Leitsatz (amtlich)
Das Einverständnis der Parteien mit der gerichtlichen Streitwertfestsetzung führt grundsätzlich nicht zum Verlust des Beschwerderechts.
Seit der Neufassung von § 42 GKG durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz 2013 unterliegt die Wertfestsetzung für auf wiederkehrende Leistungen gerichtete Ansprüche, die aus der Verletzung oder Tötung eines Menschen resultieren, hinsichtlich des Gebührenstreitwerts der Auffangregelung des § 9 ZPO.
Normenkette
GKG § 68; ZPO § 9
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 04.01.2016; Aktenzeichen 1 O 323/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird die Streitwertfestsetzung der 1. Zivilkammer des LG Koblenz im Beschluss vom 4.1.2016 abgeändert und der Gegenstandswert auf 1.262.419,20 EUR festgesetzt.
Gründe
1. Die Beschwerde ist nach § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin eingelegte Beschwerde ist ausdrücklich als solche "im Namen der Klägerin" bezeichnet und daher aufgrund ihrer Zielrichtung auf Herabsetzung des Streitwertes eröffnet. Der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes gemäß § 567 Abs. 2 ZPO ist erreicht, da die begehrte Herabsetzung die Kostenbelastung der Klägerin um mehr als 200 EUR vermindern würde.
Ein Rechtsmittelverzicht bzw. ein sonstiger Wegfall der Beschwerdeberechtigung der Klägerin kommen nicht in Betracht. Eine Verzichtserklärung der Klägerin ist nicht ersichtlich. Sie kann auch nicht dem von den Beklagten angeführten gerichtlichen und außergerichtlichen Verhalten der Klägerin bzw. ihres Prozessbevollmächtigten entnommen werden. Abgesehen davon, dass die Klägerin keine ausdrückliche Zustimmung zur vom LG beabsichtigten Wertfestsetzung erklärt hat, sondern ihr hierzu lediglich rechtliches Gehör gewährt wurde, führt ein Einverständnis mit der Festsetzung grundsätzlich nicht zum Verlust des Beschwerderechts (vgl. für die hiesige Konstellation insbesondere OLG Frankfurt NJW 2013, 3381; s. ferner OLG Karlsruhe, MDR 2010, 404; Schneider, in: Schneider/Herget, Streitwert-Kommentar, 14. Auflage 2014, Rn. 247 ff.; Meyer, GKG/FamGKG, 15. Auflage 2015, § 68 GKG, Rn. 10).
2. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Wertfestsetzung für die mit dem Klageantrag begehrte Verurteilung zu einer monatlich zu erbringenden Schadensersatzrente richtet sich nach § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG i.V.m. § 9 ZPO.
Seit der Neufassung von § 42 GKG durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz aus dem Jahr 2013 unterliegt die Wertfestsetzung für auf wiederkehrende Leistungen gerichtete Ansprüche, die aus der Verletzung oder Tötung eines Menschen resultieren, hinsichtlich des Gebührenstreitwerts wegen des Wegfalls der früheren Bestimmung in § 42 Abs. 1 GKG a.F. nicht mehr der Spezialregelung in § 42 GKG (vgl. nur Dörndorfer, in: Binz/Dörndorfer, GKG - FamGKG - JVEG, 3. Auflage 2014, § 42 GKG, Rn. 1; Meyer, a.a.O., § 42 GKG, Rn. 1 und 3; Zöller/Herget, ZPO, 31. Auflage 2016, § 9 ZPO, Rn. 6). Vielmehr gilt die Auffangregelung des § 9 ZPO. Der danach maßgebende dreieinhalbfache Jahreswert der begehrten Monatsrente von 30,057,60 EUR entspricht dem nunmehr festgesetzten Betrag.
3. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 9708642 |
AGS 2017, 83 |