rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattung. Beiziehung von Akten oder Urkunden. Beiziehung und Verwertung zum Beweis von Urkunden, die Parteien besitzen, aber nicht vorgelegt haben. Beweisgebühr aus Teilstreitwert
Leitsatz (amtlich)
Werden vom Gericht Akten (mit einem Gutachten) beigezogen und das Gutachten zum Beweis verwertet, so er fällt auch dann die Beweisgebühr, wenn beide Parteien das Gutachten „in den Händen” (§ 34 I BRAGO) haben, aber keine Partei das Gutachten vorgelegt hat.
Wird ein Teil der Klage (hier objektive Klagehäufung) wegen Verjährung abgewiesen, so findet eine Beweisverwertung nur hinsichtlich des Reststreitwertes statt (§ 21 I GKG).
Hat der erste (erkennende) Richter den Streitwert nicht aufgeteilt, so kann das Rechtsmittelgericht der Kostenfestsetzung die Streitwertaufteilung noch nachholen.
Normenkette
BRAGO § 34 Abs. 1-2; GKG § 21 Abs. 1, § 25 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
LG Koblenz (Gerichtsbescheid vom 11.11.1997; Aktenzeichen 2 O 11/97) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Koblenz vom 11. November 1997 teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:
- Nach dem Urteil des Landgerichts Koblenz vom 8. September 1997 werden die von der Klägerin an den Beklagten zu erstattenden Kosten auf
- 2.765,75 DM
- nebst 4 % Zinsen seit dem 11. September 1997 festgesetzt.
2. Die weitergreifende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 1.270,75 DM) haben zu tragen:
- Die Klägerin 11,77 %,
- der Beklagte 88,23 %.
4. Die gerichtlichen Kosten des erfolglosen Teils der Beschwerde (Wert: 149,50 DM) fallen der Klägerin zur Last.
Gründe
Die Klägerin hatte den beklagten Arzt auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch genommen und daneben die Feststellung begehrt, daß er ihr allen künftigen materiellen und immateriellen Schaden aus einer ärztlichen Fehlbehandlung ersetzen müsse, soweit der Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder anderen Dritten übergehe.
Das Landgericht hat die von beiden Parteien in ihren Schriftsätzen erwähnten Akten des Schlichtungsausschusses bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz beigezogen.
Hinsichtlich des Schmerzensgeldbegehrens ist die Klage sodann wegen Verjährung des deliktischen Anspruchs abgewiesen worden (§ 852 BGB). Im übrigen (Feststellungsantrag zum Zukunftsschaden) hat das Landgericht ausgeführt, das in den Akten der Gutachter- und Schlichtungsstelle enthaltene Sachverständigengutachten ergebe, daß es an dem der Klägerin obliegenden Kausalitätsnachweis fehle. Den Verfahrensstreitwert hat das Landgericht ohne Differenzierung zwischen Schmerzensgeldbegehren und Feststellungsantrag auf 26.500,00 DM festgesetzt.
Im Kostenfestsetzungsbeschluß hat das Landgericht dem Beklagten auch eine Beweisgebühr aus einem Streitwert von 26.500,00 DM zuerkannt. Die Klägerin meint, eine Beweisgebühr könnten die Prozeßbevollmächtigten des Beklagten nach § 34 Abs. 1 BRAGO nicht beanspruchen. Das Landgericht hat der Erinnerung unter Hinweis auf § 34 Abs. 2 BRAGO nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Das nunmehr als sofortige Beschwerde zu behandelnde Rechtsmittel hat einen Teilerfolg. Eine Beweisgebühr aus dem vollen Streitwert von 26.500,00 DM ist nicht entstanden und daher von der Klägerin auch nicht zu erstatten.
Denn der Zahlungsantrag zum immateriellen Schaden ist wegen Verjährung abgewiesen worden. Daher sind die beigezogenen Akten der Gutachter- und Schlichtungsstelle hinsichtlich des bereits eingetretenen immateriellen Schadens nicht „zum Beweis beigezogen oder als Beweis verwertet worden” (§ 34 Abs. 2 BRAGO am Ende). Für den Fall der unschlüssigen Klage mit hilfsweiser Erörterung des Inhalts von Beiakten hat das der Senat bereits rechtsgrundsätzlich entschieden (Beschl. v. 7.1.1987 – 14 W 848/86 – JurBüro 1987, 1804 = KostRsp. BRAGO § 34 Nr. 67). Das muß aber auch gelten, wenn der Anspruch an einem Gegenrecht (hier Verjährung) schon nach dem unstreitigen Sachverhalt scheitert und insoweit hilfsweise auch noch beigezogene Akten inhaltlich erörtert werden. Eine Beweisgebühr aus dem vollen Streitwert steht daher beiden Rechtsanwälten nicht zu.
Allerdings ergibt die Auslegung der Urteilsgründe, daß das Landgericht seine Erwägungen, der Feststellungsantrag sei „auch” mangels Kausalitätsnachweis unbegründet, deshalb für erforderlich gehalten hat, weil wegen des Zukunftsschadens mangels Schadenseintritt die Verjährung noch nicht begonnen hat und beim materiellen Schaden zudem eine vertragliche Anspruchsgrundlage denkbar ist, die von § 852 BGB nicht erfasst wird. Zum Feststellungsbegehren hat das Landgericht ausgeführt, das in den beigezogenen Akten erstattete Gutachten vermittele ihm die Überzeugung, daß die Klägerin den Kausalitätsnachweis nicht führen könne. Damit hat das Landgericht die beigezogenen Akten „als Beweis verwertet”, so daß insoweit die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 BRAGO g...