Entscheidungsstichwort (Thema)
Mieterhöhung. Antrag auf Herbeiführung eines Rechtsentscheids
Verfahrensgang
AG Mainz (Aktenzeichen 10 C 825/92) |
LG Mainz (Aktenzeichen 3 S 436/92) |
Tenor
Bei Bestehen eines Mietverhältnisses über Wohnraum fällt ein Vertrag, der anläßlich eines Hausbesuchs des Vermieters beim Mieter geschlossen wird und der die Vereinbarung einer Mieterhöhung und Staffelmietzahlung zum Gegenstand hat, in den sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Mieter einer Wohnung in einer von der Beklagten im Frühjahr 1992 erworbenen Wohnanlage. Mit einem an alle Bewohner des Anwesens gerichteten Schreiben vom 3. April 1992 stellte sich eine von der Beklagten beauftragte … GmbH als Hausverwalterin vor und kündigte eine persönliche Vorstellung bei den Mietern an, um eventuell anstehende Probleme besprechen zu können.
Am 10. April 1992 erschienen zwei Mitarbeiter der Hausverwalterin in der Wohnung der Kläger. Anläßlich dieses Besuchs wurde ein von der Beklagten vor formulierter „Nachtrag zum Mietvertrag” vereinbart, in dem der Mietzins von 896,11 DM ohne Nebenkosten auf 1.160 DM ohne Nebenkosten monatlich erhöht wurde. Zudem unterzeichneten die Kläger einen vorformulierten „Zusatzmietvertrag”, der eine Staffelmietvereinbarung enthielt, wonach der Mietzins von 1.160 DM jährlich erhöht werden sollte bis zum 1. Juli 2002 auf 1.930 DM.
Mit Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 9. Juni 1992 widerriefen die Kläger „das Haustürgeschäft vom 10. April 1992 gemäß §§ 1, 2 HausTWG”.
In dem vorliegenden Rechtsstreit begehren die Kläger die Feststellung, daß der Nachtrag zum Mietvertrag und Zusatzmietvertrag vom 10. April 1992 unwirksam sind. Die Beklagten machen widerklagend einen Anspruch auf Zahlung der ab 1. Juli 1992 erhöhten Miete geltend. Das Amtsgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Es hat das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HaustürWG) auf die Verträge vom 10. April 1992 angewendet und den erklärten Widerruf als wirksam angesehen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie ist der Meinung, das HaustürWG gelte für die getroffenen Nachtrags- und Zusatzvereinbarungen zum Mietvertrag nicht. Das Landgericht, das die Auffassung des Amtsgerichts zur Anwendbarkeit des HaustürWG teilt, hält die Frage nach dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes für entscheidungserheblich und hat deshalb beschlossen, einen Rechtsentscheid zu folgender Frage herbeizuführen:
Findet das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften Anwendung auf einen anläßlich eines Hausbesuchs des Vermieters beim Mieter geschlossenen Vertrag, in dem der Mietzins um 29,44 % erhöht sowie eine Staffelmietvereinbarung getroffen wird?
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage ist gemäß § 541 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO zulässig. Aus der Begründung des Vorlagebeschlusses ergibt sich, daß das Landgericht die Rechtsfrage nicht – wie es nach der gewählten Formulierung den Anschein hat – allgemein für Mietverträge, sondern nur in bezug auf ein Mietvertragsverhältnis über Wohnraum beantwortet wissen will. Ferner ist den Gründen zu entnehmen, daß das Landgericht mit seiner Vorlage nach dem sachlichen Anwendungsbereich des Gesetzes (§ 1 Abs. 1 HaustürWG) und nicht nach den von den Umständen des Einzelfalls abhängigen persönlichen Anwendungsvoraussetzungen (§ 6 Nr. 1 HaustürWG) fragt. Mit diesem Inhalt ist die Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, da sie insoweit unterschiedlich beurteilt wird und zu erwarten ist, daß sie künftig wiederholt auftritt. Sie ist auch, soweit ersichtlich, bisher durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden und für die Sachentscheidung im vorliegenden Fall erheblich.
Die sich bei Prüfung der Entscheidungserheblichkeit ergebenden tatsächlichen und rechtlichen Vorfragen sind nach dem vom Landgericht unterbreiteten Sachverhalt und der im Vorlagebeschluß vertretenen Rechtsauffassung geklärt. Es kann ausgeschlossen werden, daß in der Mietwohnung der Kläger Vertragsverhandlungen auf deren vorhergehender Bestellung (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 HaustürWG) geführt worden sind. Eine auf Bestellung gerichtete Erklärung haben die Kläger nach dem festgestellten Sachverhalt weder ausdrücklich noch konkludent abgegeben. Das bloße Schweigen auf die Besuchsankündigung der von der Beklagten beauftragten Verwalterin reicht zur Annahme einer Bestellung keinesfalls aus (vgl. Palandt-Putzo, BGB, 53. Aufl. HausTWG § 1 Rdnr. 20). Eine Belehrung der Kläger über ihr Widerspruchsrecht hat nicht stattgefunden, so daß die einwöchige Widerspruchsfrist (§ 1 Abs. 1 HaustürWG) nicht in Gang gesetzt worden ist (§ 2 Abs. 1 Satz 2 HaustürWG). Da das Mietverhältnis noch besteht und weiter fortgeführt wird, ist auch die in § 2 Abs. 1 Satz 4 HaustürWG bezeichnete Frist nicht abgelaufen. Die Vereinbarung konnte daher, wie geschehen, noch am 9. Juni 1992 widerrufen werden.
Die persön...