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhang mit der Planung, der Durchführung oder dem Vertrieb des Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht, wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risiken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestand für den Kunden schafft oder dessen Entstehung begünstigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewährungen sowohl an den Bauträger als auch an einzelne Erwerber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickelt oder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH Urteil vom 20.03.2007 - XI ZR 414/04 - NJW 2007, 2396; BGHZ 159, 294, 316; 161, 15, 20 sowie BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 - XI ZR 6/04 WM 2006, 1194, 1199 m.w.N.).
Der BGH hat im Interesse des effektiven Verbraucherschutzes bei der Rückabwicklung von Krediten seine Rechtsprechung zu den Aufklärungspflichten der kreditgebenden Banken ergänzt...