Leitsatz (amtlich)
Wird der Versorgungsausgleich auf Antrag eines Ehegatten gemäß Artikel 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB nach den §§ 6 bis 19 VersAusglG durchgeführt, handelt es sich nicht um Ausgleichsansprüche nach der Scheidung im Sinne des § 50 Abs. 1 FamGKG; der Verfahrenswert ist deshalb lediglich mit 10 % des in 3 Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten je Anrecht zu bemessen.
Verfahrensgang
AG Bingen am Rhein (Beschluss vom 19.10.2016; Aktenzeichen 86 F 50/16) |
Tenor
Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin gegen die mit Beschluss des AG - Familiengericht - Bingen a. Rh. vom 19.10.2016 erfolgte Festsetzung des Verfahrenswertes wird zurückgewiesen.
Gründe
1. Die Beteiligten, die bosnische Staatsangehörige sind, haben am 29.04.1995 in Bosnien geheiratet. Die Ehe wurde mit seit dem 20.10.2015 rechtskräftigem Urteil des AG D./Bosnien vom 19.10.2015 geschieden. Auf den Antrag der Antragstellerin hat das AG gemäß Artikel 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB mit Beschluss vom 19.10.2016 den Versorgungsausgleich nach den §§ 9 bis 19 VersAusglG durchgeführt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG den Wert für das Verfahren unter Berücksichtigung eines Prozentsatzes von 10 % des dreifachen Nettoeinkommens der Ehegatten je Anrecht auf 8.350,00 EUR festgesetzt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin, der eine Anhebung des Verfahrenswertes auf 16.700,77 EUR begehrt. Er trägt vor, für jedes Anrecht betrage der Wert 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten, da es sich vorliegend um ein isoliertes Verfahren über den Versorgungsausgleich nach der Scheidung handele.
2. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 50 Abs. 1 FamGKG beträgt in Versorgungsausgleichssachen der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 %, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten.
Wird der Versorgungsausgleich auf Antrag eines Ehegatten gemäß Artikel 17 Abs. 3 Satz 2 EGBGB nach den §§ 6 bis 19 VersAusglG durchgeführt, so ist der Verfahrenswert nach § 50 Abs. 1 FamGKG nicht mit 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten je Anrecht zu bemessen. Denn es handelt sich nicht um Ausgleichsansprüche nach der Scheidung im Sinne des § 50 Abs. 1 FamGKG. Maßgeblich ist, ob es sich um einen Versorgungsausgleich im Zusammenhang mit der Scheidung oder um Ausgleichsansprüche nach der Scheidung handelt. Die Abgrenzung ist dabei nicht danach vorzunehmen, ob über den Versorgungsausgleich gleichzeitig mit der Scheidung oder erst zeitlich danach entschieden wird. Vielmehr knüpft die Regelung des § 50 Abs. 1 FamGKG an die entsprechenden Abschnitte des Versorgungsausgleichsgesetzes an. So ist der Versorgungsausgleich bei der Scheidung in den §§ 6 bis 19 und 28 VersAusglG geregelt. In diesem Fall beträgt die Ausgangsgröße 10 %. Erfolgt der Ausgleich hingegen nach den §§ 20 ff. VersAusglG, kommt der höhere Prozentsatz (also 20 %) in Ansatz (vgl. Klüsener in: Prütting/Helms, FamFG, 3. Aufl. 2014, § 50 FamGKG, Rn. 4; Borth, Versorgungsausgleich, 7. Auflage, Rn. 1405; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., § 50 FamGKG Rn. 5).
Nur die Fälle nach §§ 20 ff. VersAusglG, die nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind, führen zu einer Bemessung mit dem höheren Wert je Anrecht.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Fundstellen
FamRZ 2017, 1083 |
AGS 2017, 418 |
NJW-Spezial 2017, 507 |
NZFam 2017, 718 |