Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Renteneinkünften aus dem Versorgungsausgleich beim Ehegattenunterhalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Renteneinkünfte des Unterhaltsberechtigten, die aus dem Versorgungsausgleich herrühren, sind nicht bedarfsprägend beim nachehelichen Unterhalt zu berücksichtigen, wenn dadurch der Unterhaltsbedarf den Betrag übersteigen würde, der sich auf der Grundlage der Einkünfte der Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidung ohne Berücksichtigung von Einkünften aus dem Versorgungsausgleich beim Unterhaltspflichtigen und Unterhaltsberechtigten ergibt.

 

Normenkette

BGB § 1578 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Montabaur (Beschluss vom 07.12.2010; Aktenzeichen 3 F 21/10)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Montabaur vom 7.12.2010 in seiner Ziff. 3 (nachehelicher Ehegattenunterhalt) teilweise abgeändert.

Der Antragsteller wird verpflichtet, an die Antragsgegnerin für die Zeit vom 15.3.2011 bis zum 16.4.2011 Ehegattenunterhalt i.H.v. monatlich 338 EUR zu zahlen.

Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragsgegnerin 90 % und der Antragsteller 10 % zu tragen.

Bezüglich der Kosten der ersten Instanz bleibt es bei der Kostenentscheidung des angefochtenen Beschlusses.

3. Der Verfahrenswert wird auf 4.056 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

Die Antragsgegnerin verlangt im Rahmen des Scheidungsverbundes von dem Antragsteller ab Rechtskraft der Ehescheidung die Zahlung nachehelichen Ehegattenunterhalts i.H.v. monatlich 338 EUR.

Die 62 Jahre alte Antragsgegnerin bezieht eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen (Bl. 47 UA EU). Ab 1.5.2011 wird diese Rente aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs gekürzt (Bl. 205 GA); andererseits erhält sie ab 17.4.2011 Versorgungsbezüge (Bl. 249 f. GA), die ihr im Rahmen des Versorgungsausgleichs übertragen worden sind. Sie bietet seit Ende 2010 Yoga-Kurse bei der VHS ... [X] und im Internet an; hieraus erzielt sie nach ihren Angaben jedoch keinen Gewinn. Der 64 Jahre alte Antragsteller war bis einschließlich April 2011 als Beamter beim ... [A] tätig; zum 1.5.2011 ist er in den vorzeitigen Ruhestand getreten (Bl. 191, 224 GA). Ob er hierzu berechtigt war, ist zwischen den Beteiligten streitig. Das gemeinsame Hausanwesen der Eheleute in ... [Y] bewohnt die Antragsgegnerin allein; hierfür lässt sie sich einen Wohnvorteil von 600 EUR zurechnen, wohingegen der Antragsteller einen solchen i.H.v. 800 EUR für angemessen hält. Der Antragsteller, der zunächst zur Miete wohnte, hat ein Haus in ... [Z] erworben und anschließend renoviert, in dem er ab Mai 2011 wohnt. Er zahlt monatliche Darlehensraten von 600 EUR an die ... [B]bank sowie von 200 EUR an die ... [C] Sparkasse, wobei die Antragsgegnerin behauptet, dies sei heute nicht mehr der Fall.

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die ehelichen Lebensverhältnisse der Beteiligten seien durch die Einkünfte und das Vermögen der Ehegatten bis zur Rechtskraft der Scheidung geprägt; hierzu gehöre auch das aufgrund der Durchführung des Versorgungsausgleichs erhöhte Renteneinkommen der Antragsgegnerin.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG die Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt und den Antrag der Antragsgegnerin auf Zahlung von nachehelichem Ehegattenunterhalt abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei Fortbestand der Ehe wäre der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt worden, deshalb entstünden die höheren Renteneinkünfte der Antragsgegnerin erst infolge der Scheidung. Die Einkünfte aus der Durchführung des Versorgungsausgleichs seien deshalb im Wege der Anrechnungsmethode zu berücksichtigen; danach verbleibe kein Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt.

Nur gegen die Entscheidung in der Folgesache Ehegattenunterhalt wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde, mit der sie ihren erstinstanzlichen Antrag in voller Höhe weiter verfolgt. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Antragsteller hält die Entscheidung des AG für zutreffend; hilfsweise beantragt er, den Unterhaltsanspruch zeitlich bis zum 31.1.2012 zu begrenzen.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt; in der Sache führt sie nur zu einem geringen Erfolg.

Der Antragsgegnerin steht grundsätzlich ab Rechtskraft der Ehescheidung, die am 15.3.2011 eingetreten ist (vgl. Bl. 106 GA), ein Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt nach §§ 1571, 1572 BGB zu, da sie eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezieht und von ihr deshalb eine Erwerbstätigkeit nicht mehr erwartet werden kann. Dieser Anspruch besteht aber nur solange sie sich mit ihren eigenen Einkünften nicht selbst unterhalten kann. Das ist ab dem 17.4.2011 (Eintritt der Rechtskraft in der Folgesache Versorgungsausgleich am 16.4.2011 und Beginn der Leistungen nach dem Bundesversorgungsteilungsgesetz am 17.4.2011) n...

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