Verfahrensgang
AG Lahnstein (Aktenzeichen 50 F 294/17) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Lahnstein vom 08.09.2017 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Verfahrenswert wird auf 1.500 EUR festgesetzt.
3. Der Kindesmutter wird die für das Beschwerdeverfahren beantragte Verfahrenskostenhilfe versagt.
Gründe
I. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren wendet sich die Kindesmutter gegen eine einstweilige Anordnung des Familiengerichts, mit welcher dieses dem Kindesvater auf wechselseitigen und einander entgegengesetzt gerichteten Antrag der Kindeseltern vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den gemeinsamen ehelichen Sohn ...[A], geb. am ...2005, übertragen hat.
...[A] lebte seit der Trennung und der Scheidung seiner Eltern in den Jahren 2012/2013 bei seiner Mutter. Diese zog mit ihm nach ...[K] sowie anschließend nach ...[L]. Zu seinem in ...[T] wohnhaft bleibenden Vater hatte der Junge regelmäßig Umgang alle zwei Wochen am Wochenende sowie während der Hälfte der Ferien. Dieser Kontakt zwischen Vater und Kind hat in der Vergangenheit im Wesentlichen funktioniert, obgleich es immer wieder zu Problemen kam, z.B. wenn ...[A] auf einen Geburtstag bei seinen Freunden eingeladen war und diese Einladung auf ein Umgangswochenende fiel.
Beide Kindeseltern sind wieder verheiratet. Die Kindesmutter hat am 10.03.2017 ein aus ihrer jetzigen Ehe stammendes Kind zur Welt geboren. Die neue Ehefrau des Kindesvaters hat eine Tochter in die Ehe mitgebracht. Diese ist rund ein Jahr jünger als ...[A].
Der Kindesvater arbeitet in Vollzeit von Montag bis Freitag von 8 Uhr bis 17 Uhr; seine neue Ehefrau putzt abends von 19 Uhr bis 21 Uhr in Teilzeit. Während des Zusammenlebens der hier beteiligten Eltern hatte der Kindesvater im Jahr 2011 die Wohnung angezündet, Mutter und Kind befanden sich zu diesem Zeitpunkt in der Wohnung. Im Jahr 2015 hatte der Kindesvater seinen Führerschein wegen einer Alkoholfahrt verloren und musste die MPU durchlaufen.
Am Ende der letzten Sommerferien wollte ...[A] nach dem Ferienumgang nicht mehr zu seiner Mutter zurück, sondern dauerhaft bei seinem Vater leben. Hierüber vermochten sich die Kindeseltern nicht zu verständigen. Es kam in Gegenwart des Kindes zur Eskalation zwischen den Erwachsenen, wobei in diese auch die jeweiligen neuen Partner mit hineingezogen wurden. Nachdem ...[A] sich weigerte, zu seiner Mutter zu gehen, nahm der Kindesvater den Jungen bei sich auf und ...[A] besucht ab diesem Schuljahr auch die Schule in ...[T].
Während die Kindesmutter meint, ...[A] sei von seinem Vater durch Geschenke aber auch aufgrund von abwertenden Äußerungen ihr gegenüber, welche der Kindesvater ebenfalls wiederholt grundlos gegenüber dem Jugendamt getätigt habe, manipuliert worden, erachtet der Kindesvater den Wunsch des Kindes als authentisch. Diesen Wunsch habe ...[A] auch schon früher immer wieder geäußert, wobei er den Jungen jedes Mal zur Rückkehr zu seiner Mutter habe bewegen können. Jetzt sei dies aber nicht mehr möglich gewesen. Auch habe die Kindesmutter
versucht, ...[A] unter Druck zu setzen, indem sie ihm gesagt habe, dass sie weinen und sterben müsse, wenn er nicht zu ihr zurückkomme.
Das Familiengericht hat die Eltern, das Jugendamt und ...[A] persönlich angehört. Von der Bestellung eines Verfahrensbeistands hat es aus zeitlichen Gründen abgesehen. In seiner oben dargestellten Entscheidung hat es sich sodann von dem Kindeswillen leiten lassen. ...[A] habe bei seiner Anhörung seine Wünsche und Beweggründe ausführlich, besonnen und auf Nachfragen reflektierend geäußert, ohne dass sich dem Vorderrichter Anhaltspunkte dafür aufgezeigt hätten, dass die Antworten dem Kind durch seinen Vater oder Dritte vorgegeben seien. Vielmehr habe das Kind hinsichtlich der Möglichkeit, gegen seinen Willen zu seiner Mutter zurückkehren zu müssen, glaubwürdige Bestürzung und Beunruhigung erkennen lassen. Die Festlegung des Kindes auf die Hoffnung, seine Mutter möge seinen Wunsch akzeptieren, sei eindeutig erschienen. Im Gesamteindruck habe sich ...[A] zwar emotional belastet, aber nicht unter Aussagezwang stehend oder für seinen Vater parteiergreifend gezeigt. Auch habe er sich nicht jenseits eines altersgerechten Erfahrungsschatzes und der üblichen Beweggründe eines Kindes in seinem Alter geäußert. Vielmehr habe er in kindgerechter Art die fehlende Zuwendung seiner Mutter in schulischen Belangen und Freizeitangelegenheiten moniert sowie erläutert, warum diese Dinge im Haushalt seines Vaters besser gewährleistet seien. Inwieweit der dahingehende Gedankengang längerfristig durch argumentative Einwirkung des Kindesvaters beeinflusst worden sein könnte, so das Familiengericht weiter, lasse sich im vorliegenden Eilverfahren ohne hinreichende sachverständige Untersuchungen nicht aufklären. Demgemäß haben derzeit Kontinuitätsgesichtspunkte und die Wünsche der Kindesmutter hinter dem Kindeswillen zurückzustehen. Denn greifbare Anhaltspunkte für eine fehlende Erzieh...