Leitsatz (amtlich)
Der Verweisungsbeschluss nach § 281 ZPO ist nicht mit der sofortigen Beschwerde angreifbar, selbst wenn der erforderliche Verweisungsantrag des Klägers fehlt. Die Frage der Bindungswirkung ist vom aufnehmenden Gericht zu beurteilen.
(Zu § 215 VVG n.F. vgl. i.Ü. OLG Koblenz v. 10.5.2011 - 10 W 772/09 -, VersR 2010, 1356)
Verfahrensgang
LG Mainz (Beschluss vom 20.01.2012; Aktenzeichen 4 O 42/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des LG Mainz vom 20.1.2012 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 249.826,44 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen die Beklagte vor dem LG Mainz Ansprüche aus einem privaten Unfallversicherungsvertrag geltend.
Das LG hat den Kläger mit Beschluss vom 20.9.2011 darauf hingewiesen, dass Bedenken hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des LG bestünden, da der besondere Gerichtsstand nach § 215 VVG vorliegend nicht gelten dürfte. Soweit der Kläger die örtliche Zuständigkeit auf § 48 VVG a.F. stütze, habe der Kläger insbesondere nicht belegt, dass der Versicherungsvertrag über die Agentur des A in O abgeschlossen worden sei. Mit Schriftsatz vom 27.9.2011 hat der Kläger hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das LG Darmstadt beantragt. Mit Verfügung vom 1.12.2011 hat das LG Termin zur mündlichen Verhandlung über den Zwischenstreit hinsichtlich der örtlichen Zuständigkeit des LG Mainz bestimmt und zu dem Termin im Wege der prozessleitenden Verfügung gem. § 273 ZPO die Ladung des Zeugen A verfügt. Nach Einzahlung des Auslagenvorschusses teilte die Kammer mit Verfügung vom 22.12.2011 der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit, dass der Zeuge A unter der angegebenen Adresse nicht geladen werden konnte.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 4.1.2012 hat das LG sich sodann für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit "von Amts wegen" an "das zuständige AG Aachen" verwiesen. Mit Beschluss vom 20.1.2012 wurde der Beschluss vom 4.1.2012 im Tenor wegen eines offensichtlichen Diktat- oder Schreibversehens dahin berichtigt, dass der Rechtsstreit von Amts wegen an das zuständige LG Aachen verwiesen wird.
Gegen diesen Beschluss hat der Kläger Beschwerde eingelegt und vorgetragen, die ladungsfähige Adresse des Zeugen A sei mit Schriftsatz vom 10.1.2012 übermittelt worden. Der Verweisungsbeschluss sei ohne vorherige Anhörung des Klägers ergangen. Darüber hinaus sei nicht beantragt worden, den Rechtsstreit an das LG Aachen zu verweisen. Es sei lediglich hilfsweise der Antrag auf Verweisung an das LG Darmstadt gestellt worden.
Das LG hat der sofortigen Beschwerde des Klägers nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gegen den Beschluss des LG Mainz vom 4.1.2012 i.V.m. dem Beschluss vom 20.1.2012 eingelegte sofortige Beschwerde ist nicht statthaft. Der Beschluss ist - unabhängig von seiner Bindungswirkung im Übrigen - unanfechtbar, § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
Auch unter dem Gesichtspunkt einer behaupteten "greifbaren Gesetzeswidrigkeit" ist im vorliegenden Fall ein Rechtsbehelf nicht gegeben, da eine "außerordentliche Beschwerde", nach der ZPO-Reform von 2001 sowohl vom BGH (BGHZ 150, 133) als auch vom BVerfG (NJW 2003, 1924) für unzulässig erklärt wurde, weil die Zulassung von "außerordentlichen", nicht kodifizierten Rechtsbehelfen dem verfassungsrechtlichen Gebot der Rechtsmittelklarheit widerspricht (so auch Senat, OLGR 2004 S 69, Beschl. v. 20.7.2005 - 10 W 461/05 - und v. 13.2.2006 - 10 W 64/06 -, st. Rspr).
Die Verweisung ist auch trotz Fehlens des erforderlichen Antrags des Klägers wie insgesamt auch bei einem Verfahrensverstoß, selbst bei offensichtlicher Willkür und Versagung rechtlichen Gehörs, unanfechtbar (Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 281 Rz. 14). Ob danach allerdings in bestimmten Fällen ausnahmsweise keine Bindungswirkung vorliegt, ist nicht im Wege der Beschwerde, sondern durch das aufnehmende Gericht zu prüfen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen