Leitsatz (amtlich)
Kommt es in Folge eines Verkehrsunfalles, bei dem sich der Fahrer vom verunfallten Fahrzeug entfernt, zu einem aufwendigen Feuerwehreinsatz, ist die Kfz-Haftpflichtversicherung für die Kosten dieses Einsatzes nur eintrittspflichtig, soweit diese als adäquate Folge der zur Schadensabwehr und -minderung der von der Feuerwehr anstelle des Versicherungsnehmers getroffenen Maßnahmen angesehen werden können (Löschen des Fahrzeugs, Absperren der Fahrbahn und Abbinden von Öl, um nachfolgende Verkehrsunfälle zu verhindern oder einer fortschreitenden Kontaminierung des Erdreichs zu begegnen), nicht aber für einen Aufwand bei dem Feuerwehreinsatz, der sich auf die Suche nach dem vermissten bzw. flüchtigen Fahrzeugführer bezieht.
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Aktenzeichen 2 O 124/19) |
Tenor
Das Gericht weist die Parteien auf Folgendes hin:
Der Senat hat die Sache eingehend beraten und kommt nach Würdigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die Berufung der Klägerin nicht gänzlich ohne Aussicht auf Erfolg ist.
Gründe
1. Der Senat stimmt insofern mit dem Landgericht überein, als eine Haftung der Beklagten aus dem zugrundeliegenden Versicherungsvertrag nicht angenommen werden kann, soweit Kosten für den Feuerwehreinsatz beansprucht werden, der nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Abwendung und Minderung des durch den Unfall eingetretenen bzw. drohenden Schadens steht. Das bedeutet, dass die durch die Suche nach dem vermissten bzw. tatsächlich nach dem Inhalt der Ermittlungsakte mutmaßlich flüchtigen Fahrer des klägerischen Fahrzeugs, die den (weit) überwiegenden Teil des entstandenen Kostenaufwands ausmachen, nicht ersatzfähig sind.
Eine Haftung der Beklagten aus § 2 Abs. 1 der Kraftfahrzeug-Pflichtversicherungsverordnung, der der Regelung in A.1.1.1 der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB 2015) entspricht, ist vorliegend nicht gegeben, wie das Landgericht zutreffend gesehen hat. Danach hat die Versicherung die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Schadensersatzansprüche zu leisten, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer erhoben werden, wenn durch den Gebrauch des versicherten Fahrzeugs Personen oder Sachen zu Schaden kommen. Daran fehlt es vorliegend, da die Verbandsgemeinde B. die Klägerin hier durch Leistungsbescheid vom 02. Mai 2019 (Anlage zu Bl. 5 der erstinstanzlichen eAkte), gestützt auf § 36 des Landesbrand- und Katastrophenschutzgesetzes, in Anspruch genommen hat. Damit handelte es sich nach Form und Inhalt um einen Anspruch, der auf öffentlich-rechtlicher Grundlage durch Verwaltungsakt geltend gemacht wurde. Für derartige Ansprüche besteht im Rahmen der Kfz-Haftpflichtversicherung kein Deckungsschutz (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 05. August 1999, 8 U 875/98, VersR 2000, 965, juris; VG Regensburg, Urteil vom 16. Januar 2001, Az.: RO 11 K 99.2286, NJW 2002, 531, juris; Prölss/Martin Versicherungsvertragsgesetz 31. Auflage AKB A.11 Rdnr. 6).
Ein Anspruch auf Erstattung der von der Klägerin aufgrund des Leistungsbescheides vom 02. Mai 2019 festgesetzten Kosten kann sich indes, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend gesehen hat, aus §§ 83 Abs. 1, 82 Abs. 1 VVG insoweit ergeben, als es sich bei den entstandenen Kosten um Aufwendungen handelt, die der Versicherungsnehmer - die Klägerin - zur Abwendung und/ oder Minderung des durch den Unfall entstandenen Schadens für geboten halten durfte.
Die öffentlich-rechtlichen Gebühren, die der Versicherungsnehmer für den Einsatz der Feuerwehr schuldet und die bei ihm zu einem unfreiwilligen Vermögensopfer geführt haben oder führen, sind adäquate Folge der von ihm zur Schadensabwehr und -minderung zu veranlassenden und von der Feuerwehr an seiner Stelle getroffenen Maßnahmen. Die Kosten sind deshalb nach § 83 VVG von der Versicherung als Rettungskosten grundsätzlich auszugleichen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2006, IV ZR 325/05, VersR 2007, 200, juris: Rdnr. 16). Dies gilt indes nur insoweit, als die am Unfallort getroffenen Maßnahmen dazu getroffen werden, angesichts eines bereits gegebenen Versicherungsfalls den Schaden unter Haftpflichtgesichtspunkten zu begrenzen, und zwar etwa durch Löschen des Fahrzeugs, Absperren der Fahrbahn und Abbinden des Öls, um nachfolgende Verkehrsunfälle zu verhindern und einer fortschreitenden Kontaminierung des Erdreichs zu begegnen. Denn für Schäden an den Rechtsgütern Dritter, zu denen es ohne diese Vorkehrungen gekommen wäre, hätte der Versicherer einzustehen gehabt; angefallene Rettungskosten gehen hingegen zu seinen Lasten (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 16).
Konkret bedeutet dies für den vorliegenden Fall, dass die von der Verbandsgemeinde B. der Klägerin in Rechnung gestellten Kosten (nur) insoweit von der Beklagten zu tragen sind, als diese als adäquate Folge der zur Schadensabwehr und -minderung der von der Feuerwehr anstelle der Klägerin getroffenen Maßnahmen angesehen werden...