Leitsatz (amtlich)
Ein das Schonvermögen übersteigendes und auch nicht anderweitig geschütztes (Bar-)Vermögen ist zur Begleichung der Verfahrenskosten heranzuziehen. Das gilt auch, wenn der um Verfahrenskostenhilfe Nachsuchende bei einer Gegenüberstellung aller seiner Aktiva und Passiva über keinen positiven Vermögenssaldo verfügt.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Linz (Beschluss vom 15.06.2015) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Linz vom 15.06.2015 wird aus den zutreffenden Gründen der Nichtabhilfeentscheidung vom 29.07.2015 zurückgewiesen.
Für die erfolglose Beschwerde ist eine Gebühr von 60,00 EUR zu entrichten (Kostenverzeichnis zum FamGKG, NR 1912).
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluss versagte das Amtsgericht der Antragsgegnerin die für das Scheidungsverfahren beantragte Verfahrenskostenhilfe, weil sie über ausreichendes Einkommen verfüge um die Verfahrenskosten zu tragen. Der hiergegen eingelegten Beschwerde half es nicht ab mit der Begründung, die Antragsgegnerin verfüge über einzusetzendes Vermögen, nämlich ein Bausparguthaben über rund 11.000,00 EUR.
Auf den möglichen Vermögenseinsatz hatte das Amtsgericht bereits in vorangegangenen Verfügungen hingewiesen.
Mit der Beschwerde legt die Antragsgegnerin dar, sie verfüge nicht über positives einzusetzendes Einkommen. Es sei beabsichtigt, die Bausparverträge zur späteren teilweisen Ablösung der Darlehen einzusetzen.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Das Amtsgericht geht zu Recht davon aus, der Antragsgegnerin habe vorhandenes Vermögen einzusetzen und dazu gehört auch ein Bausparguthaben über ca. 11.000,00 EUR (Stand 31.12.2014: 10.604,45 EUR). Auf diesen Gesichtspunkt wird die Nichtabhilfeentscheidung (im Gegensatz zur Ausgangsentscheidung) gestützt. Allerdings hatte das Amtsgericht hierauf bereits hingewiesen und konkret angefragt, woraus sich ergebe, dass die Antragsgegnerin nicht frei über das Bausparguthaben verfügen könne. Hierauf wurde lediglich geantwortet, dass den Guthaben Darlehensbelastungen gegenüberstünden (Schriftsatz vom 18.05.2015).
Das hier in Rede stehende Guthaben gehört nicht zum bereits nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geschützten Kapital und seinen Erträgen ("Riester-Rente"). Deshalb ist es grundsätzlich für die Prozesskosten zu verwerten, soweit der Wert das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII übersteigt, was das Amtsgericht zutreffend angenommen hat (vgl. grundsätzlich BGH FamRZ 2010, 2287, m.w.N. - zur Lebensversicherung).
Es gehört auch nicht zum bereits nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII geschützten Vermögen; es dient nicht zur Beschaffung eines Hausgrundstücks behinderter oder pflegebedürftiger Menschen. Ebenso wenig ist das Guthaben nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII geschützt die Vorschrift soll verhindern, dass ein angemessenes Hausgrundstück veräußert werden muss.
Das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit. b der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII beträgt 2.600,00 EUR, ist also überschritten.
§§ 115 Abs. 3 ZPO, 90 SGB XII gehen im Grundsatz von der Einsetzbarkeit des gesamten Vermögens aus, es sei denn ein einzelner Vermögensgegenstand wäre ausdrücklich vom Einsatz ausgenommen. Ist das - wie hier - nicht der Fall, kann sich eine Unverwertbarkeit ergeben, wenn die Verwertung eine Härte darstellen würde (§ 90 Abs. 3 SGB XII). Das ist nicht der Fall.
Die Verwertung eines Bausparguthabens kann eine Härte begründen, wenn diese unwirtschaftlich ist oder das Guthaben in sonstiger Weise gebunden ist. Die Umstände, die eine Härte begründen sollen, sind vom Antragsteller darzulegen (BGH, a.a.O.).
Dazu, dass die Verwertung des Bausparguthabens unwirtschaftlich wäre, ist nichts vorgetragen.
Die Antragsgegnerin hat zwar vorgetragen, es sei beabsichtigt, mit den angesparten Bausparguthaben später die Darlehensbelastungen abzulösen. Die bloße Absicht genügt hierfür nicht, weil das Kapital jederzeit anderweitig eingesetzt werden kann (vgl. BGH, a.a.O. Rn 30, m. w. N - zur Lebensversicherung). Die Antragsgegnerin hat nicht dargelegt, dass das Kapital aufgrund der vertraglichen Gestaltung, etwa durch eine entsprechende Fälligkeit, Zweckbindung oder durch sonstige Regelungen für die Darlehenssicherung bestimmt und geeignet ist. Hiernach hat das Amtsgericht ausdrücklich gefragt, ohne dass eine solche Bindung dargelegt worden wäre. Das Kapital steht der Antragsgegnerin also zur freien Verfügung und unterscheidet sich deshalb nicht von sonstigem Vermögen, das ohne weiteres für die Verfahrenskosten heranzuziehen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 8404918 |
FamRZ 2016, 253 |
FuR 2016, 599 |