Entscheidungsstichwort (Thema)

Kosten eines Mahnanwalts am dritten Ort

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Mahnanwaltsgebühr ist auch dann erstattungsfähig, wenn der Mahnbescheid von einem Anwalt beantragt wurde, der seine Kanzlei weder am Sitz des späteren Prozeßgerichts noch am Sitz des für den allgemeinen Gerichtsstand der Klägerin zuständigen Mahngerichts hatte (Mahnanwalt am dritten Ort).

 

Normenkette

BRAGO §§ 23, 43 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 11 O 23/89)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluß des Landgerichts Koblenz vom 30. Mai 1989 teilweise abgeändert wie folgt:

Die von dem Beklagten an die Klägerin weiter zu erstattenden Kosten werden auf 736,44 DM nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 11. Mai 1989 festgesetzt.

Im übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: 1846,80 DM) tragen die Klägerin 60/100, der Beklagte 40/100.

Die gerichtlichen Kosten der erfolglosen Beschwerde (Wert: 1110,36 DM) trägt die Klägerin.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist nur teilweise begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung einer Mahnanwaltsgebühr zuzüglich AusIagenpauschale und Mehrwertsteuer in Höhe von 736,44 DM.

Bei einem Anwaltswechsel nach Übergang vom Mahnverfahren in das normale Klageverfahren sind die Kosten des Mahnanwalts nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dann als notwendige Prozeßkosten erstattungsfähig, wenn mit einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid nicht zu rechnen war. Entgegen der Meinung des Landgerichts war dies hier der Fall. Nach dem unbestritten gebliebenen Sachvortrag der Klägerin hatte der Beklagte am 5. Februar 1988 auf den ungedeckten Scheck einen Teilbetrag von 3.000 DM bezahlt. Ferner hatte er am 12. April 1988 den Restbetrag ausdrücklich anerkannt und sich verpflichtet, die bestehende Schuld innerhalb von zwei Monaten zu begleichen. Bei dieser Sachlage brauchte die Klägerin mit einem Widerspruch nicht zu rechnen. Vielmehr konnte sie davon ausgehen, daß der Beklagte gerade auch wegen des zusätzlich gegen ihn verhängten Spielverbotes den Mahnbescheid hinnehmen und den Restbetrag zahlen werde.

Der Erstattungsfähigkeit der Mahnanwaltsgebühr steht nicht entgegen, daß der Mahnbescheid von einem Anwalt beantragt wurde, der seine Kanzlei weder am Sitz des späteren Prozeßgerichts noch am Sitz des für den allgemeinen Gerichtsstand der Klägerin zuständigen Mahngerichts hatte (Mahnanwalt am dritten Ort). Da mit Widerspruch nicht zu rechnen war und durch die Beauftragung eines Mahnanwalts am dritten Ort im Mahnverfahren keine höheren Gebühren anfielen als bei der Beauftragung eines Anwalts am allgemeinen Gerichtsstand der Klägerin oder am Sitz des Prozeßgerichts bestehen keine Bedenken gegen die Erstattungsfähigkeit der Gebühren. Das entspricht auch der Auffassung der herrschenden Meinung, der sich der Senat anschließt (vgl. hierzu LG Berlin, JurBüro 1985, 129 mit umfassender Darstellung des Meinungsstandes; Göttlich-Mümmler, BRAGO 16. Aufl., Stichwort: Mahnverfahren, Anm. 5.13; Gerold-Schmidt u.a. BRAGO, 10. Auflage, § 43 Rdnr. 21). Soweit in diesem Zusammenhang von der Mindermeinung darauf hingewiesen wird, daß der Antragsteller ebensogut einen am Sitz des Prozeßgerichts ansässigen Anwalt hätte beauftragen und einen Anwaltswechsel damit hätte vermeiden können, wird verkannt, daß hierzu kein Anlaß bestand, weil mit Widerspruch nicht zu rechnen war.

Nicht erstattungsfähig sind dagegen die weiter geltend gemachten Gebühren nach § 43 Abs. 1 Nr. 3 und § 23 BRAGO.

Der Bevollmächtigte im Mahnverfahren hatte keinen Anlaß, am 11. Januar 1989 einen Antrag auf Erlaß eines Vollstreckungsbescheides zu stellen, da der Beklagte mit Schriftsatz vom 2. November 1988 gegen den Mahnbescheid Widerspruch eingelegt und die Klägerin durch Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 11. November 1988 bereits die Verweisung an das Landgericht Koblenz beantragt hatte.

Ein Anspruch auf eine Vergleichsgebühr besteht gleichfalls nicht. Es ist nicht ersichtlich, daß bei dem Vergleichsabschluß eine Mitwirkung des Berliner Bevollmächtigten der Klägerin geboten war. Vielmehr hätte es völlig ausgereicht, wenn die Klägerin den Vergleichsvorschlag mit ihrem Koblenzer Bevollmächtigten telefonisch durchgesprochen hätte.

Fiktive Reisekosten kann die Klägerin schon deshalb nicht geltend machen, weil angesichts der unkomplizierten Materie sie ihrem Koblenzer Prozeßbevollmächtigten ausschließlich schriftlich oder telefonisch hätte informieren können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI610160

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