Leitsatz (amtlich)
1. Enthält der Bußgeldbescheid zur Schuldform keine Angaben und ist auch fahrlässiges Handeln mit Geldstrafe bedroht, so kann zumindest fahrlässiges Handeln gemeint sein. Vor der Festsetzung einer Geldbuße wegen vorsätzlichen Handelns ist deshalb ein Hinweis nach § 265 Abs. 1 StPO notwendig, um dem Betroffenen Gelegenheit zur Verteidigung zu geben.
2. Die Hinweispflicht nach § 265 Abs. 1 und 2 StPO besteht auch im Abwesenheitsverfahren, wobei erforderliche Hinweise gemäß § 74 Abs. 1 Satz 3 OWiG dem Verteidiger gegeben werden können. Ist auch dieser abwesend, so muss ihm gleichwohl der Hinweis erteilt werden.
3. Die verjährungsunterbrechende Wirkung eines Bußgeldbescheides bleibt auch nach seiner Rücknahme erhalten, wenn der Bescheid zugestellt worden war.
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Trier vom 21. August 2000 mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an dieselbe Abteilung des Amtsgerichts Trier zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen vorsätzlichen Nichteinhaltens des Sicherheitsabstandes in Tateinheit mit fahrlässigem Überschreiten der außerorts zugelassenen Höchstgeschwindigkeit nach §§ 4 Abs. 1, 41 Abs. 2 Nr. 7, 49 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 4 StVO, 24 StVG, 19 OWiG und BKatV Nr. 5 und 6 zu einer Geldbuße von 400 DM verurteilt. Außerdem wurde ein einmonatiges Fahrverbot angeordnet.
Den Feststellungen zufolge befuhr der Betroffene am 12. August 1999 zwischen 18. 13 Uhr und 18. 24 Uhr mit seinem PKW die A 48 in der Gemarkung Bekond in Fahrtrichtung Koblenz, wobei er die dort zugelassene Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 46 km/h überschritt. Auf einer Strecke von mindestens 100 m fuhr er bei einer Geschwindigkeit von 146 km/h auf der linken Fahrspur mit einem Abstand zwischen 6, 49 bis 8 m hinter einem im Überholvorgang begriffenen PKW her.
Die nach der Bußgeldkatalogverordnung bei einem Unterschreiten des Abstandes zum vorausfahrenden Fahrzeug von mehr als 1/10 des halben Tachowertes und einer Geschwindigkeit von mehr als 130 km/h vorgesehene Regelgeldbuße von 300 DM hat das Amtsgericht unter Berücksichtigung vorsätzlichen Handelns des Betroffenen und sieben in den Urteilsgründen dargelegten Voreintragungen im Verkehrszentralregister erhöht. Die letzte Eintragung betrifft einen Bußgeldbescheid vom 2. Dezember 1997, der am 12. August 1998 rechtskräftig wurde.
Gegen das Urteil wendet sich der Betrofene mit seiner form- und fristgerecht erhobenen Rechtsbeschwerde. Er rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
II.
Das Rechtsmittel hat einen zumindest vorläufigen Erfolg. Die Rechtsbeschwerde ist bereits aufgrund der Verfahrensrüge (Verletzung des § 265 Abs. 1 StPO) begründet. Im Übrigen greift auch die Sachrüge durch.
1.
Entgegen der von der Verteidigung vor der tatrichterlichen Hauptverhandlung geäußerten Auffassung besteht allerdings kein Verfahrenshindernis. Verfolgungsverjährung ist nicht eingetreten. Zwar hat die Kreisverwaltung Trier-Saarburg den ursprünglich wegen der verfahrensgegenständlichen Tat gegen den Betroffenen ergangenen Bußgeldbescheid vom 10. November 1999, zugestellt am 12. November 1999, nach Einspruch wegen fehlender Angabe der Uhrzeit, zu der sich die Tat ereignet haben soll, am 28. März 2000 zurückgenommen und einen um die zunächst fehlende Angabe ergänzten, im Übrigen inhaltsgleichen Bußgeldbescheid erlassen, der dem Betroffenen am 29. März 2000 zugestellt worden ist. Die Verteidigung weist zwar zutreffend darauf hin, dass nur ein wirksamer Bußgeldbescheid die Verfolgungsverjährung unterbrechen kann. Der Bußgeldbescheid vom 10. November 1999 war aber, wie das Amtsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht unwirksam, da das dem Betroffenen angelastete Tatgeschehen auch ohne die Angabe der Uhrzeit ausreichend begrenzt war. Der Betroffene wurde unmittelbar nach der ihm angelasteten Tat gestellt, so dass Verwechslungen ausgeschlossen sind. Im Übrigen kann zur Behebung einer etwaigen mangelnden Konkretisierung der Tat auf das Ermittlungsergebnis zurückgegriffen werden (vgl. Göhler, OWiG, 12. Aufl. , § 66 Rdnr. 39 a m. w. N. ; OLG Koblenz, MDR 76, 1043). Die verjährungsunterbrechende Wirkung eines Bußgeldbescheides bleibt auch nach seiner Rücknahme erhalten, wenn der Bescheid, wie im vorliegenden Fall geschehen, zugestellt worden war (Göhler a. a. 0. § 33 Rdnr. 35 m. w. N. ). Durch den Bußgeldbescheid vom 10. November 1999 war daher die Verjährung gemäß § 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG unterbrochen worden. Seit seinem Erlass betrug die Verjährungsfrist gemäß § 26 Abs. 3 StVG nicht mehr nur drei, sondern sechs Monate.
2.
Die in zulässiger Weise erhobene Rüge der Verletzung der Hinweispflicht nach § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 265 Abs. 1 StPO hat Erfolg. Der Betroffene ist ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls und des übrigen Akteninhalts nicht darauf hingewiesen worden, dass er statt ...