Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsberechnung und Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
Ist bei einem volljährigen Kind, das bei einem Elternteil wohnt, nur der andere Elternteil barunterhaltspflichtig, weil das Einkommen des Wohnung gewährenden Elternteils unter dem Selbstbehalt liegt, so ist das Kindergeld in entspr. Anwendung von § 1612b Abs. 3 BGB in voller Höhe auf den Barunterhalt anzurechnen.
Verfahrensgang
AG Mayen (Beschluss vom 17.04.2003; Aktenzeichen 8 F 119/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des AG – FamG – Mayen vom 17.4.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das AG dem Beklagten nur Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er sich gegen die von dem Kläger begehrte Herabsetzung des mit Urteil des AG Mayen vom 4.4.2002, Az.: 8 F 613/01, i.H.v. monatlich 194 Euro titulierten Kindesunterhalts auf weniger als monatlich 38 Euro verteidigt; i.Ü. hat es den Antrag des Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Die in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstandende sofortige Beschwerde des Beklagten, mit der er sich gegen den angefochtenen Beschluss wendet, soweit die Prozesskostenhilfe versagt wurde, hatte in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger ist nach §§ 1601, 1602 BGB verpflichtet, dem Beklagten Kindesunterhalt zu gewähren. Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich gem. § 1610 BGB nach der Lebensstellung des Bedürftigen. Da Kinder, solange sie – wie der Beklagte – zwar volljährig sind, aber sich noch in Ausbildung befinden und im Haushalt eines Elternteils wohnen, keine eigene Lebensstellung haben, richtet sich ihr Unterhaltsbedarf grundsätzlich nach den Lebensverhältnissen der Eltern. Zutreffend ist das AG davon ausgegangen, dass für die Ermittlung des Bedarfs des Beklagten allein von dem Einkommen des Klägers auszugehen ist. Zwar ist für die Bedarfsbemessung des volljährigen Kindes in der Berufsausbildung, das noch im Haushalt eines Elternteils lebt – wie vorliegend der Beklagte im Haushalt seiner Mutter –, grundsätzlich das Einkommen beider Elternteile maßgebend. Liegt jedoch das Einkommen des einen Elternteils unter dem Selbstbehalt, ist allein auf das Einkommen des leistungsfähigen Elternteils abzustellen (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl., § 1610 Rz. 5; OLG Schleswig FamRZ 2000, 1245 [1246]; OLG Braunschweig v. 9.5.2000 – 2 UF 9/00, FamRZ 2000, 1246; OLG Celle v. 2.5.2000 – 17 UF 236/99, OLGReport Celle 2000, 281 = FamRZ 2001, 47 [48]; OLG Brandenburg v. 17.12.2001 – 9 WF 186/01, FamRZ 2002, 1216 [1217]). Da das um die berufsbedingten Aufwendungen verminderte monatliche Nettoeinkommen der Mutter des Beklagten unstr. 984,20 Euro beträgt und damit unterhalb des ihr zu belassenden Selbstbehalts von 1.000 Euro (vgl. A Nr. 5 der Düsseldorfer Tabelle, Stand: 1.1.2002) liegt, ist allein das Einkommen des Klägers maßgebend.
Dieses beträgt nach dem derzeitigen Vorbringen der Parteien ausweislich der Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers des Klägers für das Jahr 2002 netto 22.533,07 Euro, was einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen von 1.877,76 Euro entspricht. Abzüglich 5 % berufsbedingter Aufwendungen (93,89 Euro) verbleibt ein zu berücksichtigendes Einkommen des Klägers i.H.v. 1.783,87 Euro. Damit ist der Kläger in die Einkommensgruppe 4 der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1.1.2002) einzuordnen. Im Hinblick darauf, dass er jedoch lediglich einem Kind und seiner zweiten Ehefrau unterhaltsverpflichtet ist, erfolgt eine Höhergruppierung um eine Stufe, somit in die Einkommensgruppe 5. Damit ist von einem Bedarf des Beklagten nach der 4. Altersstufe i.H.v. 399 Euro auszugehen.
Hierauf ist die von dem Beklagten erzielte Ausbildungsvergütung i.H.v. unstr. 359,76 Euro abzgl. einer ausbildungsbedingten Aufwendungspauschale i.H.v. 85 Euro, mithin i.H.v. 274,76 Euro in voller Höhe anzurechnen (vgl. Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rspr. zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl., Rz. 481; Wendl/Staudigl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 2 Rz. 352, 354; OLG Koblenz v. 4.12.1985 – 13 WF 1338/85, FamRZ 1986, 384; Gerhardt/Heintschel/Heinegg/Klein, Handbuch des Fachanwalts Familienrecht, 4. Aufl. 2002, Kap. 6, Rz. 167). Der Umstand, dass das Ausbildungsverhältnis des Beklagten zum 31.7.2003 endet, vermag nicht zu einer anderen Beurteilung zu führen, insb. ist der Beklagte dadurch nicht mit einem minderjährigen Kind gleichzustellen. Vielmehr ist der Beklagte nach Beendigung seiner Ausbildung sogar gehalten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen (vgl. Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl., § 1602 Rz. 8, 12).
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das AG auch das von der Mutter des Beklagten bezogene Kindergeld zutreffend in voller Höhe von 154 Euro auf den Unterhaltsanspruch des Beklagten angerechnet. Bis zur Volljährigkeit eines Kindes ist das Kindergeld gem. § 1612b Abs. 1 BGB grundsätzlich zur Hälfte anzurechnen, mit Eintritt der Volljährigkeit jedoch in voller Höhe. Zwa...