Entscheidungsstichwort (Thema)
Pkw als Hausratsgegenstand
Leitsatz (redaktionell)
Ein Pkw ist nur dann als Hausrat zu qualifizieren, wenn er überwiegend der Nutzung zu familiären Zwecken dient.
Normenkette
GVG § 23b Abs. 1 S. 2; ZPO § 114
Verfahrensgang
AG Wittlich (Beschluss vom 01.03.2005; Aktenzeichen 8 F 394/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Wittlich vom 1.3.2005 aufgehoben.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Antragstellerin hat einen vorläufigen Erfolg. Das FamG ist für die Entscheidung nicht zuständig. Da die Antragstellerin einen Herausgabeanspruch schlüssig dargelegt hat, war die Entscheidung auch aus materiellen Gründen aufzuheben. Die allgemeine Zivilabteilung des AG ist zur Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag berufen.
I. Das FamG Wittlich war für die Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch nicht zuständig. Die Klage wurde bei der allgemeinen Zivilabteilung des AG, aber nicht bei dem FamG Wittlich anhängig gemacht. Die Eintragung und weitere Behandlung als Familiensache war deshalb fehlerhaft. Allein aus dem fehlenden Widerspruch der Antragstellerin gegen die Tätigkeit des FamG kann nicht geschlossen werden, dass sie die Klage nunmehr bei dem FamG anhängig machen wollte. Eine dahin gehende Erklärung hat die Antragstellerin auch im Termin vom 30.3.2005 im Verfahren 8 F 323/04.WH nicht abgegeben.
Auch in der Sache besteht keine Zuständigkeit des FamG, denn bei der beabsichtigten Klage handelt es sich nicht um eine Familiensache i.S.d. § 23b Abs. 1 S. 2 GVG. Gegenstand der Herausgabeklage sind weder ein Anspruch aus dem ehelichen Güterrecht i.S.d. Nr. 9 der Vorschrift noch ein Anspruch nach der HausratsVO i.S.d. Nr. 8. Der Pkw, dessen Herausgabe die Antragstellerin verlangt, ist kein Hausrat im Sinne der HausratsVO. Der Senat folgt der in Rechtsprechung und Literatur mehrheitlich vertretenen Auffassung, wonach ein Pkw nur dann als Hausrat zu qualifizieren ist, wenn er überwiegend der Nutzung zu familiären Zwecken dient (Gerhardt/von Heintschel-Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 5. Aufl., 8. Kap., Rz. 183; Johannsen/Henrich/Brudermüller, Eherecht, 4. Aufl. § 1361a BGB Rz. 12; OLG Köln v. 20.3.2001 - 22 U 157/00, FamRZ 2002, 322 ff.; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 5.2.2004 - 16 UF 245/03, zitiert nach juris). Der Pkw wird, wie der Antragsgegner unwidersprochen vorgetragen hat, überwiegend zu beruflichen Zwecken benutzt.
Nach der gegenteiligen Ansicht reicht es für die Begründung der Eigenschaft als Hausrat aus, wenn das Fahrzeug auch zu familiären Zwecken genutzt wird (OLG Stuttgart v. 7.12.1992 - 17 UF 147/92, FamRZ 1993, 1461; OLG Zweibrücken v. 30.1.1991 - 2 UF 87/90, FamRZ 1991, 848; Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Kap. VIII, Rz. 104). Teilweise wird dies mit der Erwägung begründet, auch die Nutzung zu Erwerbszwecken diene letztlich der Familie (Schwab/Motzer, Handbuch des Scheidungsrechts, 5. Aufl., Kap. VIII, Rz. 104). Diese Auffassung hätte allerdings zur Folge, dass der einzige Pkw der Familie nahezu in jedem Fall als Hausratsgegenstand qualifiziert werden müsste. Es entspricht nämlich der Regel, dass ein von einem Ehegatten beruflich genutzter Pkw zumindest teilweise auch zum Einkaufen benutzt wird. Ein Pkw ist jedoch auch nach der Rechtsprechung des BGH (BGH v. 24.10.1990 - XII ZR 101/89, MDR 1991, 343 = FamRZ 1991, 43 ff. [49]) nach der Verkehrsauffassung nur ausnahmsweise ein Hausratsgegenstand. Die von der überwiegenden Meinung vertretene Lösung führt auch zu sachgerechten Ergebnissen. Besteht nur ein lockerer Bezug zu der familiären Nutzung, ist es sinnvoll, für die künftige Zuordnung des Fahrzeugs auf die Eigentumsverhältnisse abzustellen. Der andere Ehegatte partizipiert über den Zugewinnausgleich an dem Wert des Fahrzeugs.
II. Allerdings führt allein die irrtümliche Bejahung der Zuständigkeit durch das FamG nicht zur Begründetheit der Beschwerde (OLG Nürnberg NJOZ 2004, 2542 ff. [2543]). Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 571 Abs. 2 S. 2 ZPO. Nach dieser Regelung kann eine Beschwerde nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Sinn dieser Norm ist es, zu vermeiden, dass die Sachentscheidung des Untergerichts allein deshalb aufgehoben wird, weil es seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat (Lipp in MünchKomm/ZPO, § 571 ZPO Rz. 10; Musielak/Ball, ZPO, 4. Aufl., § 571 ZPO Rz. 6; BT-Drucks. 14/4722, 113).
Die Entscheidung des AG ist aber auch aus materiellen Gründen aufzuheben. Die Antragstellerin hat nämlich einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB schlüssig dargelegt. Sie hat die zugunsten des Antragsgegners sprechende Vermutung des § 1006 Abs. 1 BGB widerlegt, indem sie nachgewiesen hat, dass sie den Pkw in eigenem Namen bestellt hat und deshalb auch...