Entscheidungsstichwort (Thema)

Vergütungsanspruch eines wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Sachverständigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat ein Befangenheitsantrag wegen bloßer Ungeschicklichkeiten oder Nachlässigkeiten eines Sachverständigen Erfolg, ohne dass ihm eklatante, für ihn selbst ohne weiteres augenfällige Pflichtverletzungen zur Last fallen, führt das nicht zum Verlust des Vergütungsanspruchs.

2. Bleibt offen, ob der Sachverständige grob fahrlässig oder gar vorsätzlich Ablehnungsgründe geschaffen hat, ist er trotz der erfolgreichen Ablehnung zu entschädigen. Daher trifft im Erinnerungsverfahren gegen den gerichtlichen Kostenansatz den Kostenschuldner die Darlegungslast für den Ausnahmetatbestand des § 8a Abs. 2 Nr. 3 JVEG.

 

Normenkette

GKG § 66; JVEG § 8a Abs. 1, 2 Nr. 3; ZPO §§ 406, 42 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 25.04.2014; Aktenzeichen 4 HK O 115/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss der 4. Kammer des Handels- sachen des LG Koblenz vom 25.4.2014 wird zurückgewiesen.

Gerichtliche Gebühren werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.

 

Gründe

Das nach § 66 Abs. 2 S. 1 GKG statthafte Rechtsmittel ist in der Sache ohne Erfolg. Die streitigen Sachverständigenkosten sind zu Recht angesetzt worden, weil sie erfallen sind. Dass der Sachverständige mit Beschluss vom 8.1.2013 für befangen erklärt wurde, vermag daran nichts zu ändern.

1. Allerdings kann ein Sachverständiger seinen Entschädigungsanspruch in bestimmten Fällen einbüßen. Eine nähere Regelung dazu findet sich in der Vorschrift des § 8a JVEG, die indessen hier nicht herangezogen werden kann, da sie erst am 1.8.2013 in Kraft getreten ist. Es war jedoch auch schon zuvor anerkannt, dass ein gerichtlicher Sachverständiger keinen Anspruch auf eine Vergütung aus der Staatskasse hat, wenn seine Arbeit prozessual unverwertbar ist und ihm dieserhalb ein gravierender subjektiver Vorwurf gemacht werden muss (Senat VersR 2010, 647; OLGReport Celle 2007, 874; OLGReport Jena 2008, 632). Dazu gehören namentlich Fälle, in denen die Unverwertbarkeit auf einer gerichtlich attestierten Befangenheitsbesorgnis beruht (Senat OLGReport Koblenz 2006, 223 und ZfSch 2010, 268). Eine derartige gerichtliche Entscheidung bedingt aber nicht automatisch den Fortfall des Vergütungsanspruchs. Vielmehr ist stets zu prüfen, ob dem Sachverständigen ein grob fahrlässiges Fehlverhalten anzulasten ist. Das setzt voraus, dass er die erforderliche Sorgfalt nach den Umständen in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und das unbeachtet gelassen hat, was jedem hätte einleuchten müssen (OLGReport Zweibrücken 2008, 33).

Entsprechendes lässt sich im vorliegenden Fall nicht erkennen. Der Beschluss vom 8.1.2013 macht deutlich, dass dem Sachverständigen zwar Nachlässigkeiten und Versäumnisse vorzuwerfen sind, aber darin keine eklatanten, für ihn ohne weiteres augenfälligen Pflichtverletzungen lagen. Insofern wurde der Befangenheitsausspruch am Ende nicht mit gänzlich unvertretbaren Verfehlungen, sondern lediglich mit einem aus der Sicht der Klägerin möglichen Misstrauen begründet. Das ist auch in der angefochtenen Entscheidung herausgestellt worden.

Die Auffassung der Klägerin, gleichwohl noch vorhandene Zweifel hinsichtlich eines grob schuldhaften Verhaltens des Sachverständigen dürften nicht zu ihren Lasten gehen und müssten stattdessen zu einer Aberkennung des Entschädigungsanspruchs für die gutachterliche Tätigkeit führen, trifft nicht zu. Der Verlust des Vergütungsanspruchs hat Ausnahmecharakter und kann nur unter gesicherten Voraussetzungen stattfinden.

2. Schließlich lässt sich der angefochtene Kostenansatz auch nicht mit Blick auf die im hiesigen Verfahren mehrfach angesprochene Bestimmung des § 21 GKG in Frage stellen. Die Bestimmung erlaubt zwar die Niederschlagung nicht nur von Gerichtsgebühren, sondern auch von Sachverständigenauslagen. Aber das macht sie von einem gerichtlichen oder behördlichen Fehler abhängig. Dass ein Sachverständiger einen Fehler begangen hat, ist ohne Belang (Hartmann, Kostengesetze, 44. Aufl., § 21 GKG Rz. 6 f.).

3. Der Kostenausspruch beruht auf § 66 Abs. 8 GKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 7438580

BauR 2015, 313

IBR 2015, 103

JurBüro 2015, 96

MDR 2015, 118

VersR 2015, 1404

BauSV 2015, 70

KfZ-SV 2016, 30

KfZ-SV 2018, 30

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