Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit von Bezugnahmen in eidesstattlichen Versicherungen (selbständiges Beweisverfahren)
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 08.02.2002; Aktenzeichen 12 OH 4/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG vom 8.2.2002 abgeändert und neu gefasst wie folgt:
Es soll Beweis erhoben werden über die Behauptung des Antragstellers, dass
1. über das Verbindungsdach zwischen den Häusern B.-Straße 14 und M.-Straße 5 in K. vom Hause B.-Straße 14 nicht ordnungsgemäß abgeleitetes Wasser laufe und das Wasser in das Erdgeschoss des Hauses M.-Straße 5 eindringe;
2. das eingedrungene Wasser erheblichen Schaden in der Zwischendecke des Anwesens M.-Straße, 5 sowie im Eingangsbereich und im Fensterbereich Feuchtigkeitsschäden verursacht habe;
3. die Beseitigung der Schäden einen Kostenaufwand von mindestens 10.000 Euro verursache.
Die Auswahl und Beauftragung des Sachverständigen sowie die Durchführung der Beweisaufnahme wird dem LG übertragen.
Gründe
Der Antragsteller strebt ein selbständiges Beweisverfahren an, welches u.a. die Feststellung zum Gegenstand haben soll, dass vom Hause seines Nachbarn Wasser so abgeleitet werde, dass es Teile des Hauses des Antragstellers durchfeuchte. Zur Glaubhaftmachung hat er eine von ihm selbst unterschriebene eidesstattliche Versicherung vorgelegt, die folgenden Wortlaut hat:
"Ich habe von dem Schriftsatz meines Rechtsanwalts, Herrn Wolfgang J. Henschel, in Bezug auf das selbständige Beweisverfahren Kenntnis genommen.
Die Richtigkeit des darin vorgetragenen Sachverhalts, insb. die Ausführungen zu den Wasserschäden bzw. nicht ordnungsgemäßer Ableitung des Dachoberflächenwassers erkläre ich durch meine Unterschrift an Eides Statt."
Das LG hat den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens mit der Begründung als unzulässig verworfen, dass die Bezugnahme auf die Antragsschrift in der eidesstattlichen Versicherung zur Glaubhaftmachung gem. § 487 Nr. 4 ZPO nicht ausreiche.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO) und begründet.
Der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens ist zulässig gem. § 485 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3 ZPO. Es ist zu besorgen, dass die Beweismittel infolge der in Aussicht gestellten Abhilfemaßnahmen seitens des Antragsgegners verloren gehen oder die Benutzung der Beweismittel erschwert wird. Außerdem besteht ein rechtliches Interesse an den begehrten Feststellungen, da diese der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen können.
Zuständiges Gericht ist das angerufene LG, da es nach dem Tatsachenvortrag der Antragsteller zur Entscheidung in der Hauptsache berufen wäre (§ 486 Abs. 2 S. 1 ZPO).
Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich aus dem Gegenstandswert des selbständigen Beweisverfahrens, welcher den Betrag von 5.000 Euro übersteigt (§§ 71 Abs. 1, 23 Nr. 1 GVG). Die von den Antragstellern behaupteten Schäden infolge Wasserableitung vom Hause des Antragsgegners begründen einen Schadensersatzanspruch von mehr als 5.000 Euro.
Der behauptete Sachverhalt ist durch eidesstattliche Versicherung des Antragstellers glaubhaft gemacht. Diese genügt den Anforderungen des § 294 ZPO.
Es ist unschädlich, dass der Antragsteller in der von ihm unterzeichneten eidesstattlichen Versicherung vom 30.6.2004 keine eigene Sachverhaltsdarstellung gibt, sondern auf den Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten verweist. Welchen Inhalt eine eidesstattliche Versicherung haben muss, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Maßgeblich ist deshalb allein die Frage, ob die Erklärung ihrem Zweck, nämlich der Glaubhaftmachung der behaupteten Tatsachen, gerecht wird. Der Senat folgt nicht der Auffassung, dass eine Versicherung an Eides Statt, die sich darauf beschränkt, auf einen Schriftsatz oder ein Schriftstück Bezug zu nehmen, zur Glaubhaftmachung in keinem Fall ausreiche. Diese in Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretene Meinung (OLG Karlsruhe, Urt. v. 11.11.1997 - 8 U 106/97, OLGReport Karlsruhe 1998, 95, juris Rspr.; OLG Dresden v. 15.7.1996 - 10 UF 247/96, OLGReport Dresden 1997, 74; OLG Jena v. 10.4.1995 - 7 W 103/95, OLGReport Jena 1995, 94; Prütting in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl., § 294 Rz. 18; Zöller/Greger, ZPO, 24. Aufl., § 294 Rz. 4; Musielak, ZPO, 4. Aufl., § 294 Rz. 4) verweist durchweg auf Entscheidungen des BGH, welche dieser in Wiedereinsetzungsverfahren gefällt hat (BGH, Beschl. v. 13.1.1988 - IVa ZB 13/87, MDR 1988, 479 = NJW 1988, 2045; v. 20.3.1996 - VIII ZB 7/96, MDR 1996, 639 = NJW 1996, 1682). Die in diesen Beschlüssen vertretene Rechtsansicht lässt jedoch eine uneingeschränkte Verallgemeinerung nicht zu.
In dem Beschluss des BGH vom 13.1.1988 - IVa ZB 13/87 (BGH, Beschl. v. 13.1.1988 - IVa ZB 13/87, MDR 1988, 479 = NJW 1988, 2045 f.) wird in Bezug auf die damals vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen ausgeführt: "Beide enthalten keine eigene Sachdarstellung, sondern nehmen - entsprechend einer heute weit verbreiteten Unsitte - auf die Angaben im Wi...