Verfahrensgang
AG St. Goar (Beschluss vom 06.09.2016; Aktenzeichen 51 F 228/16) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem LG Koblenz wird der Beschluss des AG - Familiengericht - St. Goar vom 06.09.2016 dahingehend abgeändert, dass die Antragstellerin im Rahmen der bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf die Kosten der Verfahrensführung aus ihrem Vermögen einen einmaligen Betrag von 1.521,- EUR, zahlbar bis zum 31.01.2017, an die Landesjustizkasse Mainz zu zahlen hat.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem LG Koblenz ist überwiegend begründet.
Die Antragstellerin verfügt über eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 4.633,80 EUR per 01.01.2016. Die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung wurde gemäß Mitteilung der ... [A] Lebensversicherung AG vom 13.10.2015 bereits zum 01.12.2015 ausgeschlossen.
Diese kapitalbildende Lebensversicherung hat die Antragstellerin teilweise zur Deckung der Verfahrenskosten einzusetzen.
Bei der Entscheidung über die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe ist entsprechend der gesetzlichen Anordnung in § 115 Abs. 3 ZPO von den strengen sozialrechtlichen Maßstäben des § 90 SGB XII auszugehen. Der Bedürftige hat alle verfügbaren eigenen Mittel einzusetzen, bevor ihm staatliche Hilfe auf Kosten der Allgemeinheit bewilligt werden kann.
Der Senat folgt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (VersR 2011, 1028), wonach Lebensversicherungen grundsätzlich für die Verfahrenskosten zu verwerten sind, sofern sie nicht nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII anrechnungsfrei gestellt sind, weil sie der zusätzlichen Altersvorsorge i.S. des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dienen und staatlich gefördert wurden ("Riester-Rente"). Eine Verwertung durch Kündigung, Verkauf oder Beleihung kann erfolgen, soweit der erzielbare Wert das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Buchstabe b der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII übersteigt. Vorliegend beträgt das Schonvermögen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe b der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII insgesamt 3.112 EUR (2.600 EUR zuzüglich 2 × 256 EUR), so dass grundsätzlich 1.521 EUR einsetzbar sind.
Es liegt im vorliegenden Einzelfall auch keine Härte vor, die es erfordert, der Antragstellerin unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten ihre Versicherung zu belassen, § 90 Abs. 3 SGB XII. Umstände, die eine Härte begründen, wie beispielsweise die Unwirtschaftlichkeit der Verwertung oder die wesentliche Erschwerung der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung, sind von dem Antragsteller darzutun. Die Antragstellerin hat insoweit geltend gemacht, dass sie beabsichtige, die Lebensversicherung zur Altersabsicherung einzusetzen. Die bloße Absicht der Antragstellerin, das Kapital zur Altersvorsorge bereit zu halten, genügt aber nicht, da das Kapital - die Versicherung läuft zum 01.12.2035 aus, mithin zu einem Zeitpunkt, zu dem die Antragstellerin gerade einmal das 60. Lebensjahr vollendet hat - jederzeit anderweitig eingesetzt werden kann. Dass das Kapital aufgrund der vertraglichen Gestaltung zweckgebunden oder durch sonstige Regelungen für die Alterssicherung bestimmt oder geeignet sei, hat die Antragstellerin nicht dargelegt und ist auch aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich.
Da die Antragstellerin zum jetzigen Zeitpunkt 41 Jahre alt und erwerbsfähig ist, kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass ohne das einzusetzende Kapital eine angemessene Altersvorsorge nicht gewährleistet ist.
Die Verfahrenskosten werden sich ausgehend von dem seitens der Antragstellerin auf 8.400 EUR bezifferten vorläufigen Verfahrenswert auf 1.532 EUR für den Verfahrensbevollmächtigten und 222 EUR hälftige Gerichtsgebühren, mithin insgesamt 1.754 EUR, belaufen. Da die Lebensversicherung mit einem Betrag von 1.521 EUR einsetzbar ist, ist die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe unter Anordnung einer Einmalzahlung in dieser Höhe gerechtfertigt.
Fundstellen
Haufe-Index 10227318 |
Rpfleger 2017, 347 |