Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Wiedereinsetzung gegen Versäumung der Klageerwiderungsfrist nach Vollstreckungsbescheid
Tenor
In dem Rechtsstreit ... weist der 5. Zivilsenat des OLG Koblenz den Beklagten darauf hin, dass beabsichtigt ist, seine Berufung durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen (§ 522 Abs. 2 ZPO).
Gründe
Der Senat ist überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat.
I. Dem Beklagten wurde am 25.9.2009 ein Vollstreckungsbescheid des AG Aschersleben zugestellt. Dagegen legte er am 9.10.2009 (fristgemäß) Einspruch ein.
Im streitigen Verfahren wurde dem Beklagten am 21.11.2009 die Anspruchsbegründung mit der gerichtlichen Aufforderung zugestellt, binnen zwei Wochen zu erwidern (Bl. 29 GA).
Im Gerichtstermin am 22.1.2010 erschien der Beklagte mit seiner Prozessbevollmächtigten, die einen vom selben Tag datierenden Schriftsatz überreichte, mit dem sie um Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der "Notfrist zur Verteidigungsanzeige" bat (Bl. 39/40 GA). Krankheitsbedingt sei der Beklagte erst am 21.1.2010 in der Lage gewesen, für seine anwaltliche Vertretung zu sorgen. Einen Sachantrag stellte die Prozessbevollmächtigte des Beklagten nicht.
Durch das nunmehr angefochtene zweite Versäumnisurteil hat das LG den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid verworfen und eine Wiedereinsetzung abgelehnt, weil es sich bei der versäumten Klageerwiderungsfrist nicht um eine Notfrist handele.
II. Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage, hilfsweise bittet er um Aussetzung des Berufungsverfahrens im Hinblick auf ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Mainz. Er meint, seinem Wiedereinsetzungsantrag habe das LG stattgeben müssen.
III. Damit kann die Berufung nicht durchdringen.
Das LG hat seine Entscheidung zu Recht als zweites Versäumnisurteil bezeichnet. Der Vollstreckungsbescheid des AG Aschersleben steht einem für vorläufig vollstreckbar erklärten (ersten) Versäumnisurteil gleich. Das ergibt sich aus § 700 Abs. 1 ZPO. Der rechtzeitige Einspruch des Beklagten hatte die Rechtsfolgen des § 700 Abs. 3 ZPO.
Nach Eingang der Anspruchsbegründung musste wie nach Eingang einer Klage weiter verfahren werden (§ 700 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Da § 700 Abs. 4 Satz 2 ZPO ausdrücklich bestimmt, dass § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht anzuwenden ist, schied die Bestimmung einer zweiwöchigen Notfrist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft aus.
Der in der mündlichen Verhandlung vom 22.1.2010 formulierte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Notfrist zur Verteidigungsanzeige ging daher in's Leere.
Soweit darin ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der nach § 275 Abs. 1 ZPO bestimmten Klageerwiderungsfrist zu sehen ist, musste dieser Antrag abgelehnt werden, weil die Frist des § 275 Abs. 1 ZPO nicht unter die in § 233 ZPO bestimmten Fristen fällt.
Das LG hatte in seiner mündlichen Verhandlung auch nicht zu prüfen, ob der unzulässige Wiedereinsetzungsantrag als Verspätungsentschuldigung i.S.v. § 296 Abs. 1 ZPO ausgelegt werden musste, weil es sich bei dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht um ein Verteidigungsmittel handelt.
Nach alledem war lediglich zu prüfen, ob die nach § 275 Abs. 1 Satz 1 ZPO bestimmte Klageerwiderungsfrist deshalb nicht wirksam in Lauf gesetzt worden war, weil der Beklagte bei Zustellung des gerichtlichen Aufforderungsschreibens psychisch erkrankt war. Dem hätte gegebenenfalls durch einen Vertagungsantrag oder eine Vertagung von Amts wegen begegnet werden können (§ 227 Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Einen Vertagungsantrag hat die Prozessbevollmächtigte des Beklagten indes nicht gestellt. Was sich ihr und dem persönlich anwesenden Beklagten nicht aufdrängte, musste sich dem Gericht erst recht nicht aufdrängen.
Stattdessen neben dem unzulässigen Wiedereinsetzungsantrag nicht zur Hauptsache zu verhandeln, bedeutete, dass das daraufhin ergangene zweite Versäumnisurteil nicht mit einem Einspruch bekämpft werden konnte (§ 345 ZPO). Im Berufungsverfahren gegen dieses Urteil kann der Beklagte nur noch mit dem Einwand gehört werden, ein Fall der schuldhaften Versäumung habe nicht vorgelegen (§ 514 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Derartiges zeigt die Berufung nicht auf.
Grundsätzlich kann zwar auch eine Erkrankung die Versäumung entschuldigen, was hier aber schon deshalb fern liegt, weil der Beklagte in der mündlichen Verhandlung des LG persönlich anwesend war und nicht zu ersehen und von der Berufung auch nicht aufgezeigt ist, dass er sich zum Sachvortrag des Klägers nicht äußern konnte.
Hinzu kommt, dass der Beklagte zur Entschuldigung nach § 296 Abs. 1 ZPO die Vorlage eines ärztlichen Attestes einer Fachklinik angekündigt hat, ohne dass vom Gericht eine noch weiter greifende Glaubhaftmachung verlangt worden war (§ 296 Abs. 4 ZPO). Bei Vorlage einer substantiellen ärztlichen Bescheinigung hätte das LG daher prüfen müssen, ob eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung geboten war (§ 156 ZPO). Statt...