Leitsatz (amtlich)

Die Ablehnung der Übersendung der Akten in die Kanzleiräume ist auch in einer Familienstreitsache nicht (mit der sofortigen Beschwerde) anfechtbar.

 

Normenkette

ZPO §§ 140, 299, 567 Abs. 1 Nr. 2; FamFG § 13 Abs. 4 S. 3

 

Verfahrensgang

AG Mainz (Beschluss vom 14.11.2014)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Mainz vom 14.11.2014 wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I. Mit Schriftsatz vom 27.10.2014 hat die Bevollmächtigte der Antragsgegnerin beantragt, ihr die Verfahrensakten zur Einsicht in ihre Kanzleiräume zu übersenden. Das hat das AG mit dem angefochtenen Beschluss ... abgelehnt ...

II. Die sofortige Beschwerde ist nicht statthaft. Das führt zu ihrer Verwerfung als unzulässig, § 572 Abs. 2 Satz 2 ZPO.

Statthaft ist eine sofortige Beschwerde nach § 567 Abs. 1 ZPO lediglich dann, wenn - wie hier nicht - dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist (Nr. 1) oder es sich (Nr. 2) um eine solche, eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde, Entscheidung handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Das soll (nur) die Entscheidungen - außerhalb der Hauptentscheidung - anfechtbar sein lassen, die rechtliches Gehör nachhaltig zu beeinträchtigen in der Lage sind.

§ 299 ZPO bestimmt die Möglichkeit einer sofortigen Beschwerde i.S.v. § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht (s.o.). Es handelt sich aber auch nicht um eine nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anfechtbare Entscheidung. Zwar ist die Versagung der Akteneinsicht als solche nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anfechtbar (OLG Celle, Beschl. v. 2.2.2012 - 4 W 17/12, juris m.w.N., Musielak/Huber, ZPO, 11. Aufl. 2014 Rz. 2 zu § 299). Vorliegend hat das AG jedoch nicht die Akteneinsicht verwehrt ("Ob"), sondern lediglich die Übersendung der Akten in die Geschäftsräume der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin ("Wie"). Das ist nicht mit der sofortigen Beschwerde - sondern nur nach § 140 BGB - überprüfbar (BGH, NJW 1961, 559; str.: Prütting in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl. [2013], Rz. 16: Die Verweigerung der Aktenübersendung sei keine prozessleitende Verfügung).

Man wird hier Folgendes zu bedenken haben:

Nach der neueren Vorschrift von § 13 Abs. 4 Satz 3 FamFG, die hier wegen § 113 Abs. Satz 1 FamFG keine Anwendung findet, ist die Verweigerung der Aktenübersendung, d.h. das "Wie" der Akteneinsicht unanfechtbar.

Würde die Übersendung des Teilheftes "Elterliche Sorge" im Verbundrahmen beantragt, wäre die Verweigerung unanfechtbar - für das Hauptheft der Scheidung (oder in einer Folgesache Unterhalt) hingegen nicht (in welchem sich allzu oft auch Schriftsätze zu den Folgesachen befinden und befinden müssen). Selbst wenn man die gesamte Verbundakte - ausnahmsweise - unter das Regime von § 299 ZPO fallen ließe, würde sich die Angreifbarkeit der Übersendungsverweigerung mit der Abtrennung einer Kindschaftsfolgesache wieder ändern (§ 13 Abs. 4 Satz 2 FamFG). Diese Ungleichbehandlung rechtfertigt sich aber durch nichts.

Es ist zwar denkbar, dass die Verweigerung der Übersendung der Akteneinsicht im Extremfall schlechter gerichtlicher Organisation (kein zur Verfügung stehendes Kopiergerät oder fehlende Abrechenbarkeit der vom Bevollmächtigten zu fertigenden und zu vergütenden Kopien, kein Raum zur Einsichtnahme etc.) an die Verweigerung rechtlichen Gehörs heranreichen kann. Der um Akteneinsicht Ersuchende kann aber auch die für ihn relevanten Aktenteile genau bezeichnen und um - ins Soll zu stellende Übersendung einer Kopie - ersuchen. Außerdem ist der Ersuchende nicht rechtlos gestellt, sondern hat über § 113 Abs. 1 Satz 1 FamFG i.V.m. § 140 ZPO eine Überprüfungsmöglichkeit - durch das Verfahrensgericht - und kann eine Versagung rechtlichen Gehörs noch mit der (End-)Entscheidung anfechten.

Im Übrigen trägt die Entscheidung des AG auch die Versagung der Übersendung der Akten. § 299 ZPO vermittelt nämlich keinen Anspruch auf Aktenübersendung (BGH LM ZPO § 299 Nr. 3; OLG Celle, a.a.O.). Über den Antrag, die Akten zur Einsicht zu übersenden entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Das AG hat das ihm eingeräumte Ermessen - zutreffend - ausgeübt. Denn gerade dann, wenn mehrere laufende konfliktbeladene Verfahren anhängig sind, ist die Übersendung der Akte auch nur für kurze Zeit oft untunlich. Das gilt umso mehr angesichts der anstehenden zahlreichen - anderen - (Zwischen-)Entscheidungen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 7954901

FamRB 2015, 350

NZFam 2015, 874

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