Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erstattung der Kosten eines Privatgutachters, der anstelle der Partei deren Prozessaufwand übernommen hat
Leitsatz (amtlich)
1. Ihre Einstandspflicht hat eine Partei vorprozessual eigenverantwortlich zu prüfen. Schaltet sie stattdessen einen Privatgutachter ein, sind dessen Kosten in der Regel nicht erstattungsfähig.
2. Wie auf gerichtliche Entschließungen und Schriftsätze der Gegenseite zu reagieren ist, müssen die Partei und ihr Bevollmächtigter bei hinreichender eigener Sachkunde selbst entscheiden. Wird stattdessen ein Privatgutachter beauftragt, sind dessen Kosten grundsätzlich nicht erstattungsfähig.
3. Kosten eines Privatgutachters können zudem nur dann erstattungsfähig sein, wenn sich aus den Rechnungen in Gegenüberstellung mit den Gerichtsakten nachvollziehbar ergibt, welche konkreten Tätigkeiten er prozessbezogen ausgeübt hat und welches Honorar dafür jeweils angefallen ist.
Normenkette
ZPO §§ 91, 104
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 11.11.2011; Aktenzeichen 8 O 136/97) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Kläger zu 1) und 2) vom 8.12.2011 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 11.11.2011 (Bl. 2182 ff. GA), zugestellt am 24.11.2011, aufgehoben und die Sache zur erneuten Kostenfestsetzung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senates zurückverwiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.505,91 EUR (20,83 % von 16.831,05 EUR) festgesetzt.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Die Begründung des LG für den Ansatz der Sachverständigenkosten erschöpft sich in der weitgehend wörtlichen Übernahme des Festsetzungsantrages und der hierzu vorgetragenen Begründung, ohne dass eine hinreichende Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen erkennbar wird. Die in der Nichtabhilfeentscheidung zitierten Beschlüsse des Senates stehen in keinem Zusammen-hang mit dem vorliegenden Fall und lassen dessen Besonderheiten gänzlich unberücksichtigt. Insbesondere wird übersehen, dass in den zitierten Fällen jeweils ein eigenständiges Gutachten vorlegt wurde, woran es vorliegend mangelt. Es gilt folgendes:
Nach der Rechtsprechung des BGH (BGH VersR 2008, 801; s. auch BGHZ 153, 235; VersR 2006, 1236, 1237), der sich der Senat angeschlossen hat (OLG Koblenz VersR 2008, 802; OLG Koblenz MDR 2009, 471 = OLGReport Koblenz 2009, 383 = JurBüro 2009, 259; Senat v. 17.3.2010 - 14 W 135/10; Senat v. 21.9.2010 - 14 W 521/10), können die Kosten für ein vor-prozessual erstattetes Privatgutachten nur ausnahmsweise als "Kosten des Rechtsstreits" i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO angesehen werden. Insoweit genügt es nicht, wenn das Gutachten irgendwann in einem Rechtsstreit verwendet wird. Vielmehr muss sich das Gutachten auf den konkreten Rechtsstreit beziehen und gerade mit Rücksicht auf den konkreten Prozess in Auftrag gegeben worden sein. Damit soll verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremde Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Prozess verteuert. Die Partei hat dabei grundsätzlich ihre Einstandspflicht und ihre Ersatzberechtigung in eigener Verantwortung zu prüfen und den dadurch entstehenden Aufwand selbst zu tragen. Deshalb genügt schon die Vorlage eines in diesem Zusammenhang erstellten Gutachtens allein grundsätzlich nicht. Die Tätigkeit des Privatsachverständigen muss vielmehr in unmittelbarer Beziehung zu dem sich konkret abzeichnenden Rechtsstreit stehen (OLG Koblenz MDR 2009, 471 = OLGReport Koblenz 2009, 383 = JurBüro 2009, 259). § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO verlangt dabei die Glaubhaftmachung der Kostenposition, die sich nicht nur auf die Vorlage des Kostenbeleges, sondern auch auf die der Annahme der Erstattungsfähigkeit zugrunde liegenden Tatsachen zu erstrecken hat.
Danach kann eine Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen des Herrn Wolfgang B. nicht angenommen werden. Die vorgelegten Rechnungen (Bl. 2085 - 2089 und 2090 - 2101 GA) beziehen sich nicht auf die Erstellung eines konkreten Gutachtens sowie bestimmter gutachterlicher Stellungnahmen, sondern auf diverse Tätigkeiten in bestimmten Zeiträumen, die nach der Tätigkeitsbeschreibung - soweit sie überhaupt verständlich sind - in weiten Teilen zu den nicht zu vergütenden Arbeiten der Beklagten oder zu den mit der Verfahrens- und Terminsgebühr bzw. - nach der hier noch anzuwendenden BRAGO - der Prozess-, Verhandlungs- und Beweisgebühr abgegoltenen Tätigkeiten des Bevollmächtigten gehören. Dabei ist nicht einmal erkennbar, in-wieweit es sich bei Herrn B. während seiner Tätigkeit überhaupt um einen Sachverständigen - für welches Fachgebiet auch immer - handelt.
Der Vortrag im Beschwerdeverfahren lässt sich dementsprechend mit den vorgelegten Kosten-belegen nicht in Einklang bringen. So ist die Frage, wie im Prozess nach einem Schriftsatz der Gegenseite weiter vorgegangen wird oder wie auf einen gerichtlichen Beschluss zu reagieren ist, keine von einem Sachvers...