Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit anwaltlicher Flugreisekosten
Leitsatz (amtlich)
Hätten anwaltliche Geschäftsreisen mit Auto oder Bahn zu erheblichen Zeitverlusten wegen der jeweils erforderlichen auswärtigen Übernachtungen geführt, können die Kosten einer Flugreise erstattungsfähig sein.
Normenkette
ZPO § 91; RVG-VV Nr. 7003-7005
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 17.08.2012; Aktenzeichen 16 O 524/10) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 17.8.2012 dahin geändert, dass die von der Klägerin an die Beklagte zu erstattenden Kosten auf 4.336,51 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 4.4.2012 festgesetzt werden.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Gründe
1. Das fristgerecht eingelegte Rechtsmittel dringt in der Sache durch. Entgegen der Ansicht des Rechtspflegers hat die Beklagte Anspruch auf Erstattung der Flugreisekosten, die für ihren Prozessbevollmächtigten anlässlich der Wahrnehmung der beiden Verhandlungstermine entstanden sind.
a) Die in dem angefochtenen Beschluss vertretene Auffassung, der Ersatzanspruch sei insoweit auf die (fiktiven) Aufwendungen beschränkt, die mit der Mandatierung eines Untervertreters verbunden gewesen wären, trifft nicht zu. Da die Beklagte unstreitig über keine Rechtsabteilung verfügt, war sie grundsätzlich befugt, einen an ihrem Geschäftsort ansässigen Anwalt umfassend zu beauftragen und damit auch zu den Terminen zu entsenden; das Interesse der Klägerin an einer Kostenersparnis war demgegenüber nachrangig (BGH JurBüro 2010, 369; vgl. auch BGH NJW-RR 2005, 1662 und BGH NJW-RR 2012, 695).
b) Die Beklagte kann auch nicht auf eine Erstattungsforderung lediglich in Höhe der Kosten verwiesen werden, die für Fahrten mit dem Auto oder mit der Bahn angefallen wären. Eine entsprechende Anreise hätte nämlich zu erheblichen Zeitverlusten geführt, weil jeweils eine auswärtige Übernachtung notwendig geworden wäre. Berücksicht man deren Zusatzkosten und außerdem den Umstand, dass der Gebührentatbestand der Nr. 7005 RVG-VV jedes Mal nicht nur an einem, sondern an zwei Tagen verwirklicht worden wäre (OLG Düsseldorf JurBüro 1993, 674), war der Mehraufwand für die Flüge nicht unverhältnismäßig. Genauso wenig war er im Hinblick auf den - hohen - Streitwert unangemessen. Von daher ist seine Berücksichtigung im Rahmen der Kosten- festsetzung gerechtfertigt (BGH NJW-RR 2008, 654; OLG Hamburg MDR 2008, 1428; OLG Hamburg AGS 2011, 463). Dass der Prozessbevollmächtigte der Beklagten Flüge in der Business Class gebucht und sich nicht mit der Economy Class beschieden hätte (vgl. dazu die beiden vorgenannten, insoweit konträren Entscheidungen des OLG Hamburg), ist nicht ersichtlich.
2. Der Kostenausspruch beruht auf Nr. 1812 GKG-KV und § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Als Beschwerdewert werden 637,73 EUR (= 4.336,51 EUR abzgl. 3.698,78 EUR) bestimmt.
Fundstellen
Haufe-Index 3530106 |
JurBüro 2013, 145 |
ZAP 2013, 240 |
RENOpraxis 2013, 58 |
StRR 2013, 3 |
VRR 2013, 3 |
RVG prof. 2013, 155 |