Leitsatz (amtlich)
1. Es besteht kein Vorrang des Güterrechts gegenüber einem Gesamtschuldnerausgleich zwischen Ehegatten. Denn bei richtiger Handhabung der güterrechtlichen Vorschriften vermag der Gesamtschuldnerausgleich das Ergebnis des Zugewinnausgleichs nicht zu verfälschen (Anschluss an: BGH NJW-RR 2010, 1513 - Tz. 14 m.w.Nw.).
2. Ein Gesamtschuldnerausgleich zwischen Ehegatten scheidet regelmäßig aus, soweit der auf die Gesamtschuld leistende Ehegatte diesen Schuldendienst beim Ehegattenunterhalt unterhaltsrechtlich geltend macht.
Gleiches kommt in Betracht, wenn der andere Ehegatte aufgrund der vom Unterhaltspflichtigen erbrachten Rückführung der Gesamtschuld von der Geltendmachung von Unterhalt absieht.
Normenkette
BGB § 426 Abs. 2, §§ 1361, 1375, 1578
Verfahrensgang
AG Daun (Aktenzeichen 2b F 215/21) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Daun vom 04.08.2022 abgeändert und der Antrag der Antragstellerin wird abgewiesen.
2. Die Kosten der Verfahren beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Verfahrenswert wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.582 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind getrennt lebende Eheleute. Zwischen ihnen sind vor dem Familiengericht weitere Verfahren anhängig, nämlich das Scheidungsverfahren nebst Folgesachen Unterhalt und Zugewinn sowie ein Trennungsunterhaltsverfahren.
Vorliegend streiten die Beteiligten um den hälftigen Ausgleich eines zum Trennungszeitpunkt am 25.11.2019 sich auf reichlich 4.082 EUR belaufenden Negativsaldos eines auf den Namen beider lautenden Oder-Kontos. Auf diesem Konto gingen während des Zusammenlebens die beiderseitigen Einkünfte ein und die Eheleute beglichen hiervon sowohl die gemeinsamen als auch ihre jeweils privaten Ausgaben. Unter anderem gingen von diesem Konto die monatlichen Raten von 1.000 EUR für einen von beiden Ehegatten gemeinsam für das im Alleineigentum der Antragstellerin stehende eheliche Anwesen aufgenommenen Kredit ab. Zudem erfolgten regelmäßig Umbuchungen auf ein weiteres Konto der Eheleute, von welchem ebenfalls laufende Ausgaben beglichen wurden. Der Negativsaldo des hier betroffenen, erstgenannten Kontos stieg nach der Trennung weiter an und wurde schließlich im Februar 2021 von der Antragstellerin ausgeglichen.
Das Familiengericht hat den Antragsgegner antragsgemäß zur Zahlung von 2.041 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verpflichtet. Nachdem die Antragstellerin die Bank befriedigt habe, stehe ihr ein Gesamtschuldnerausgleich auf Erstattung des hälftigen Negativsaldos zum Trennungszeitpunkt zu. Über das betroffene Konto sei während des ehelichen Zusammenlebens gemeinsam gewirtschaftet worden, woraus im Innenverhältnis der Beteiligten mangels einer erkennbaren anderweitigen Bestimmung eine jeweils hälftige Berechtigung bzw. Verpflichtung folge. Eine hilfsweise erklärte Aufrechnung des Antragsgegners mit Zugewinnausgleichsansprüchen sei unzulässig, weil eine diesbezügliche Gegenforderung nicht ausreichend bestimmt genug bezeichnet worden sei. Zinsen und vorgerichtliche Anwaltskosten könne die Antragstellerin schließlich unter Verzugsgesichtspunkten erstattet verlangen.
Gegen diese, ihm am 10.08.2022 zugestellte Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner am 07.09.2022 beim Familiengericht eingegangenen und binnen verlängerter Frist gegenüber dem Senat begründeten Beschwerde. Er macht geltend, dass die Ehe bereits vor dem Trennungszeitpunkt gescheitert gewesen sei, weil die Antragstellerin über das Oder-Konto illoyal verfügt und damit das diesem zugrunde liegende Vertrauensverhältnis missbraucht habe. Sie habe die Beträge nicht mehr familiären Zwecken zukommen lassen, sondern vorwiegend für sich allein verwendet, indem sie vom 28.06.2018 bis zum 31.10.2019 Ausgaben in Höhe von 10.740,79 EUR ausschließlich für ihre eigenen Zwecke getätigt habe. Somit hafte die Antragstellerin für den Negativsaldo zum Trennungszeitpunkt im Innenverhältnis allein. Darüber hinaus habe der Antragsgegner aber auch seit dem 25.11.2019 bereits insgesamt 9.200 EUR auf das hier betroffene Konto eingezahlt. Hierbei habe es sich ausweislich der Zweckbestimmung in den Aufforderungsschreiben der vormaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 30.09.2020 und 22.01.2021 jeweils um die Zahlung auf das gemeinsam aufgenommene eheliche Darlehen in Höhe von 500 EUR sowie um weitere 100 EUR für den Ausgleich des überzogenen Kontos gehandelt. Da jedoch nach Scheitern der Ehe im Innenverhältnis der Ehegatte, der von dem kreditfinanzierten Gegenstand profitiere, für den Kredit allein aufzukommen habe, erkläre er mit diesen Beträgen, soweit ab 03.08.2020 geleistet, hilfsweise die Aufrechnung. Schließlich habe das Familiengericht fehlerhaft die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit Zugewinnansprüchen nicht berücksichtigt. Denn das Zugewinnverfahren sei dort unter dem Aktenzeichen 2b F 401/20 mit einem Zahlungsantrag vom 04.10.2021 auf 40.000 EUR anhängig gema...