Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung einer Vergleichsvereinbarung, wonach der Beklagte die Kosten seiner Säumnis trägt

 

Leitsatz (amtlich)

War der Beklagte in einem Termin säumig, ist eine spätere Vergleichsvereinbarung, wonach er verpflichtet bleibt, die Kosten der Säumnis zu tragen, nicht dahin auszulegen, dass ihm sämtliche Gerichtskosten zur Last fallen, die darauf zurückgehen, dass eine Ermäßigung der Gerichtsgebühr (1211 Nr. 3 KV zum GKG) wegen des Versäumnisurteils ausscheidet (Abgrenzung zu KG in KGReport Berlin 2006, 924).

 

Normenkette

GKG-KV 1210; GKG-KV 1211; BGB §§ 133, 157, 779; ZPO § 344

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 15.08.2007; Aktenzeichen 10 O 493/06)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 15.8.2007 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Beschwerdewert beträgt 332 EUR.

 

Gründe

Nachdem der Beklagte im ersten Gerichtstermin säumig geblieben war, schlossen die Parteien einen Vergleich. Dessen Kostenregelung lautet wie folgt:

"Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben. Ausgenommen sind die Säumniskosten, die der Beklagte trägt."

Die Klägerin meint, neben den reinen Säumniskosten müssten gegen den Beklagten auch 5/6 der Gerichtsgebühren festgesetzt werden. Ohne die Säumnis hätte der Vergleich nämlich bewirkt, dass der gerichtliche Gebührensatz von 3,0 (1210 KV zum GKG) auf 1,0 reduziert worden wäre (1211 Nr. 3 KV zum GKG). Nur wegen des vorausgegangenen Versäumnisurteils sei die Gebührenermäßigung nicht eingetreten. Mithin handele es sich bei den Mehrkosten von 2/3 um Kosten der Säumnis.

Dem ist die Rechtspflegerin nicht gefolgt.

Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet. Die Rechtspflegerin hat richtig entschieden.

Welchen genauen Regelungsinhalt die Kostenvereinbarung der Parteien hat, ist durch Auslegung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB). Die Verpflichtung des Beklagten, die Säumniskosten zu tragen, muss nach dem allgemeinen Sprachverständnis eines objektiven Empfängers der Erklärung dahin interpretiert werden, dass jene Mehrkosten dem Beklagten zur Last fallen, die unmittelbar durch das Fernbleiben im ersten Gerichtstermin entstanden sind. Zu diesem Zeitpunkt war die 3,0 Gerichtsgebühr bereits angefallen und von der vorschusspflichtigen Klägerin gezahlt worden. Durch die Säumnis wurde diese Gebühr nicht beeinflusst. Aufgrund des Versäumnisurteils stand jedoch fest, dass im weiteren Verfahren eine Gebührenreduzierung durch einen gerichtlichen Vergleich nicht mehr eintreten konnte.

Wenn die Prozessparteien sich sodann darauf beschränkten, nur "die Säumniskosten" dem Beklagten aufzuerlegen, wäre die weitere Vereinbarung (Gerichtskosten gegeneinander aufgehoben) perplex, wenn man das Verständnis der Klägerin zugrunde legte. Denn mit diesen Kosten konnten nur die beim Vergleichsschluss insgesamt angefallenen gerichtlichen Kosten gemeint sein. Ihr abweichendes Verständnis hätte die Klägerin nur durch die Vergleichsformulierung durchsetzen können, dass der Beklagte 5/6 der Gerichtskosten zu tragen hat.

Bei alledem wird nicht verkannt, dass nach einer Entscheidung des KG die Kostenregelung eines gerichtlichen Vergleichs, der dem Kläger - bei Kostenaufhebung im Übrigen - die Kosten des von ihm erwirkten, aber nicht in gesetzlicher Weise ergangenen Versäumnisurteils auferlegt, nach §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen sein soll, dass der Kläger die an den Fortfall der Ermäßigung der gerichtlichen Verfahrensgebühr (KV-GKG 1210) infolge des vorangegangenen Versäumnisurteils (KV 1211 Nr. 3) anknüpfenden Mehrkosten allein zu tragen hat (KGReport Berlin 2006, 924).

Ob dem zu folgen ist, kann jedoch dahinstehen. Nach Auffassung des Senats, ist die dort gewählte Formulierung, wonach der Kläger sämtliche Kosten zu tragen hatte, die an das in nicht gesetzlicher Weise ergangene Versäumnisurteil anknüpften, nicht mit der hier gewählten Formulierung vergleichbar, wonach der Beklagte die Kosten seiner Säumnis im ersten Gerichtstermin zu tragen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1834695

JurBüro 2008, 92

ZAP 2007, 1396

MDR 2008, 112

AGS 2008, 97

NJW-Spezial 2007, 588

RENOpraxis 2008, 23

OLGR-West 2008, 247

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