Leitsatz (amtlich)

1. Die schriftliche Mitteilung über die Niederlegung eines zuzustellenden Schriftstücks ist in der bei gewöhnlichen Briefen üblichen Weise abzugeben oder wenn dies nicht möglich ist, an der Tür der Wohnung anzuheften. Es genügt aber auch, dass der Postzusteller die Benachrichtigung über die Niederlegung unter der Tür durchschiebt, wenn damit sichergestellt ist, dass der Empfänger Kenntnis von der Niederlegung des Schriftstücks erhalten kann.

2. Dem steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung eine Ersatzzustellung durch Niederlegung der Postzustellungsurkunde bei der zuständigen Postagentur dann nicht wirksam sein soll, wenn der Benachrichtigungszettel bei einem Haus ohne Briefkasten in den Türspalt eingeklemmt wird und nicht - etwa durch Klebeband oder Reißzwecke - an der Wohnungstüre befestigt worden ist (so Hessischer VGH, Urt. v. 16.2.1989 - 4 WE 1460/86, NJW 1990, 150 f.; BFH, Urt. v. 22.7.1980 - VIII R 160/78, BB 1981, 230). Denn bei einem seitlichen Einschieben des Benachrichtigungszettels in den Türspalt besteht die Gefahr, dass geringfügige Bewegungen genügen, um ein seitlich eingeschobenes dünnes Blatt Papier herausfallen zu lassen.

 

Normenkette

ZPO §§ 181, 233, 341, 719 Abs. 1, § 707 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 04.02.2013; Aktenzeichen 1 O 594/12)

 

Tenor

Der Antrag, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil der 1. Zivilkammer des LG Koblenz - Einzelrichter - vom 4.2.2013 gegen Sicherheitsleistung einzustellen, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Bei der Klägerin handelt es sich um ein Transportunternehmen, der Beklagte betreibt als Kraftfahrzeugmeister eine gewerbliche Werkstatt. Die Klägerin beauftragte den Beklagten mit der Durchführung einer Reparatur eines Motorschadens an einem Lkw. Der Beklagte führte die Reparatur erfolgreich durch. Im Rahmen der Reparaturarbeiten wurde eine Kurbelwelle ersetzt. Der Beklagte gewährte ausweislich der Rechnung vom 7.3.2011 (Anlage K 1, GA 8) auf die Instandsetzungsarbeiten 1 Jahr Garantie. Am 2.8.2011 trat ein weiterer Schaden an dem Motor dergestalt auf, das die Kurbelwelle durchbrach. In der Folge stritten die Parteien darüber, ob der neu eingetretene Schaden vom Garantieumfang erfasst war. Die Klägerin ließ das Fahrzeug durch die Firma E ... GmbH reparieren und hat den Beklagten auf Ersatz der Reparaturkosten i.H.v. 5.042,01 EUR sowie Mietwagenkosten i.H.v. 7.847,28 EUR und 3.309,74 EUR in Anspruch genommen.

Das LG hat am 4.2.2013 ein Versäumnisurteil (GA 25 f.) erlassen und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 16.199,35 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 19.1.2013 zu zahlen. Darüber hinaus ist der Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin den ausgebauten Motorblock sowie die ausgebaute Kurbelwelle herauszugeben. Es ist festgestellt worden, dass sich der Beklagte mit der Herausgabe seit dem 21.11.2012 in Verzug befindet. Das Versäumnisurteil ist dem Beklagten ausweislich Zustellungsurkunde am 6.2.2013 (GA 28 RS) durch Niederlegung bei der Postagentur Schreibwaren Wagner zugestellt worden. Eine entsprechende Mitteilung über die Niederlegung an den Beklagten erfolgte mangels Briefkastens im Wege des unter die Türschwelle durchgeschobenen Benachrichtigungszettels (GA 28 RS Postzustellungsurkunde). Mit am 18.3.2013 (GA 34 ff.) beim LG eingegangenem Schriftsatz hat der Beklagte gegen das Versäumnisurteil Einspruch eingelegt und beantragt, ihm wegen der Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das LG hat am 18.3.2013 ohne mündliche Verhandlung mit am 21.3.2013 dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zugestellten Urteil (GA 44 ff.) den Einspruch gegen das Versäumnisurteil als unzulässig verworfen und in den Gründen ausgeführt, dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden könne, weil der Beklagte die Einspruchsfrist schuldhaft versäumt habe.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Er erstrebt unter Abänderung des angefochtenen Urteils und Aufhebung des Versäumnisurteils die Klage abzuweisen und ihm wegen Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, hilfsweise unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und des Verfahrens den Rechtsstreit an das erstinstanzliche Gericht zurückzuverweisen.

Der Senat hat hier zunächst über den Antrag zu entscheiden, die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des LG vom 4.2.2013 gegen Sicherheitsleistung einzustellen.

II. Der Antrag auf Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil des LG ist nicht begründet.

Gemäß § 719 Abs. 1 i.V.m. § 707 Abs. 1 ZPO kann das Berufungsgericht auf Antrag anordnen, dass die Zwangsvollstreckung aus einem erstinstanzlichen Urteil gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt wird oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfindet und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben sind, wobei dies gegenüber einem ...

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