Verfahrensgang
AG Lahnstein (Entscheidung vom 20.08.2004) |
Tenor
Unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Lahnstein vom 20. August 2004 wird das Verfahren eingestellt.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen.
Gründe
I.
Mit Bußgeldbescheid vom 2. März 2004 legte die Kreisverwaltung ... dem Betroffenen zur Last, am 20. Januar 2004 in B... die innerörtliche Höchstgeschwindigkeit um 38 km/h überschritten zu haben.
Der Betroffene war unmittelbar nach Durchführung der Geschwindigkeitsmessung von der Polizei angehalten und zu dem Vorwurf angehört worden. Er hatte keine Angaben gemacht. Als seinen Wohnsitz hatte ein Polizeibeamter die damalige Meldeadresse "S... Straße 12" in K... notiert. Dabei handelt es sich, wie auf Veranlassung des Senats durchgeführte polizeiliche Ermittlungen ergaben, um den Sitz eines dem Vater des Betroffenen gehörenden Unternehmens. Tatsächlich wohnte der Betroffene damals bereits seit etwa einem Jahr im Anwesen W...weg 7 in K... Allerdings hat es sich erst im November 2004 unter dieser Anschrift polizeilich angemeldet.
Der an die damalige Meldeanschrift adressierte Bußgeldbescheid wurde ausweislich der Zustellungsurkunde vom 8. März 2004 dem Vater des Betroffenen ausgehändigt.
Mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 10. März 2004 legte der Betroffene Einspruch ein. Die Akten wurden daraufhin am 13. April 2004 der Staatsanwaltschaft vorgelegt und gingen am 4. Mai 2004 beim Amtsgericht Lahnstein ein.
Im Hauptverhandlungstermin vom 20. August 2004 beanstandete der Betroffene die Zustellung des Bußgeldbescheides als unwirksam und beantragte die Einstellung des Verfahrens.
Das Amtsgericht ist dem nicht gefolgt und hat den Betroffenen wegen fahrlässiger Überschreitung der innerörtlichen Höchstgeschwindigkeit um 38 km/h zu einer Geldbuße von 100 EUR und einem einmonatigen Fahrverbot verurteilt. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, die Ersatzzustellung vom 8. März 2004 sei wirksam gewesen, weil der Bußgeldbescheid dem Betroffenen tatsächlich zugegangen sei und er sich rechtsmißbräuchlich verhalte, wenn er Zustellungen unter der Meldeadresse nicht gegen sich gelten lassen wolle.
II.
Auf die form- und fristgerecht eingelegte und mit der Sachrüge ordnungsgemäß begründete Rechtsbeschwerde des Betroffenen ist das Verfahren - wie auch von der Generalstaatsanwaltschaft beantragt - wegen Verfolgungsverjährung einzustellen (§§ 46 Abs. 1 OWiG, 206a StPO).
Gemäß §§ 37 Abs. 1 StPO, 178 Abs. 1 Nr. 1 ZPO setzt eine wirksame Ersatzzustellung voraus, daß "die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung ...nicht angetroffen wird" und das zuzustellende Schriftstück "in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen" übergeben wird. Diese Voraussetzungen waren bei der "Ersatzzustellung" vom 8. März 2004 nicht erfüllt, sodaß es an einer wirksamen Zustellung fehlt (siehe auch Meyer-Goßner, StPO, § 37 Rn. 7 f.) Daran ändert nichts, daß der Betroffene - neben dem Zusteller, der durch einfaches Nachfragen hätte in Erfahrung bringen können, daß der Betroffene nicht auf dem Firmengelände seines Vaters wohnte - eine wesentliche Ursache für das Scheitern einer wirksamen Zustellung gesetzt hatte. Rechtsmißbräuchliches Verhalten des Zustellungsadressaten ist nur unter den in § 179 ZPO normierten Voraussetzungen (Annahmeverweigerung) von Bedeutung. Die Heilung eines Zustellungsmangels durch nachweislichen Zugang (§ 9 VwZG) schließt § 51 Abs. 5 Satz 3 OWiG für die Zustellung des Bußgeldbescheids aus; § 189 ZPO gilt nicht.
Da es innerhalb der Frist des § 26 Abs. 3, 1. Alt. StVG keine anderen verjährungsunterbrechenden Handlungen im Sinne des § 33 OWiG gab, war nach Ablauf von 3 Monaten seit der Tat und somit lange vor Eingang der Sache beim Amtsgericht (§§ 33 Abs. 1 Nr. 10, 69 Abs. 4 Satz 2 OWiG) Verfolgungsverjährung eingetreten.
Kosten: §§ 46 Abs. 1 OWiG, 465 Abs. 1 StPO
Fundstellen
Haufe-Index 2580072 |
ZfS 2005, 363 |
SVR 2007, 473 |
StraFo 2005, 197 |