Leitsatz (amtlich)
Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein beabsichtigtes Rechtsmittel erfordert die Vorlage eines aktuellen und vollständigen Antrags auf Verfahrenskostenhilfe bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist. Hierzu gehört eine lückenlose Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nebst der Vorlage der dazugehörigen kompletten Nachweise / Belege (Anschluss an: BGH, FamRZ 2017, 819 und BGH, MDR 2018, 115). Wird dem nicht genügt, muss mit einer Verweigerung der Verfahrenskostenhilfe mangels Bedürftigkeit gerechnet werden, so dass die Versäumung der Beschwerdefrist nicht unverschuldet ist und Widereinsetzung nicht in Betracht kommt.
Wurde dem Beschwerdeführer in erster Instanz Verfahrenskostenhilfe bewilligt, kann er allerdings bei im Wesentlichen gleichen Angaben in seinem zweitinstanzlichen Verfahrenskostenhilfeantrag zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen darauf vertrauen, dass auch das Gericht des zweiten Rechtszugs ihn ebenfalls als bedürftig ansieht (vgl. BGH, FamRZ 2013, 1124).
Setzt das Rechtsmittelgericht trotz Ablaufs der Rechtsmittelfrist eine Frist zur Vervollständigung unzureichender Verfahrenskostenhilfeunterlagen, darf grundsätzlich auf die Bewilligung der beantragten Verfahrenskostenhilfe vertraut werden, wenn der Fristsetzung nachgekommen wird (vgl. BGH, FamRZ 2008, 871).
Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich durch Belege durchzuarbeiten und dort die für die Verfahrenskostenhilfeerklärung relevanten aktuellen Angaben herauszusuchen (Anschluss an: OLG Koblenz [13. ZS], FamRZ 2019, 299).
Normenkette
FamFG §§ 17, 63, 76 Abs. 1; ZPO § 117 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
AG Montabaur (Aktenzeichen 3 F 81/20) |
Tenor
Der Kindesmutter wird die von ihr für ihre beabsichtigte Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Montabaur vom 23.04.2021 beantragte Verfahrenskostenhilfe versagt.
Gründe
I. Die Kindesmutter möchte sich gegen die ihr am 23.04.2021 zugestellte Entscheidung des Amtsgerichts Montabaur vom gleichen Tag wenden. Mit dieser hat das Familiengericht die elterliche Sorge für das am 29.06.2018 geborene und bislang bei der Kindesmutter lebende Kind im Zuge der Trennung der Eltern nach Anhörung der Kindeseltern, des dem Kind bestellten Verfahrensbeistands, des Jugendamts und der Einholung eines Sachverständigengutachtens auf den Kindesvater zur alleinigen Ausübung übertragen.
Vorliegend begehrt die Kindesmutter zwecks Einlegung und Durchführung einer beabsichtigten Beschwerde Verfahrenskostenhilfe.
II. Die beabsichtigte Beschwerde der Kindesmutter bietet keine Aussicht auf Erfolg. Ihr für dieses einzulegende Rechtsmittel gestellter Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe war demgemäß abzulehnen.
1. Da die Kindesmutter mit Schriftsatz vom 25.05.2021 (Dienstag nach Pfingsten) lediglich einen Verfahrenskostenhilfeantrag für ein beabsichtigtes Rechtsmittel gestellt hat, wäre sie zur Einhaltung der einmonatigen Beschwerdefrist (§ 63 Abs. 1 FamFG) auf die Bewilligung von Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gemäß §§ 17 ff. FamFG angewiesen. Eine solche kann ihr jedoch nicht gewährt werden.
2. Wer meint, die Kosten eines Rechtsmittels nicht aufbringen zu können, darf zwar wie ein anderer die Frist für die Einlegung des Rechtsmittels bis zum letzten Tag ausnutzen; er darf also auch noch am letzten Tag der Frist die Entscheidung treffen, ob er das Rechtsmittel einlegen will bzw. hierfür zunächst Verfahrenskostenhilfe beantragen möchte. Im letztgenannten Fall muss er dann allerdings bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist zugleich einen aktuellen und vollständigen Antrag auf Verfahrenskostenhilfe vorlegen (vgl. BGH, FamRZ 2017, 819 und BGH, MDR 2018, 115). Denn nur so hat er fristgerecht alles in seinen Kräften Stehende getan, damit über den Verfahrenskostenhilfeantrag positiv sachlich entschieden werden kann, und er deshalb vernünftigerweise nicht mit einer Verweigerung der Verfahrenskostenhilfe mangels Bedürftigkeit rechnen musste (vgl. BGH, FamRZ 2017, 819). Fehlt es hingegen an einer ausreichenden Verfahrenskostenhilfeerklärung muss der Antragsteller - hier die Kindesmutter - zwingend mit einer Versagung der Verfahrenskostenhilfe rechnen. Eine positive Wiedereinsetzungsentscheidung wegen unverschuldeter Versäumung der Beschwerdefrist kann dann ebenfalls nicht erwartet werden (vgl. BGH, MDR 2018, 115).
Vorliegend hat die Kindesmutter innerhalb der Beschwerdefrist keinen, den vorgenannten Anforderungen entsprechenden vollständigen Verfahrenskostenhilfeantrag eingereicht. Denn das danach hier binnen der Beschwerdefrist bis zum Ablauf des 25.05.2021 vorzulegende vollständige Verfahrenskostenhilfegesuch erfordert eine aktuelle, lückenlose Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nebst der Vorlage der gemäß §§ 76 Abs. 1 FamFG, 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO dazugehörigen kompletten Nachweise / Belege (vgl. BGH, MDR 2018, 115 und BGH, FamRZ 2008, 871 sowie BGH, Beschluss vom 14.07.2012, II ZA 29/14, Rn. 2, juris).
Ihrem Ver...