Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Vorteile kommen bei Unterhaltsstreitigkeiten allein der bestehenden Ehe zugute
Leitsatz (amtlich)
Der Grundsatz, dass steuerliche Vorteile allein der bestehenden Ehe zugute kommen (BVerfG NJW 2003, 3466 = FamRZ 2003, 1821), gilt auch, soweit es um einen Unterhaltsanspruch der Mutter aus § 1615 Buchst. l BGB geht.
Verfahrensgang
AG Koblenz (Beschluss vom 07.11.2003; Aktenzeichen 20 F 333/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des AG - FamG - Koblenz - vom 7.11.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beklagte ist verheiratet und lebt zusammen mit einem Kind aus der Ehe, K., geboren am 5.7.1988 in Z., im gemeinsamen Hausanwesen der Eheleute. Er ist als Soldat in B. beschäftigt. Die Klägerin, die als Krankenschwester beschäftigt war und ein monatliches Nettoeinkommen von 1.782 DM hatte, brachte am 28.2.2002 ein Kind, N., zur Welt, das vom Beklagten abstammt und für das dieser die Vaterschaft anerkannt hat.
Die Klägerin macht als nichteheliche Mutter Unterhalt ab Januar 2003 geltend i.H.v. 598 Euro monatlich und begehrt hierfür die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Durch den angefochtenen Beschluss wies das AG den Prozesskostenhilfeantrag zurück mit der Begründung, der Beklagte sei nicht leistungsfähig. Hierzu führte es u.a. unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BVerfG aus, beim Beklagten sei nicht dessen tatsächlich nach Steuerklasse 3 erzieltes Nettoeinkommen zugrunde zu legen, sondern fiktiv ein solches nach Steuerklasse 1, weil der Steuervorteil nach der gesetzgeberischen Wertung alleine der Familie zukomme.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie geltend macht, die Wertungen der verfassungsgerichtlichen Entscheidung seien nicht auf die vorliegende Konstellation zu übertragen. Zudem habe das AG überhöhte Fahrtkosten abgesetzt. Überdies sei auch lediglich der notwendige Selbstbehalt in Ansatz zu bringen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Ehefrau des Beklagten zum Familienunterhalt beitrage.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Zutreffend ist der Ausgangspunkt des AG, welches das Einkommen des Beklagten fiktiv nach Steuerklasse 4 berechnet hat. Nach der Entscheidung des BVerfG vom 7.10.2003 (BVerfG v. 7.10.2003 - 1 BvR 246/93, NJW 2003, 3466) kommt der Steuervorteil nach § 32a EStG aufgrund der im Hinblick auf Art. 6 GG getroffenen Wertentscheidung des Gesetzgebers allein den Ehegatten zu, die nicht voneinander getrennt leben. "Steuerliche Vorteile, die in Konkretisierung des Schutzauftrags aus Art. 6 Abs. 1 GG gesetzlich allein der bestehenden Ehe eingeräumt sind, dürfen ihr durch die Gerichte nicht wieder entzogen und an die geschiedene Ehe weitergegeben werden." Es ist zwar zutreffend, dass sich die tragenden Gründe der Entscheidung des BVerfG damit befassen, dass § 1578 BGB im Lichte dieser gesetzgeberischen Intention auszulegen sei, also ein Vorteil, der erst in der neuen Ehe und durch diese entstehe, die alte Ehe nicht geprägt haben könne. Es ist weiter zutreffend, dass sich der Bedarf der Klägerin allein nach ihrem (früheren) Lebenszuschnitt bestimmt, insofern mit den gegenwärtigen Verhältnissen des Beklagten nichts zu tun hat und es alleine auf dessen Leistungsfähigkeit ankommt. Gleichwohl ergibt sich jedoch aus der Entscheidung die unbedingte Wertung, dass der für die (neue) Familie bestimmte Steuervorteil dieser auch zu belassen ist. Dies kann nicht eingeschränkt werden auf Fallkonstellationen, in denen es um Unterhaltsansprüche geschiedener Ehegatten geht, auch wenn das BVerfG sich in der konkreten Entscheidung mit ebensolchen Konstellationen zu befassen hatte und deshalb die Gründe wesentlich die Abgrenzung "neue" - "geschiedene" Ehe und "Splitting"- "begrenztes Realsplitting" betreffen. Grundlage ist jedoch die aus Art. 6 GG resultierende, steuerliche Besserstellung der bestehenden Ehe. Und diese besteht auch ggü. anderen Unterhaltsansprüchen als denjenigen der geschiedenen Ehefrau. Aus diesem Grunde ist der ehebedingte Steuervorteil im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit dem Beklagten zuzuordnen.
2. Dem Beklagten ist der angemessene Selbstbehalt zu belassen. Grundsätzlich ist nach § 1603 Abs. 1 BGB nur derjenige unterhaltspflichtig, der ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehaltes zur Leistung im Stande ist. Lediglich bei minderjährigen Kindern ist es im Hinblick auf die in § 1603 Abs. 2 S. 1 BGB geregelte verschärfte Unterhaltspflicht gerechtfertigt, dem Pflichtigen nur den notwendigen Selbstbehalt, also das Existenzminimum, zu belassen. Bei Ehegatten, sofern sie mit minderjährigen Kindern zusammentreffen, gilt dies ebenfalls wegen des in § 1609 Abs. 2, BGB geregelten Gleichrangs mit minderjährigen Kindern. Aus § 1615 Buchst. l Abs. 3 S. 3 BGB ergibt sich, dass die Ehefrau und unverheiratete minderjährige Kinder des Vaters der Mutter im Range vorgehen. Insofern ist es auch nicht gerechtfertigt, bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit lediglich den notwendigen Selbstbehalt anzuset...