Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsbemessung bei Auslandsaufenthalt des unterhaltsberechtigten Kindes

 

Leitsatz (amtlich)

Lebt der Unterhaltsberechtigte im Ausland, können die auf die deutschen Lebensverhältnisse abgestimmten Werte der Düsseldorfer Tabelle nicht unbesehen übernommen werden. Vielmehr sind für die Höhe des Unterhaltsanspruchs die Geldbeträge maßgebend, die der Unterhaltsberechtigte an seinem Aufenthaltsort aufwenden muss, um den ihm gebührenden Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Als Orientierungshilfe bedient sich der Senat insoweit der Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministers zu § 33a EStG. Die hiermit verbundene Pauschalierung ist im Interesse der Praktikabilität, zumal auch in der außergerichtlichen Beratungspraxis, hinzunehmen.

Auf dieser Grundlage entspricht der Unterhaltsbedarf in Ecuador dem nach deutschen Verhältnissen bemessenen Bedarf zu lediglich einem Viertel. Ob der hiernach ermittelte Betrag wiederum zu erhöhen ist, um den im Ausland lebenden Unterhaltsberechtigten in gewissem Umfang an dem höheren Lebensstandard des in Deutschland lebenden Unterhaltspflichtigen teilhaben zu lassen, kann im vorliegenden Fall dahinstehen.

 

Normenkette

BGB § 1601; EStG § 33a

 

Verfahrensgang

AG Bad Kreuznach (Beschluss vom 07.02.2007; Aktenzeichen 9 F 583/06)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des AG - FamG - Bad Kreuznach vom 7.2.2007 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Geschiedene Eheleute vereinbaren in gerichtlichem Vergleich vom 15.8.2000, dass der Vate für zwei 1996 u. 1997 geborene Kinder Kindesunterhalt i.H.v. jeweils 270 DM.

Nach Abschluss des Vergleichs zieht die Frau mit den Kindern in ihre Heimat Ecuador zurück. Im Jahr 2006 beantragen die in Ecuador lebenden Kinder Abänderung des Vergleichs im Hinblick auf die zwischenzeitlichen Änderungen der Düsseldorfer Tabelle und der Tatsache, dass sie inzwischen einer anderen Altersstufe angehören.

 

Entscheidungsgründe

Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das FamG hat die beantragte Prozesskostenhilfe zu Recht mangels Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verweigert (§ 114 ZPO). Trotz der in vielfacher Hinsicht geänderten Verhältnisse haben die Kläger keinen Anspruch auf höheren Barunterhalt als im Vergleich vom 15.8.2000 ausbedungen.

Nach den mit der Beschwerde vorgetragenen Grundlagen des Vergleichs orientierte sich der Unterhalt für die damals noch in Deutschland lebenden Kläger an dem Einkommen des Beklagten zzgl. des Vorteils mietfreien Wohnens und der Eigenheimzulage sowie abzgl. der Hausverbindlichkeiten und entsprach damit der üblichen Unterhaltsberechnung. Das zugrunde gelegte Gesamteinkommen von rund 2.732 DM unterfiel der Einkommensgruppe 3 der seit Juli 1999 geltenden Düsseldorfer Tabelle. Dies führte zu einem Tabellenunterhalt (1. Altersstufe) von je 405 DM, woraus sich nach Abzug des hälftigen Kindergeldes der vereinbarte Zahlbetrag von 270 DM je Kind ergibt.

Zutreffend gehen die Kläger und ihnen folgend das FamG davon aus, dass die Unterhaltspflicht sich auch nach der Wohnsitzverlegung der Kläger nach Ecuador weiterhin nach deutschem Recht richtet, weil sowohl die Berechtigten als auch der Verpflichtete Deutsche sind und der Verpflichtete seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat (Art. 18 Abs. 5 EGBGB i.V.m. Art. 15 HUÜ). Danach orientiert sich das Maß des geschuldeten Unterhalts weiterhin an der in den Einkommensverhältnissen zum Ausdruck kommenden Lebensstellung des Beklagten als barunterhaltspflichtiger, nicht betreuender Elternteil.

Lebt der Unterhaltsberechtigte im Ausland, können aber die auf die deutschen Lebensverhältnisse abgestimmten Werte der Düsseldorfer Tabelle nicht unbesehen übernommen werden. Vielmehr sind für die Höhe des Unterhaltsanspruchs die Geldbeträge maßgebend, die der Unterhaltsberechtigte an seinem Aufenthaltsort aufwenden muss, um den ihm gebührenden Lebensstandard aufrechtzuerhalten (BGH v. 1.4.1987 - IVb ZR 41/86, MDR 1987, 827 = FamRZ 1987, 682; Staudinger/Mankowski, BGB, Neubearbeitung 2003, Anh. I zu Art. 18 EGBGB, Rz. 331 m.w.N.; Wendl/Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. § 7, Rz. 22). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Lebenshaltungskosten in Ecuador wesentlich niedriger sind als in Deutschland. Als Orientierungshilfe bedient sich der Senat insoweit der Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministers zu § 33a EStG (Schreiben vom 17.11.2003, zu finden unter www. bundesfinanzministerium. de) in der seit 1.1.2004 geltenden Fassung (so - unter Anwendung der früheren Fassungen - z.B. auch OLG Koblenz, 11. Zivilsenat, FamRZ 2000, 56 und 1998, 1532; OLG Düsseldorf v. 12.4.1994 - 1 UF 188/93, OLGReport Düsseldorf 1994, 237 = FamRZ 1995, 37 ff., 38; OLG Stuttgart v. 31.3.1998 - 17 UF 351/97, FamRZ 1999, 887.f, 888). Maßstab für diese Ländergruppeneinteilung sind grundsätzlich die Durchschnittslöhne in der verarbeitenden Industrie im betreffenden Staat; gibt es solche nic...

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