Leitsatz (amtlich)
1. Das RVG ist im Falle der Pflichtverteidigerbestellung nach dem 1.7.2005 auch dann anzuwenden, wenn der Verteidiger vorher als Wahlverteidiger tätig gewesen ist.
2. In Pauschvergütungsanträgen nach § 51 RVG bedarf es bei Tätigkeiten, die sich nicht aus der Verfahrensakte ergeben, nicht nur näherer Ausführungen über deren Art, Umfang und Dauer, sondern auch genauer Darlegung, in welchem Zeitraum sie entfaltet wurden.
Normenkette
RVG § 51
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 2050 Js 20703/03) |
Tenor
Der Antrag des Rechtsanwalts G., ihm für seine Tätigkeit als Pflichtverteidiger des Angeklagten in dem Verfahren vor der 10. Strafkammer - 3. Wirtschaftsstrafkammer - des LG Koblenz eine Pauschvergütung zu bewilligen, wird als unbegründet zurückgewiesen.
Gründe
1. Nach vorausgegangener Wahlverteidigertätigkeit seit dem 19.4.2004 ist der Antragsteller dem seit dem 11.4.2004 in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten am 14.9.2004 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden. Am 6.7.2004 hatte die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Steuerverkürzung in 23 Fällen, Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 2 Fällen und Betrugs in 6 Fällen zur Wirtschaftstrafkammer erhoben. Am Tag der Pflichtverteidigerbeiordnung hat die Strafkammer das Hauptverfahren eröffnet und Termin zur Hauptverhandlung auf den 1.10.2004 mit vier Fortsetzungsterminen bestimmt. Zu den beiden ersten Fortsetzungsterminen wurde je ein Zeuge geladen. Am 1. Hauptverhandlungstag wurde das Verfahren gegen den nunmehr umfassend geständigen Angeklagten nach nur einstündiger Verhandlungsdauer durch sofort rechtskräftiges Urteil abgeschlossen. Er wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und zehn Monate verurteilt.
Der Verteidiger beantragt, "die Pflichtverteidigergebühren auf das Doppelte festzusetzen". Zur Begründung beruft er sich darauf, die Anklagevorwürfe hätten "auf ihre Richtigkeit" überprüft werden müssen, was angesichts nicht geordneter Unterlagen "eine umfangreiche Ermittlungsarbeit erforderlich" gemacht habe.
2. Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung nach § 51 RVG sind nicht erfüllt.
Die Vergütung des Antragstellers berechnet sich nach dem seit 1.7.2004 geltenden RVG. Das neue Recht ist im Falle der Pflichtverteidigerbestellung nach diesem Stichtag nämlich auch dann anzuwenden, wenn der Verteidiger vorher als Wahlverteidiger tätig gewesen ist (OLG Schleswig, Beschl. v. 30.11.2004 - 1 Ws 423/04, jurisweb).
Nach § 51 RVG ist eine Pauschvergütung für das ganze Verfahren oder für einzelne Verfahrensabschnitte nicht schon dann zu bewilligen, wenn das Verfahren bzw. einzelne Abschnitte besonders umfangreich oder besonders schwierig war. Hinzukommen muss nach der Neuregelung vielmehr, dass die Pflichtverteidigergebühren deswegen unzumutbar sind. Wann dem Pflichtverteidiger nach der ggü. dem alten Recht (§ 99 BRAGO) einschränkenden Regelung überhaupt noch eine Pauschvergütung zusteht und wie die von ihm erbrachten Tätigkeiten zu berücksichtigen sind, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn der Antragsteller ist schon nicht in einem "besonders schwierigen" oder in einem besonders "umfangreichen" Verfahren tätig geworden.
Der Antragsteller hebt selbst lediglich seinen Zeitaufwand hervor, wenn er dartut, dass angesichts nicht geordneter Unterlagen "eine umfangreiche Ermittlungsarbeit erforderlich" gewesen sei. Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich daraus nicht. Anhaltspunkte für ein in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht besonders schwieriges Verfahren sind auch so nicht ersichtlich.
Das Verfahren war auch nicht "besonders umfangreich". Der Senat hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass es gerade bei Tätigkeiten, die sich nicht aus der Verfahrensakte ergeben, dem Pflichtverteidiger obliegt, deren Art, Umfang und Dauer darzulegen (st. Rspr. des Senats, vgl. zuletzt OLG Koblenz, Beschl. v. 28.12.2004 - 1 AR 164/04; Beschl. v. 22.6.2004 - 1 AR 85/04; OLG Hamm NStZ-RR 2001, 158; NStZ-RR 2001, 352). Schon dieser - bereits nach altem Recht bestehenden - Darlegungslast ist der Antragsteller in der Antragsbegründung nicht nachgekommen. Außer den oben mitgeteilten allgemeinen Angaben hat er keine weiteren, insb. keine zeitlichen Angaben zu den von ihm erbrachten Tätigkeiten gemacht. Deren Umfang ergibt sich auch nicht aus den Akten. Diesen kann insoweit nur entnommen werden, dass das Geständnis des Angeklagten einschließlich der Höhe der Steuerverkürzungs- und Schadensbeträge exakt den Anklagevorwürfen entsprochen hat. Hinweise auf eine aufwendige Überprüfungsleistung durch den Verteidiger ergeben sich daraus jedenfalls nicht.
Nach neuem Recht hätte es wegen der nunmehr bestehenden vielfältigen Gebührentatbestände im Strafverfahren und der in § 51 Abs. 1 S. 1 und 3 RVG eröffneten Möglichkeit, eine Pauschvergütung nur für einzelne Verfahrensabschnitte (Gebührentatbestände) zu bewilligen, außerdem der Darlegung bedurft, in welchem Zeitraum die sich nicht aus der Verfahrensakte ergebenden Tätigkeiten entfaltet wurden.
Fund...