Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtbarkeit einer Kostenansatzentscheidung durch den gerichtlichen Sachverständigen
Leitsatz (amtlich)
Beanstanden die Parteien den gerichtlichen Kostenansatz für ein Sachverständigengutachten, worauf das Gericht im Verfahren nach § 66 GKG die Sachverständigenvergütung erstmals fest- und herabsetzt und zugleich eine Rückerstattung der Überzahlung anordnet, kann der am Erinnerungsverfahren gegen den Kostenansatz originär nicht beteiligte Gutachter diese Entscheidung in entsprechender Anwendung von § 4 Abs. 3 JVEG mit der Beschwerde anfechten.
Normenkette
GG Art. 19 Abs. 4; GKG § 66; JVEG §§ 2, 4
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 14.03.2014; Aktenzeichen 1 OH 20/1.1) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Sachverständigen wird der Beschluss der 1. Zivilkammer des LG Mainz vom 14.3.2014 aufgehoben.
2. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Im Verfahren der Beweissicherung hat der Sachverständige insgesamt 5.330,60 EUR in Rechnung gestellt. Die Kostenbeamtin hat die beiden Rechnungen im Dezember 2012 und September 2013 ohne Kürzungen angewiesen.
Die nach Abschluss des Beweisverfahrens an den Antragsteller adressierte Gerichtskostenrechnung veranlasste diesen zu einer Erinnerung, mit der er rügt, die vom Sachverständigen in Rechnung gestellten Kosten seien erheblich übersetzt.
Dem ist das LG nach Anhörung der Bezirksrevisorin gefolgt und hat durch den angefochtenen Beschluss die Sachverständigenauslagen auf 3.612,54 EUR festgesetzt. Außerdem heißt es in der angefochtenen Entscheidung, der Sachverständige habe insgesamt 1.718,06 EUR "an die Landesjustizkasse zurückzuzahlen".
Dagegen wendet sich der Sachverständige mit der Beschwerde, der das LG nicht abgeholfen hat.
Das Rechtsmittel ist zulässig. Die Einzelrichterin wollte eine Erinnerungsentscheidung nach § 66 GKG treffen. Das erschließt sich hinreichend aus den im Rubrum enthaltenen Worten "hier: Erinnerung gegen den Kostenansatz".
Am Verfahren nach § 66 GKG ist ein gerichtlicher Sachverständiger nicht beteiligt, so dass er dort ergangene Entscheidungen scheinbar auch nicht in zulässiger Weise anfechten kann.
Dabei bliebe jedoch unberücksichtigt, dass der Rechtsweg demjenigen offensteht, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 Grundgesetz). Da die Einzelrichterin hier im Verfahren nach § 66 GKG inhaltlich eine Vergütungsfestsetzungs- und Rückforderungsentscheidung nach §§ 2 Abs. 4 Satz 1, 4 JVEG getroffen hat, muss dem Sachverständigen auch das dort gegebene Rechtsmittel der Beschwerde eröffnet sein (§ 4 Abs. 3 JVEG).
Dabei wird nicht verkannt, dass die Einzelrichterin ihre Anordnung, der Sachverständige müsse die vermeintlich zu viel vereinnahmte Vergütung zurückzahlen, in einen Feststellungsausspruch gekleidet hat. Indes ist der Sachverständige bereits dadurch beschwert, weil im weiteren Verfahren zumindest Streit darüber entstehen kann, ob der Feststellungstenor Bindungswirkung für das Erstattungsverfahren hat (§ 2 Abs. 4 Satz 1 JVEG).
Das demnach zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung, weil - wie bereits dargestellt - eine Festsetzungsentscheidung nach § 4 JVEG nicht im Verfahren nach § 66 GKG getroffen werden darf.
Bei dem irreführend formulierten Antrag der Bezirksrevisorin vom 14.2.2014 handelt es sich der Sache nach um einen namens der Staatskasse gestellten (erstmaligen) Festsetzungsantrag nach § 4 JVEG, über den ungeachtet der fehlenden Bindungswirkung (§ 4 Abs. 9 JVEG) vorrangig zu entscheiden ist. Erst danach ist über die Erinnerung gegen den Kostenansatz zu befinden.
Zu Gunsten des Antragstellers wirkt die Entscheidung nach § 4 JVEG nämlich ohne weiteres (Umkehrschluss aus § 4 Abs. 9 JVEG).
Für die weiteren Verfahren nach § 4 JVEG und § 66 GKG gibt der Senat allerdings zu bedenken, dass er in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertritt, dass Angaben eines Sachverständigen zu seiner Arbeitsleistung (Stundenzahl) nur unter ganz engen Voraussetzungen vom Gericht korrigiert werden sollten (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 13.11.2012 - 14 W 620/12). Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, erscheint sehr zweifelhaft, zumal die Kostenbeamtin bei Anweisung der beiden Rechnungen im Dezember 2012 und September 2013 aus möglicherweise gut vertretbaren Gründen keine Bedenken hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 4 Abs. 8 JVEG.
Fundstellen
Haufe-Index 6812995 |
BauR 2014, 2135 |
NJW-RR 2014, 1150 |
IBR 2014, 513 |
JurBüro 2014, 495 |
MDR 2014, 924 |
KfZ-SV 2014, 38 |
KfZ-SV 2016, 28 |
DS 2014, 224 |
GuG-aktuell 2015, 14 |