rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbständiges Beweisverfahren bei Schiedsgerichts- und Schiedsgutachterabrede
Leitsatz (amtlich)
Solange das Schiedsgericht nicht konstituiert bzw. ein Schiedsgutachten nicht eingeholt ist, ist die Anrufung des staatlichen Gerichts zur Durchführung eines selbständigen Beweisverfahren zulässig.
Normenkette
ZPO §§ 485, 1033
Beteiligte
des Bedachungsgeschäfts Geschäftsführer Rainer |
Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Neuwied |
Verfahrensgang
LG Koblenz (Aktenzeichen 9 OH 4/98) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Landgerichts Koblenz vom 25. Mai 1998 aufgehoben.
Das Landgericht wird angewiesen, den Antrag der Antragstellerin auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nicht aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses zurückzuweisen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben; die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens (Wert: DM 23.841,62) trägt die Antragsgegnerin.
Gründe
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (§ 567 ZPO) und begründet. Das Landgericht ist für das selbständige Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO ungeachtet der Einrede der Schiedsgerichtsvereinbarung und auch trotz der zusätzlich getroffenen Schiedsgutachtenabrede zuständig.
Das selbständige Beweisverfahren entspricht von seiner Zielsetzung her dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten hat es sichernden und vorbereitenden Charakter, insbesondere aber auch die Wirkung der Verjährungsunterbrechung. Jedenfalls solange das Schiedsgericht nicht bereits konstituiert bzw. das Schiedsgutachten nicht schon eingeholt ist, ist das Beweissicherungsverfahren nach einhelliger Meinung in Literatur und Rechtsprechung zulässig, was jetzt eindeutig aus der Neufassung des § 1033 ZPO folgt (OLG Frankfurt, BauR 1993, 504, 505; Thieme MDR 1991, 938, 939; Altschwager BauR 1991, 157, 161, 162; Lörcher/Lörcher, Das Schiedsverfahren – national/international – nach neuem Recht 1998 Rdnr. 69 unter Hinweis auf § 1033 ZPO; Thomas-Putzo, ZPO 21. Aufl., 1998, § 1033 Rdnr. 2; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 5. Aufl. 1998, S. 140 Rdnr. 26; Schütze Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 2. Aufl. 1998, Rdnr. 169).
Zu Unrecht beruft sich das Landgericht auf die Kommentierung bei Werner-Pastor (Der Bauprozeß, 8. Aufl., Rdnr. 525). Die dortigen Ausführungen beziehen sich eindeutig auf die Wirkung des Schiedsvertrages bzw. des Schiedsgutachtenvertrages für das Hauptsacheverfahren. Auch Werner-Pastor sehen das selbständige Beweisverfahren trotz Schiedsvertrag und Schiedsgutachtenabrede als zulässig an (a.a.O., Rdnr. 522, Rdnr. 10). Daß es entgegen der Annahme des Landgerichts auch nicht an einem rechtlichen Interesse der Antragstellerin für das Beweisverfahren fehlt (§ 485 Abs. 2 ZPO), ergibt sich (zusätzlich zu der verjährungsunterbrechenden Wirkung) aus dem Streit der Parteien über die Wirksamkeit der Schiedsgutachtenabrede bzw. der Schiedsgerichtsvereinbarung. Die gerichtliche Austragung dieses Streites könnte gerade die so wichtige beweissichernde Funktion des selbständigen Beweisverfahrens unterlaufen.
Nach alledem hat die Beschwerde Erfolg. Da im Falle der Anordnung der Beweiserhebung im Beweisverfahren eine Kostenentscheidung unterbleibt, erachtet der Senat es als angemessen, eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu treffen. Diese hat gemäß § 91 ZPO die Antragsgegnerin zu tragen. Daß Gerichtskosten nicht anfallen, ergibt sich aus § 11 GKG i.V.m. Nr. 1906 des Kostenverzeichnisses.
Unterschriften
Bischof, Weller, Kaltenbach
Fundstellen
Haufe-Index 537796 |
BB 2001, 22 |
BauR 1999, 1055 |
EWiR 1999, 235 |
MDR 1999, 502 |
ZfS 1999, 318 |
OLGR-KSZ 1999, 163 |