Leitsatz (amtlich)

1. Legt die Prozesskostenhilfe beantragende Partei gegen die Ablehnung des die Prozesskostenhilfe verweigernden Beschluss gemäß § 127 Abs. 3 ZPO sofortige Beschwerde ein, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob diese nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bedürftig ist, auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an (in Anknüpfung an OLG Hamm, Beschluss vom 03.06.2005 - 11 WF 146/05 - FamRZ 2006, 214 f., zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss vom 24.08.2009 - 4 WF 88/09 - FamRZ 2010, 146, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2006 - 9 WF 68/06 - BeckRS 2011, 17).

2. Es ist verfahrensfehlerhaft, wenn das die Prozesskostenhilfe verweigernde Gericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung auf die angefochtene Entscheidung Bezug nimmt, ohne sich in der Sache mit dem neuen Vorbringen in der Beschwerdeschrift zu befassen (in Anknüpfung an OLG Koblenz, Beschluss vom 16.10.2007 - 13 WF 874/07 - FamRZ 2008, 153 f., zitiert nach juris Rn. 3; OLG Hamm, Beschluss vom 07.08.2003 - 23 W 110/03 - MDR 2004, 412 f., zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss vom 24.08.2009, - 4 WF 88/09 - FamRZ 2010, 146, zitiert nach juris).

 

Normenkette

ZPO §§ 3, 114 Abs. 1, § 115 Abs. 1 S. 4, § 127 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Aktenzeichen 4 O 387/16)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz - Einzelrichter - vom 27. April 2018 dahingehend abgeändert, dass die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren erster Instanz nicht mit der Begründung abgelehnt werden darf, der Beklagte habe seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht.

 

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig, insbesondere fristgerecht binnen der Monatsfrist gemäß § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO nach Zustellung des die Bewilligung der Prozesskostenhilfe verweigernden Beschluss vom 27. April 2018 eingelegt worden.

II. Die sofortige Beschwerde hat auch vorläufigen Erfolg.

Gemäß § 114 Abs. 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Das Landgericht hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit der Begründung abgelehnt, der Beklagte habe seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht. Für die Beurteilung der Bedürftigkeit des Rechtsschutzsuchenden aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse komme es auf den Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag an. Hierfür spreche zum einen der Wortlaut des § 115 Abs. 1 S. 4 ZPO, wonach hinsichtlich des einzusetzenden Einkommens die Beträge maßgeblich seien, die zum Zeitpunkt der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gelten, also zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über den gerichtlichen Antrag. Aus § 120 a ZPO ergebe sich zudem, dass wesentliche Änderungen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Rechtsschutzsuchenden vom Gericht zu jedem Zeitpunkt, also selbst nach der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag zu beachten seien. Schließlich seien gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 3 ZPO die zum jeweiligen Entscheidungszeitpunkt bestehenden persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse maßgebend (unter Bezugnahme auf LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.07.2014 - L 20 AY 95/13 - BeckRS 2014, 70791, beck-online Rn. 13).

Eine Glaubhaftmachung der Bedürftigkeit des Beklagten zum Zeitpunkt der Entscheidung habe insbesondere mittels Vorlage des Einkommensteuerbescheids von 2015 nicht erbracht werden können.

Die Kammer habe mit Verfügung vom 13.03.2018 darauf hingewiesen, dass die mit Schriftsatz vom 27.04.2017 vorgelegten Unterlagen nicht ausreichten, um eine Bedürftigkeit seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse glaubhaft zu machen. Dessen ungeachtet, habe der Beklagte mit Schriftsatz vom 19.04.2018 nahezu dieselben Unterlagen überreicht.

Legt die Prozesskostenhilfe beantragende Partei gegen die Ablehnung des die Prozesskostenhilfe verweigernden Beschluss gemäß § 127 Abs. 3 ZPO sofortige Beschwerde ein, kommt es für die Beurteilung der Frage, ob diese nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen bedürftig ist, auf den Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung an (vgl. Zöller-Geimer/Greger, ZPO, 32. Auflage 2018, ZPO § 127 Rn. 50; MünchKommZPO-Wache, 5. Auflage 2016, ZPO § 127 Rn. 16; Musielak/Voit-Fischer, ZPO; 15. Auflage 2018, ZPO § 127 Rn. 23; OLG Hamm, Beschluss vom 03.06.2005 - 11 WF 146/05 - FamRZ 2006, 214 f., zitiert nach juris; OLG Köln, Beschluss vom 24.08.2009 - 4 WF 88/09 - FamRZ 2010, 146, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 08.06.2006 - 9 WF 68/06 - BeckRS 2011, 17).

Das Landgericht hat sich in verfahrensfehlerhafter Weise in seiner Nich...

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