Leitsatz (amtlich)
1. Der Käufer eines mit Benzin und Gas betriebenen Pkw Chevrolet ist zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt, wenn mindestens zwei fehlgeschlagene Nachbesserungsversuche vorliegen (in Anknüpfung an OLG Koblenz, Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO vom 1.4.2010 - 2 U 1120/09 - ZGS 2010, 378-380 = MDR 2010, 921 = NJW-RR 2010, 1501-1502).
2. Für die Beurteilung der Frage, ob die in der Lieferung eines mangelhaften Fahrzeugs liegende Pflichtverletzung unerheblich ist und deswegen das Rücktrittsrecht des Käufers ausschließt, kommt es auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung an (in Anknüpfung an BGH, Urt. v. 5.11.2008 - VIII ZR 166/07, NJW 2009, 508 = MDR 2009, 140 = ZIP 2009, 524 ff.; BGH, Urteil vorn 15.6.2011 - VIII ZR 139/09, NJW 2011, 3708 f. = MDR 2011, 1159 = ZIP 2011, 2063 f. = WM 2011, 2148 f.).
3. War zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung die Ursache der Geräusche trotz mehrerer Nachbesserungsversuche noch nicht bekannt und deshalb nicht absehbar, ob und mit welchem Aufwand der Mangel beseitigt werden könnte, kann die Erheblichkeit der Pflichtverletzung nicht verneint werden.
4. Kommt es im Gasbetrieb, insbesondere bei Lastwechseln, beim Beschleunigen und Bremsen, bei Kurvenfahrten und dem Überfahren von Unebenheiten im Fahrzeuginnenraum zu störenden Quietschgeräuschen, die allgemein nicht dem Stand der Technik entsprechen, liegt ein erheblicher Mangel des Fahrzeugs vor (vgl. zu Eigenschaftszusicherung und Beschaffenheitsvereinbarung eines Gastanks in einem Kastenwagen OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 28.10.2010 - 2 U 1487/09 - BeckRS 2011, 00451). Solche quietschenden Geräusche muss der Käufer eines Neufahrzeugs ebenso wenig hinnehmen, wie etwa anormale Geruchsbelästigungen in einem jungen Gebrauchtwagen (in Anknüpfung an OLG Saarbrücken, Urt. v. 10.10.2012 - 1 U 475/11-141 - NJW Special 2012, 715, Juris Rz. 45).
5. Ein unerheblicher Mangel liegt nicht bereits deshalb vor, weil möglicherweise der Mangel mit einem Kostenaufwand von weniger als 5 % des Fahrzeugkaufpreises repariert werden kann und des Fachwerkstatt trotz mehrerer Nachbesserungsversuche nicht gelungen ist, den Mangel zu beseitigen.
6. Nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge kann nicht mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass sich ein zur Verfügung stehender Geldbetrag zumindest in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes von 4 % verzinst (BGH, Urt. v. 24.4.2012 - XI ZR 360/11, VersR 2012, 1045).
Normenkette
BGB § 437 Nr. 2, §§ 440, 323 Abs. 1, 5 S. 2, § 323 S. 2, § 346 Abs. 1, § 348
Verfahrensgang
LG Koblenz (Urteil vom 28.11.2012; Aktenzeichen 8 O 11/11) |
Tenor
Der Senat erwägt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 8. Zivilkammer - Einzelrichter - des LG Koblenz vom 28.11.2012 - mit Ausnahme des Ausspruchs über die Zinsen i.H.v. 4 % aus 12.000 EUR vom 1.6.2009 bis 24.1.2011 - durch Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
Der Senat hat die Sache beraten. Er erwägt die Berufung in dem vorbezeichneten Umfang gem. § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat - mit Ausnahme des Ausspruchs über die Zinsen i.H.v. 4 % aus 12.000 EUR vom 1.6.2009 bis 24.1.2011 - auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Der Senat regt an, dass der Kläger bezüglich des vorgenannten Zinsanspruchs die Klage teilweise zurücknimmt und die Beklagte der Klagerücknahme insoweit zustimmt. Die Beklagte wird gem. § 269 Abs. 2 S. 4 ZPO darauf hingewiesen, dass die Einwilligung zur teilweisen Klagerücknahme als erteilt gilt, wenn der Zurücknahme der Klage nicht binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses widersprochen wird.
Soweit die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, ist ein Termin zur mündlichen Verhandlung nicht geboten. Der Beklagten wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 9.4.2013. Es wird zur Vermeidung weiterer Kosten angeregt, die Berufung zurückzunehmen. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 Kostenverzeichnis zum GKG).
Die Gründe werden nachfolgend dargestellt:
I. Der Kläger kaufte mit Vertrag vom 8.4.2009 bei der Beklagten einen Pkw Chevrolet, amtliches Kennzeichen ..., FG-Nr ..., welcher mit Benzin und Gas betrieben werden kann, zu einem Preis von 12.000 EUR als Neufahrzeug. Das Fahrzeug wurde am 27.4.2009 geliefert.
Der Kläger stellte von Anfang an Quietschgeräusche bei dem Fahrzeug fest. Weitere Mängel wie Alarmsignale im Armaturenbrett, Flackern einer grünen Kontrollleuchte und Ausgehen des Motors wurden behoben, die Quietschgeräusche jedoch nicht.
Die Parteien streiten um die Rückabwicklung des Kaufvertrages. Der Kläger hatte vorgerichtlich eine Vielzahl von Mängeln gerügt, Nachbesserungsversuche der Beklagten waren nicht erfolgreich gewesen.
Nach Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens - LG Koblenz 8 OH 18/10 - trat der Kläger mit Schre...