Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur gesteigerten Erwerbsobliegenheit des Schuldners von Mindestkindesunterhalt
Normenkette
BGB §§ 1603, 1612a; SGB VIII § 55 Abs. 3 S. 2; ZPO § 130 Nr. 1, § 253 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Trier (Beschluss vom 22.10.2019; Aktenzeichen 38 F 155/18) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Trier vom 22. Oktober 2019 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragsteller zu Händen der gesetzlichen Vertreterin wie folgt Kindesunterhalt zu zahlen:
[...]
Die weitergehenden Anträge werden abgewiesen.
Die gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Trier vom 22. Oktober 2019 gerichtete Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster Instanz haben die Antragsteller zu je 5 % und der Antragsgegner zu 90 % zu tragen. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.489,- EUR festgesetzt. Davon entfallen 6.341,27 EUR auf die Beschwerde der Antragsteller und 147,73 EUR auf das Rechtsmittel des Antragsgegners.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Antragsgegner ist der Vater der Antragstellerinnen. Diese leben im Haushalt ihrer von dem Antragsgegner getrennt lebenden Mutter.
Am 5. Oktober 2016 wurde das Jugendamt [...] von der Kindesmutter zum Beistand nach § 1712 BGB bestellt. Der Beistand forderte den Antragsgegner mittels eines diesem am 17. Oktober 2016 zugestellten Schreibens zur Erteilung von Auskunft über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf.
Der Antragsgegner lebte bis einschließlich August 2018 in [...] und arbeitete im Großherzogtum Luxemburg als Elektriker bei [...]. Damit erzielte er einen Monatslohn von durchschnittlich 2.223,45 EUR netto. Die Arbeitsstätte lag 16 km von seinem Wohnort entfernt.
Seit dem 1. September 2017 arbeitet der Antragsgegner nun - ebenfalls als Elektriker - bei der [...] in [...] im Wetteraukreis. Dort erzielt er einen Durchschnittsnettolohn in Höhe von rund 1.691,- EUR. Die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstelle beträgt 22 km.
Am [...]. Januar 2018 ist der Antragsgegner Vater eines weiteren Sohnes - [...] - geworden. Am [...]. Juli 2018 hat er zudem die Mutter dieses Kindes geheiratet; die Familie bezieht Leistungen nach dem SGB II.
Die Beteiligten haben am 28. August 2018 vor dem Familiengericht einen Teilvergleich über die den Antragstellern dem Antragsgegner gegenüber bestehenden Kindesunterhaltsansprüche für die Zeit bis einschließlich August 2017 geschlossen. Für die sich daran anschließenden Zeiträume haben die nach wie vor durch den Beistand vertretenen Antragsteller von ihrem Vater - dem Antragsgegner - die Zahlung von 110 % des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe, vermindert um die Hälfte des jeweiligen ihnen gewährten Kindergelds verlangt.
Das Familiengericht hat dem zum Entscheidungszeitpunkt noch verfahrensgegenständlichen Antrag mit Beschluss vom 22. Oktober 2019 aufgrund teilweise verminderter Leistungsfähigkeit des Antragsgegners nur zum Teil stattgegeben. Wegen des Umfangs der ausgesprochenen Zahlungsverpflichtung wird auf die Seiten 1 und 2 der Entscheidung, Bl. 366 und 367 d. A., Bezug genommen. Hiergegen wenden sich sowohl der Antragsgegner als auch die Antragsteller mit ihren Beschwerden.
Der Antragsgegner ist unter anderem der Auffassung,
die vorliegend sachbearbeitende Bedienstete des Jugendamtes [...] verfüge über keine hinreichende Verfahrensvollmacht. Des Weiteren sei er im Hinblick auf etwaige Kindesunterhaltsansprüche der Antragsteller gänzlich leistungsunfähig. Insoweit lägen auch die Voraussetzungen einer Zurechnung fiktiver Einkünfte nicht vor.
Er beantragt,
unter Abänderung des am 22.10.2019 verkündeten Beschlusses des Amtsgerichtes - Familiengericht - Trier, Az.: 38 F 155/18, den Antrag insgesamt zurückzuweisen.
Die Antragsteller sind dem entgegengetreten und beantragen im Übrigen,
den Beschluss vom 22.10.2019 dahingehend abzuändern, dass
(1) in Ziff. 1. des Tenors bezüglich der Antragstellerin in der Rubrik "abzüglich folgender Zahlungen" die Zeile "13.09.2017 1.250,26 Euro" entfällt;
(2) in Ziff. 1. des Tenors die Festsetzungen für die Antragstellerin wie folgt formuliert werden
[...]
g) ab Juli 2019 monatlich Unterhalt in Höhe von 100 % Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe nach § 1612a BGB vermindert um die Hälfte des jeweiligen für ein erstes Kind gewährten Kindergelds nach § 1612b BGB monatlich im Voraus bis zum 01. eines jeden Monats zu zahlen. Derzeit 374,00 Euro;
(3) in Ziff. 1. des Tenors bezüglich des Antragstellers in der Rubrik "abzüglich folgender Zahlungen" die Zeile "13.09.2017 1.063,51 Euro" entfällt;
(4) in Ziff. 1. des Tenors die Festsetzungen für den Antragsteller wie folgt formuliert werden
[...]
g) ab Juli 2019 monatlich Unterhalt in Höhe von 100 % Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe nach § 1612a BGB vermindert um die Hälfte des jewei...