Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Rückwirkung der gerichtlichen Zustimmung zu einem bestimmten Stundensatz des Sachverständigen; Entschädigung einer zum Sachverständigen ernannten juristischen Person für Vorarbeiten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zustimmung des Gerichts zu einem bestimmten Stundensatz des Sachverständigen wirkt nicht zurück. Das gilt auch dann, wenn eine Entschädigung für bloße Vorarbeiten begehrt wird.

2. Ist eine juristische Person zum Sachverständigen ernannt worden, sind die durch einen Wechsel des Sachbearbeiters entstehenden Mehrkosten in der Regel nicht erforderlich und daher auch nicht zu vergüten.

3. Enden umfangreiche und aufwendige Vorarbeiten eines Sachverständigen mit der Empfehlung, den Sachverständigen einer ganz anderen Fachrichtung zu beauftragen, ist die Erforderlichkeit der Vorarbeiten besonders kritisch zu prüfen.

4. Die nicht fristgebundene Erinnerung gegen den gerichtlichen Kostenansatz kann ohne das Hinzutreten weiterer Umstände nicht als verwirkt angesehen werden, wenn sie erst nach mehr als drei Jahren erhoben wird.

5. Stützt sich eine Partei zur Begründung eines Rechtsbehelfs auf ein Privatgutachten, das wegen eines offenkundigen Büroversehens nicht beigefügt ist, verletzt die gerichtliche Entscheidung ohne Kenntnis des Gutachtens den Anspruch auf rechtliches Gehör.

 

Verfahrensgang

LG Trier (Beschluss vom 21.09.2004; Aktenzeichen 4 OH 22/98)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Trier vom 21.9.2004 aufgehoben:

Die Sache wird zu neuer Entscheidung nach Anhörung der Sachverständigen und des Bezirksrevisors an das LG Trier zurückverwiesen.

2. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die Antragstellerin wendet sich mit ihrer Erinnerung vom 24.6.2004 gegen einen gerichtlichen Kostenansatz vom 18.5.2001 (Bl. 146 GA) durch den sie mit Sachverständigenauslagen von 10.279,40 DM belastet wurde. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Durch das selbstständige Beweisverfahren sollte geklärt werden, worauf die unzureichende Funktion mehrerer von der Antragsgegnerin gelieferter und montierter Pumpen beruhte. Mit der Begutachtung wurde die Verfahrensbeteiligte zu 1), eine GmbH, als Sachverständige beauftragt. Ihr Mitarbeiter Dr. B. leistete Vorarbeiten. Später teilte er mit, dass er "aufgrund organisatorischer Änderungen" nicht mehr in der Lage sei, das Gutachten persönlich zu erstellen. Das werde nunmehr von dem Mitarbeiter J. erledigt (Bl. 63 GA). Dieser korrespondierte mit den Parteien und reichte eine (Zwischen-)Rechnung vom 8.8.2000 zu den Akten, die bei einem Stundensatz von 239,50 DM über insgesamt 5.556,50 DM lautet (Bl. 94 ff. GA).

Die Antragsgegnerin erklärte daraufhin, mit der Höhe des Stundensatzes sei sie nicht einverstanden. Die Antragstellerin erklärte sich einverstanden. Daraufhin stimmte das Gericht der Höhe des begehrten Stundensatzes in Anwendung von § 7 Abs. 2 S. 1 ZSEG zu (Beschl. v. 30.11.2000 - Bl. 120 GA).

Später teilte die Sachverständige mit, nicht ihr Mitarbeiter J., sondern der bei einer anderen Gesellschaft tätige Sachverständige Matthias F. sei in der Lage, die entscheidungserheblichen Beweisfragen zu beantworten (Bl. 133 GA). Beigefügt war eine über 4.722,94 DM lautende "Abschlussrechnung" (Bl. 137 GA), die - ebenso wie die erste Rechnung - antragsgemäß angewiesen wurde.

Zur Erstattung eines Gutachtens kam es auch in der Folgezeit nicht mehr.

Mit ihrer Erinnerung rügt die Antragstellerin die berechnete Stundenzahl und den zuerkannten Stundensatz. Das LG hat die Erinnerung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, mit dem Stundensatz sei die Antragstellerin einverstanden gewesen. Bedenken gegen die Stundenzahl bestünden nicht.

Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit der Beschwerde.

Das zulässige Rechtsmittel, über das nach altem Recht zu befinden ist (§ 25 JVEG), hat einen vorläufigen Erfolg. Die Sache musste an das LG zurückverwiesen werden, weil dessen Entscheidung verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen ist und auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage beruht, weshalb eine abschließende Sachentscheidung des Senats nicht möglich ist.

Einem Erfolg der Erinnerung steht zunächst nicht entgegen, dass die Antragstellerin den gerichtlichen Kostenansatz mehr als drei Jahre unbeanstandet gelassen hat. Nach § 5 Abs. 3 S. 3 GKG ist die Erinnerung nicht an eine Frist gebunden. Die Erinnerung ist auch nicht verwirkt. Allerdings hat das OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf v. 14.5.1996 - 10 W 36/96, OLGReport Düsseldorf 1996, 246 ff. [248] = MDR 1997, 104 ff. [105]) die Beschwerde eines Sachverständigen gegen die gerichtliche Festsetzung seiner Entschädigung als verwirkt angesehen, weil sie erst eineinhalb Jahre nach Zustellung der Entscheidung erhoben wurde. Das kann jedoch nicht ohne Weiteres auf die erstmalige Erinnerung einer Partei gegen den gerichtlichen Kostenansatz übertragen werden. Im vorliegenden Fall fehlt es an dem für eine Verwirkung erforderlichen Umstandsm...

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