Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwertbeschwerde. Wert eines selbständigen Beweisverfahrens

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 15.07.1992; Aktenzeichen 1 OH 4/92)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegner gegen den Streitwertbeschluß der 1. Ferienzivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 15. Juli 1992 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die nach § 25 Abs. 2 GKG zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Landgericht hat den Streitwert für das selbständige Beweisverfahren zutreffend bemessen.

Der Streitwert eines selbständigen Beweis Verfahrens hängt grundsätzlich von dem Interesse des Antragstellers ab, das bei der Anbringung des verfahrenseinleitenden Antrags erkennbar ist, wobei angesichts der Bedeutung, die dem selbständigen Beweisverfahren nach der seit dem 1. April 1991 maßgeblichen Gesetzesfassung zukommt, das gesamte von dem Antragsteller verfolgte Hauptsacheinteresse und nicht lediglich ein Bruchteil dieses Betrages entscheidend ist (vgl. Senatsbeschluß vom 30. Juni 1992 – 5 W 302/92, OLG Koblenz, Beschluß vom 30. Juni 1992 – 14 W 232/92). Sollen wie hier bestimmte Mängel begutachtet und der Aufwand für ihre Beseitigung festgestellt werden, kommt es nicht auf das Ergebnis der Beweiserhebung, sondern auf den Vortrag an, den der Antragsteller zu Beginn des selbständigen Beweisverfahrens unterbreitet (– § 4 ZPO analog – Senatsbeschluß vom 30. Juni 1992 a.a.O; OLG Köln JurBüro 1992, 191 f.; OLG Köln JMBl. NW 1992, 93; Schneider, Streitwertkommentar, 9. Aufl., Randnr. 878).

Deshalb ist im vorliegenden Fall für die Bemessung des Streitwerts nach den Mängelbeseitigungskosten zu fragen, die objektiv entstehen, wenn man die Behauptungen in der Antragsschrift als zutreffend unterstellt (OLG Köln JurBüro 1992, 191, 192; LG Freiburg MDR 1980, 852). Dabei ergibt sich freilich die Schwierigkeit, daß der Antragsteller eingangs des Verfahrens zwar die Mängel in ihrem Erscheinungsbild beschrieben, aber keine konkrete Aussage dazu gemacht hat, worauf sie beruhen und welche Maßnahmen zu ihrer Behebung geboten sind. Daher muß – mangels anderer Anhaltspunkte – dem Vorbringen der Antragsschrift Rechnung getragen werden, daß Architekten und Sachverständige herangezogen worden seien, die den Mängelbeseitigungsaufwand mit zwischen 30.000,– DM und 80.000,– DM veranschlagt hätten (Mittelwert also 55.000 DM).

Im Hinblick darauf ist es nicht zu beanstanden, daß das Landgericht den Streitwert für das selbständige Beweisverfahren auf 55.000,– DM festgesetzt hat. Das Landgericht hat insoweit keinen Wert zugrundegelegt, der mit dem Vortrag des Antragstellers im übrigen unvereinbar und deshalb unverbindlich gewesen wäre (vgl. LG Freiburg a.a.O.). Die Streitwertfestsetzung hält sich vielmehr in dem Mittelbereich des Rahmens, den der Antragsteller zu Beginn des Verfahrens unter Berufung auf eine fachkundige Beurteilung vorgegeben hat, ohne daß wegen der sonstigen Angaben in der Antragsschrift Zweifel an der Richtigkeit dieses Ansatzes angezeigt waren.

Das bedeutet nicht, daß die Antragsgegner einen ungerechtfertigten Kostennachteil hinnehmen müssen, wenn der Antragsteller einen zu hohen Betrag genannt haben und die Mängelbeseitigung – wovon die Antragsgegner ausgehen – tatsächlich nur 24.000,– DM kosten sollte. Klagt der Antragsteller dann gleichwohl gegen die Antragsgegner auf Ersatz von Mängelbeseitigungsaufwendungen in der von ihm eingangs des selbständigen Beweisverfahrens geltend gemachten Größenordnung, wird er jedenfalls mit dem über 24.000,– DM hinausgehenden Antrag unterliegen, so daß er diesbezüglich die Kosten des Rechtsstreits und damit auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu tragen hat. Beschränkt er seine Klage dagegen auf den Betrag von 24.000,– DM, so ist zu erwägen, ihn in Anwendung des § 494 a II ZPO insoweit mit den Kosten des selbständigen Beweisverfahrens zu belasten, als er von einer Klageerhebung teilweise absieht; will man diesen Weg nicht gehen, so bleibt die Möglichkeit, ihm die entsprechenden Kosten im Rahmen der Hauptsacheentscheidung aufzuerlegen, wobei es gemäß § 96 ZPO unerheblich ist, ob er in der Hauptsache obsiegt. Dieser Schritt wäre insoweit konsequent, als der Senat in seinen beiden angeführten Entscheidungen das selbständige Beweisverfahren als zur Instanz gehörig betrachtet (§ 37 Nr. 3 BRAGO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 25 Abs. 3 GKG.

 

Unterschriften

Bischof, Weller, Dr. Menzel

 

Fundstellen

Dokument-Index HI949430

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