Leitsatz (amtlich)
Der Rückkaufswert einer Kapitallebensversicherung zählt zum verwertbaren Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO, es sei denn, das die Versicherung aufgrund der vertraglichen Gestaltung, etwa durch eine entsprechende Fälligkeit, Zweckbindung oder durch sonstige Regelungen zwingend für die Alterssicherung bestimmt und geeignet ist. Dies hat der um Verfahrenskostenhilfe Ersuchende darzulegen.
Verfahrensgang
AG Lübben (Aktenzeichen 30 F 123/11) |
Tenor
Der Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe
Der Antragstellerin war ungeachtet ihres Erfolges in der Sache selbst in erster Instanz keine Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zu bewilligen, weil sie nicht bedürftig ist.
Die Antragstellerin verfügt nämlich über einzusetzendes Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO, und zwar in Form zweier Lebensversicherungen mit Rückkaufswerten von 2.337,58 EUR und 3.076,57 EUR) und einem Bausparvertrag mit einem Guthaben von (mindestens) 2.963,94 EUR (Stand: Ende 2010). Aus dem der Antragstellerin somit zustehenden Gesamtvermögen von 8.378,09 EUR können unter Berücksichtigung des Schonvermögens von 2.600 EUR (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1b der Verordnung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII) die voraussichtlich entstehenden Kosten für das Beschwerdeverfahren von rund 2.500 EUR (aus einem Streitwert von bis 13.000 EUR a4 Gerichtsgebühren [876 EUR], 1,6 Verfahrensgebühren [841,60 EUR], 1,2 Terminsgebühren [631,20 EUR] zzgl. Postpauschale [20 EUR] und Umsatzsteuer [283,63 EUR]) ohne weiteres aufgebracht werden.
Die Ausführungen der Antragstellerin auf den Hinweis des Senates zur fehlenden Prozessarmut vom 11.1.2012 rechtfertigen eine abweichende Entscheidung nicht.
Soweit die Antragstellerin ausführt, das mit den hier vorliegenden Belegen nachweislich vorhandene Vermögen könne tatsächlich nicht verwertet oder nicht in der mitgeteilten Höhe realisiert werden, ist ihr Vorbringen substanzlos und nicht nachvollziehbar. Im Gegenteil: Der offenkundig weiterhin laufend bediente Bausparvertrag dürfte inzwischen sogar einen höheren als den mitgeteilten Guthabenbetrag aufweisen. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass aus den vorstehenden Berechnungen die Verfahrenskosten schon mit einem Gesamtvermögen von rund 5.100 EUR aufgebracht werden könnten, so dass selbst nicht nur unerhebliche Vermögensverluste in der Zwischenzeit an der fehlenden Bedürftigkeit der Antragstellerin nichts ändern würden.
Es entspricht im Übrigen gefestigter Rechtsprechung (nicht nur) des erkennenden Senates, dass der Rückkaufswert einer Kapitallebensversicherung grundsätzlich zum verwertbaren Vermögen i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO zählt, das einzusetzen ist, soweit es das sog. Schonvermögen i.S.v. § 90 SGB XII übersteigt und auch die Härtefallregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII dem Einsatz dieses Vermögens nicht entgegensteht (vgl. Beschluss des erkennenden Senates vom 23.4.2008 - 9 WF 372/07; OLG Stuttgart FamRZ 2008, 2290; OLG Köln FamRZ 2004, 382; OLG Frankfurt FamRZ 2006, 135; OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 524; OLG Hamburg FamRZ 2001, 97). Auch der BGH teilt ausdrücklich diese Rechtsauffassung (vgl. FamRZ 2010, 1643).
Nach § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII muss (nur) Kapital, das der zusätzlichen Altersvorsorge i.S.v. § 10a oder des Abschnittes XI des Einkommenssteuergesetzes dient, nicht eingesetzt werden, wenn seine Ansammlung staatlich gefördert wurde. Angesprochen ist damit im Wesentlichen die sog. Riester-Rente. Dass es sich bei den im Streitfall abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen um einen Altersvorsorgevertrag im Sinne des Altersvorsorgezertifizierungsgesetzes (BGBl. I 2001, 1310, 1322 ff.) oder den in § 82 EStG gleichgestellten Verträgen handelt, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
Auch die Härtefallregelung des § 90 Abs. 3 SGB XII steht dem Einsatz dieses Vermögens nicht entgegen. Danach darf die Sozialhilfe - und Verfahrenskostenhilfe ist eine besondere Form der Sozialhilfe (vgl. BGH JAmt 2005, 323/324) - nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde, also vor allem dann, wenn und soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. In § 90 Abs. 3 SGB XII hat der Gesetzgeber die vorher in § 88 Abs. 3 BSHG bestehende Regelung übernommen. Nach der Rechtsprechung zu § 88 Abs. 3 BSHG war der Einsatz einer Kapitallebensversicherung mit ihrem Rückkaufswert im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt unter bestimmten weiteren Voraussetzungen nicht grundsätzlich zu beanstanden (vgl. BVerwGE 121, 34). Nachdem bereits § 90 Abs. 2 SGB XII Alterssicherungsvermögen erfasst, müssen im Rahmen des § 90 Abs. 3 SGB XII weitere Erwägungen im Einzelfall durchgreifen.
Voraussetzung ist jedenfalls, dass das Vermögen auch nachweisbar für den Zweck der Alterssicherung verwendet werden sollte; bloße Absichten oder unve...