Normenkette
BGB §§ 1632, 1696
Verfahrensgang
AG Mainz (Beschluss vom 26.11.2015; Aktenzeichen 37 F 255/15) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Mainz vom 26.11.2015 abgeändert und der Antrag des Kindesvaters, die Kindesmutter im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das Kind ... [A] an ihn herauszugeben, abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Der Kindesvater hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 1.500,- EUR.
Gründe
I. Die beteiligten Kindeseltern streiten um die Herausgabe des Kindes ... [A].
Das AG Mainz hat im Sorgerechtsverfahren 31 F 8/14 dem Kindesvater mit Beschluss vom 12.06.2015 das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder ... [B] und ... [A] übertragen. Die Beschwerde der Kindesmutter hat der Senat nach Anhörung beider Kinder und Erörterung mit den Kindeseltern, dem Verfahrensbeistand, der Mitarbeiterin des Jugendamts, der Umgangspflegerin Fr ... [C] und dem Sachverständigen ... [D] mit Beschluss vom 19.10.2015 zurückgewiesen (11 UF 393/15).
Nachdem die Kindesmutter den für den 02.11.2015 unter Vermittlung der Umgangspflegerin Fr ... [C] vereinbarten Wechsel der Kinder in den väterlichen Haushalt unter Hinweis auf die gegen den Senatsbeschluss vom 19.10.2015 erhobene Verfassungsbeschwerde verweigert hatte, übergab sie die Kinder am 06.11.2015 dem Vater zu einem Umgangswochenende. Am 07.11.2015 teilte der Kindesvater der Mutter mit, die Kinder bei sich behalten zu wollen ... [A] kehrte am 09.11.2015 in den mütterlichen Haushalt zurück; zwischen den Kindeseltern besteht Streit, ob die Kindesmutter das Kind von der Schule abgeholt oder ob ... [A] aus eigenen Stücken zur Kindesmutter gelaufen war ... [B] blieb im väterlichen Haushalt.
Mit Beschluss vom 26.11.2015 verpflichtete das AG die Kindesmutter im Wege der einstweiligen Anordnung zur Herausgabe von ... [A], nachdem das Verfahren betreffend ... [B] für erledigt erklärt worden war.
Unter dem 01.12.2015 nahm das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde der Kindesmutter nicht zur Entscheidung an.
Am 10.12.2015 holte der Kindesvater sodann ... [A] von der Schule ab.
Am Abend des 19.01.2016 kehrte ... [A] in den mütterlichen Haushalt zurück. Die Achtjährige verließ das Haus des Vaters, indem sie durch das geöffnete Badezimmerfenster kletterte. Sie nahm hierbei ihren Schulranzen, die Trinkflasche und alles weitere für den Schulbesuch Benötigte mit. Nachdem die Kindesmutter eine Herausgabe von ... [A] abgelehnt hatte, schaltete der Kindesvater die Polizei ein. Diese weigerte sich,... [A] aus dem mütterlichen Haushalt herauszunehmen, nachdem sich die Beamten davon überzeugt hatten, dass es dem Kind im mütterlichen Haushalt gut geht.
Seit November 2015 ist es zu Umgängen eines Elternteils mit dem im Haushalt des anderen Elternteils befindlichen Kind nicht mehr gekommen. Die Kindesmutter hat ... [B] mithin seit 09.11.2015 nicht mehr gesehen; der Kindesvater ... [A] weder in der Zeit vom 09.11. bis 11.12.2015 noch seit dem 19.01.2016.
Mit ihrer gegen den Beschluss des AG vom 26.11.2015 gerichteten Beschwerde erstrebt die Kindesmutter die Abweisung des Herausgabeantrags. Sie verweist insbesondere darauf, dass ... [A] sozusagen "mit den Füßen abgestimmt" habe und in ihrem Haushalt bleiben wolle. Der Kindesvater vertritt vor allem die Auffassung, dass sich seit der Entscheidung des Senats über das Aufenthaltsbestimmungsrecht keine maßgebliche Änderung ergeben habe ... [A] müsse sich an den Aufenthalt in seinem Haushalt erst einmal gewöhnen. Er sei besser imstande, die Kinder in schulischen Dingen zu fördern. Die Kindesmutter habe ... [A] beeinflusst, insbesondere auch durch die Anschaffung eines Hundes. Er hält nach wie vor ein Wechselmodell für die beste Lösung.
Beide streiten darüber, wer verantwortlich dafür ist, dass Umgänge - auch an Weihnachten und Silvester - nicht zustande gekommen sind. Ein Antrag der Kindesmutter auf Erlass einer einstweiligen Anordnung betreffend den Umgang mit beiden Kindern an Silvester/Neujahr ist seitens des AG abgelehnt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstand wird auf den angefochtenen Beschluss Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde der Kindesmutter hat in der Sache Erfolg.
Gemäß § 1632 Abs. 1 BGB umfasst die Personensorge das Recht, die Herausgabe des Kindes von jedem zu verlangen, der es den Eltern oder einem Elternteil widerrechtlich vorenthält.
Hiervon ausgehend hat derjenige, dem das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Kind zusteht, hier der Kindesvater, das Recht, die Herausgabe des Kindes ... [A] zu verlangen. Herausgabeverpflichtet ist der andere Elternteil, wenn er das Kind dem berechtigten Elternteil widerrechtlich vorenthält. Wer ein Kind ohne rechtfertigenden Grund in seiner unmittelbaren oder mittelbaren Gewalt hat und so die Rückkehr zum Berechtigten verhindert, enthält das Kind diesem vor...