Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Nebenintervention des Krankenversicherers im Arzthaftungsprozess
Leitsatz (amtlich)
Der Krankenversicherer des Patienten kann dessen Haftpflichtprozess gegen den Arzt nicht als Nebenintervenient beitreten.
Normenkette
ZPO §§ 66, 68, 70-71; SGB X § 116; VVG § 86; BGB §§ 276, 280, 823
Verfahrensgang
LG Mainz (Urteil vom 10.03.2008; Aktenzeichen 2 O 491/05) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Nebenintervenientin gegen das Zwischenurteil der 2. Zivilkammer des LG Mainz vom 10.3.2009 wird zurückgewiesen.
II. Die Nebenintervenientin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Beschwerdewert beträgt 1.000 EUR.
Gründe
Die Nebenintervenientin, eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, wendet sich mit ihrer sofortigen Beschwerde gegen ein Zwischenurteil, durch das sie aus dem Rechtsstreit gewiesen worden ist.
Der Kläger nimmt den beklagten Krankenhausträger und einen dort tätigen Arzt wegen eines Geburtsschadens in Anspruch. Die Nebenintervenientin ist der gesetzliche Krankenversicherer der Kindeseltern, bei denen der Kläger mitversichert ist. Die Nebenintervenientin ist dem Kläger beigetreten, weil sie wegen ihrer Aufwendungen für den Kläger bei den Beklagten Rückgriff nehmen möchte.
Das LG hat die Nebenintervention für unzulässig erklärt und zur Begründung ausgeführt, es fehle an einem rechtlichen Interesse für den Beitritt.
Dagegen wendet sich die sofortige Beschwerde ohne Erfolg.
Die Führung eines Zivilprozesses ist ausschließlich Sache der Parteien. Andere Personen haben grundsätzlich keinen Einfluss auf das Verfahren und werden dementsprechend auch nicht von seinem Ergebnis berührt. Wirkt sich die Entscheidung des Prozesses ausnahmsweise auf die rechtliche Stellung eines Dritten aus, so ist es allerdings geboten, ihm die Möglichkeit eines Einflusses auf das Verfahren zu gewähren. Dem Dritten ist dann zwar keine Parteirolle zugewiesen; er kann sich aber als Gehilfe einer Partei an dem Rechtsstreit beteiligen. Aus diesem Grund kennt die ZPO die Nebenintervention (Streithilfe). Dadurch kann sich ein Dritter an einem zwischen zwei anderen Personen anhängigen Rechtsstreit beteiligen und eine Partei, an deren Obsiegen er ein rechtliches Interesse hat, unterstützen. Der Nebenintervenient ist nicht selbst Partei, auch nicht ihr Vertreter, sondern lediglich ihr Gehilfe, der dabei jedoch im eigenen Namen handelt.
Die Zulässigkeit einer Nebenintervention hängt kraft Gesetzes immer davon ab, ob der Dritte ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiegt (§ 66 Abs. 1 ZPO). Der Begriff des rechtlichen Interesses im Sinne dieser Vorschrift ist ein unbestimmter Rechtsbegriff (Wieser, Das rechtliche Interesse des Nebenintervenienten, 1965, S. 107). Gemeint ist ein Interesse, das auf einem Rechtsverhältnis des Nebenintervenienten zu den Parteien oder dem Gegenstand des Rechtsstreits beruht, das durch die Entscheidung des Rechtsstreits, ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung mitbetroffen ist (RGZ 83, 182 [183]). Ein bloß wirtschaftliches oder tatsächliches Interesse an der Entscheidung genügt nicht (RG, a.a.O.).
Das hier von der Nebenintervenientin verfolgte Interesse kann nicht als rechtliches i.S.v. § 66 ZPO angesehen werden. Die Frage, ob die Entscheidung im vorliegenden Arzthaftungsprozess die Rechtsposition der Nebenintervenientin in irgendeiner Weise berührt oder beeinflusst, ist zu verneinen. § 68 ZPO verdeutlicht, dass die Nebenintervention nur im Verhältnis zwischen dem Nebenintervenienten und der unterstützten Partei eine Wirkung entfaltet (vgl. BGHZ 92, 277 und BGH NJW 1993, 123 unter II.1. b. aa. der Entscheidungdsgründe). Diese Wirkung besteht darin, dass in einem nachfolgenden Rechtsstreit zwischen der unterstützten Partei und dem Nebenintervenienten letzterer mit bestimmten Einwendungen nicht gehört werden kann.
Im Übrigen erzeugt die Nebenintervention keine Wirkung, insbesondere ist sie im Verhältnis zum Gegner der unterstützten Partei ohne jede Bedeutung. Vor diesem Hintergrund kann ein Interventionsgrund nicht darin gesehen werden, dass die Nebenintervenientin hier geltend macht, die Unterstützung des Klägers erleichtere ihr den später beabsichtigten Regressprozess gegen die Beklagten. Daraus ergibt sich nur ein rechtliches Interesse am eigenen Obsiegen der Nebenintervenientin als Klägerin in einem später denkbaren Prozess gegen die Beklagten, nicht jedoch ein rechtliches Interesse am Obsiegen des Klägers des vorliegenden Rechtsstreits (vgl. OLG München in VersR 1976, 72). Die Nebenintervenientin muss dem Kläger alle von einem Sozialversicherungsträger geschuldeten Krankenbehandlungskosten ungeachtet der Frage ersetzen, ob der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit obsiegt oder unterliegt. Obsiegt er, kann das nur Schadenspositionen betreffen, die dem Kläger originär zustanden und verblieben sind, weil er hinsichtlich sämtlicher nach § 116 SGB X übergegangener Ansprüche nicht mehr sachbefugt ist. Unt...