Entscheidungsstichwort (Thema)
Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse durch nach der Scheidung geborene Kinder aus einer neuen Beziehung. Höhe des Unterhaltsanspruchs für ein im Ausland (Philippinen) lebendes Kind. erhöhte Umgangskosten durch Umzug der Kinder in ein anderes Bundesland
Leitsatz (amtlich)
Nach der Entscheidung des BGH vom 15.3.2006 (FamRZ 2006, 683) prägen auch nach Rechtskraft der Scheidung geborene Kinder aus einer neuen Beziehung die ehelichen Lebensverhältnisse der früheren Ehe. Die hieraus resultierende Unterhaltspflicht ist daher sowohl bei der Bedarfsberechnung als auch bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.
Lebt das nach der Scheidung geborene Kind auf den Philippinen, können die auf die deutschen Lebensverhältnisse abgestimmten Werte der Düsseldorfer Tabelle nicht unbesehen übernommen werden. Vielmehr sind für die Höhe des Unterhaltsanspruchs die Geldbeträge maßgebend, die der Unterhaltsberechtigte an seinem Aufenthaltsort aufwenden muss, um den ihm gebührenden Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Als Orientierungshilfe bedient sich der Senat insoweit der Ländergruppeneinteilung des Bundesfinanzministers zu § 33a EStG (vgl. OLG Koblenz FamRZ 2007, 1592). Auf dieser Grundlage entspricht der Unterhaltsbedarf auf den Philippinen dem nach deutschen Verhältnissen bemessenen Bedarf zu lediglich einem Viertel.
Erhöhte Umgangskosten sind nur mit den notwendigen Betriebskosten in Ansatz zu bringen. Diese schätzt der Senat auf 0,15 EUR pro km.
Normenkette
BGB §§ 1378, 1381; GG Art. 6; EStG § 33a
Verfahrensgang
AG Westerburg (Beschluss vom 22.08.2007; Aktenzeichen 42 F 905/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des AG - FamG - Westerburg vom 22.8.2007 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das AG - FamG - Westerburg zurückverwiesen. Das AG wird angewiesen, bei der erneuten Entscheidung die Ausführungen des vorliegenden Beschlusses zu beachten.
Gründe
Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Beschwerde hat in der Sache vorläufig Erfolg. Der Senat entscheidet im Hinblick auf die bereits in erster Instanz ausgetragenen Streitpunkte hierüber ohne vorherige Gewährung einer Abhilfemöglichkeit.
Die Klage auf Zahlung nachehelichen Unterhalts hat entgegen der Auffassung des FamG teilweise Aussicht auf Erfolg. Da das FamG sich - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - bisher nicht mit den subjektiven Voraussetzungen der Prozesskostenhilfegewährung befasst hat, ist dem Senat jedoch eine abschließende Entscheidung verwehrt. ...
Zutreffend beruft der Beklagte sich auf erhöhte Umgangskosten, die durch den Umzug der Klägerin mit zweien der drei Kinder nach Bayern entstanden sind. Diese muss der Beklagte im Verhältnis zur Klägerin nicht alleine tragen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass dem Beklagten für jedes Kind 77 EUR anteiliges Kindergeld zur Verfügung stehen, die zur - teilweisen - Deckung dieser Kosten einzusetzen sind. Entgegen der Berechnungsweise des Beklagten können die Fahrtkosten aber nicht mit 0,30 EUR pro km berücksichtigt werden. Dieser, vielfach für die Berechnung berufsbedingter Fahrtkosten in Ansatz gebrachte Betrag ist der Regelung in § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG (Fahrtkostenersatz für gerichtliche Sachverständige) entnommen und soll nach der gesetzlichen Definition die Anschaffungs-, Unterhaltungs- und Betriebskosten sowie die Abnutzung des Kraftfahrzeugs abgelten. Für die erhöhten Umgangskosten können aber allein die Betriebskosten maßgebend sein. Diese sind in Anlehnung an die Rechtsprechung des Senates hinsichtlich der über 30 km hinausgehenden berufsbedingten Fahrtkosten mit 0,15 EUR pro km zu bemessen (vgl. auch den Beschluss des 9. Zivilsenates des OLG Koblenz vom 6.3.2007 - 9 WF 169/07, der 1,50 EUR pro Liter Kraftstoff und Motoröl in Ansatz bringt; das entspricht bei einem Verbrauch von 10l pro km ebenfalls dem Betrag von 0,15 EUR pro km). Bei einer Fahrtstrecke von 468 km errechnet sich hiernach für jeweils zwei Fahrten monatlich ein Aufwand von 281 EUR; abzgl. 154 EUR Kindergeld verbleibt ein zu berücksichtigender Aufwand von 127 EUR.
Nach Ziff. 10.3 KoL ist auch der Betreuungsbonus für das beim Beklagten lebende Kind i.H.v. 150 EUR monatlich bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres zu gewähren zum Ausgleich für die neben der vollschichtigen Tätigkeit geleistete Betreuungsarbeit. Hieran ändert die in der Beschwerde zitierte Entscheidung des BGH (FamRZ 2005, 442) nichts. Diese bezieht sich auf die Berücksichtigung überobligatorischen Einkommens des Unterhaltsberechtigten nach den Grundsätzen des § 1577 Abs. 2 BGB. Hier geht es um die Berücksichtigung der Kindesbetreuung durch den Unterhaltspflichtigen neben einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit. Für diesen Fall hat der BGH eine entsprechende Anwendung des § 1577 Abs. 2 BGB ausdrücklich abgelehnt und es gebilligt, dass auch ohne Vortrag konkreter Betreuungskosten zum Ausgleich der durch die Kindesbetreuung entstehenden Mehrbelastung nach Treu und Glauben ein pauschaler...