Leitsatz (amtlich)
1. Die Festsetzung des Streitwertes für einen auf die Feststellung eines künftigen Schadensersatzanspruches in den sogenannten "Scraping"-Fällen gerichteten Antrags auf 500,00 EUR begegnet jedenfalls dann keinen Bedenken, wenn seit dem unbefugten Abschöpfen von Kundendaten bis zur Klageeinreichung bereits geraume Zeit verstrichen ist, so dass die Entstehung von Schäden zunehmend unwahrscheinlicher wird.
2. Begehrt die Klagepartei es zu unterlassen, a) ihre personenbezogenen Daten Dritten über eine Software zum Importieren von Kontakten zugänglich zu machen und b) ihre Telefonnummer auch bei Einstellung auf "privat" dergestalt zu verarbeiten, dass sie über das Kontaktimporttool verwendet werden kann, kommt dem Antrag unter b) kein eigener Wert zu.
3. Der danach einheitlich zu bestimmende Wert der Unterlassungsanträge ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache für den Kläger, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Eine Bewertung mit 4.000,00 EUR erscheint als angemessen (ebenso OLG Koblenz, Beschluss vom 22.12.2023 - 4 W 480/23; OLG Koblenz, Beschluss vom 30.10.2023 - 4 W 329/23).
4. Die Festsetzung des Streitwerts eines im Wege eines Annexantrags geltend gemachten Auskunftsanspruchs im Zusammenhang mit Leistungs- und Unterlassungsanträgen wegen (behaupteter) Rechtsverletzungen durch die Betreiber von sozialen Netzwerken auf 500,00 EUR ist nicht zu beanstanden.
Normenkette
GKG § 39 Abs. 1, § 48 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; ZPO §§ 3-4
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 4 O 213/22) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegen den Streitwertbeschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 15.01.2024 in der Fassung des Nichtabhilfebeschlusses vom 20.02.2024 wird zurückgewiesen.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Gründe
Die eigenen Namens erhobene Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist gemäß § 68 Abs. 1 GKG, § 32 Abs. 2 S. 1 RVG statthaft und auch im Übrigen zulässig; insbesondere ist sie innerhalb der in § 63 Abs. 3 S. 2 GKG bestimmten Frist eingelegt, § 68 Abs. 1 S. 3 GKG. In der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg. Das Landgericht hat den Gegenstandswert für den Rechtsstreit nach Addition der für die Klageanträge zu den Ziffern 1-5 anzusetzenden Werte (§ 39 Abs. 1 GKG) mit 6.000,00 EUR zutreffend festgesetzt.
1. Mit dem Antrag zu Ziffer 1 der Klageschrift begehrte der Kläger immateriellen Schadensersatz wegen Datenschutzverstößen der Beklagten ("Scraping") in Höhe von mindestens 1.000,00 EUR. Das Landgericht hat den Wert dieses Antrages mit 1.000,00 EUR zutreffend bemessen (§ 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 3 ZPO). Insoweit wird die Streitwertfestsetzung von der Beschwerde auch nicht angegriffen.
2. Mit den Anträgen zu Ziffer 2 der Klageschrift verfolgte der Kläger einen Anspruch auf Feststellung einer künftigen Schadensersatzverpflichtung der Beklagten. Auch insoweit begegnet die Wertfestsetzung des Landgerichts (500,00 EUR) keinen Bedenken.
Auszugehen ist für den Streitwert vom wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der beantragten Feststellung (vgl. BGH, Beschluss vom 23.02.2022, IV ZR 282/21, juris Rn. 4f.), das sich auf die ab Klageeinreichung mutmaßlich entstehenden weiteren Schäden bezieht (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 22.06.2016 - 5 W 318/16, juris Rn. 4). Der Senat erachtet dieses Interesse als mit 500,00 EUR angemessen bewertet. Bei der Bemessung des Gegenstandswerts ist im vorliegend zu beurteilenden Fall zu berücksichtigen, dass seit dem unbefugten Abschöpfen von Kundendaten im Jahre 2019 bis zur Klageeinreichung Ende April 2022 bereits geraume Zeit verstrichen ist, so dass die Entstehung von Schäden zunehmend unwahrscheinlicher wird.
Die Beschwerde greift die Wertfestsetzung für diesen Antrag ebenfalls nicht an.
3. Unter Ziffer 3 der Klageschrift machte der Kläger Ansprüche gegen die Beklagte geltend, es zu unterlassen, a) personenbezogene Daten des Klägers Dritten über eine Software zum Importieren von Kontakten zugänglich zu machen und b) die Telefonnummer des Klägers auch bei Einstellung auf "privat" dergestalt zu verarbeiten, dass sie über das Kontaktimporttool verwendet werden kann.
Damit begehrte der Kläger der Sache nach, dass seine personenbezogenen Daten künftig nicht in einer von ihm nicht genehmigten Weise von Dritten abgeschöpft bzw. durch Nutzung des Kontaktimporttools verwendet werden können. Diese Unterlassungsanträge sind vom Landgericht richtigerweise einheitlich mit einem Wert von 4.000,00 EUR bemessen worden.
Die Wertbestimmung für die Anträge richtet sich nach § 48 Abs. 2 GKG, da es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Der Streitwert ist daher unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache für den Kläger, nach billigem Ermessen zu bestimmen. Ausgangspunkt für die Bemessung ist regelmäßig in entsprechender Anwendung der ...