Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit der Kosten eines innerprozessualen Privatgutachtens im Bauprozess trotz verjährter Klageforderung
Normenkette
ZPO § 91 Abs. 1, § 104
Verfahrensgang
LG Bad Kreuznach (Beschluss vom 02.06.2009) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Bad Kreuznach vom 2.6.2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
3. Der Beschwerdewert beträgt 4.222,46 EUR.
Gründe
Mit der am 28.8.2006 erhobenen Klage hatte die Anspruchstellerin Restwerklohn von 94.591,87 EUR für ein im Oktober 1998 fertig gestelltes und abgenommenes Bauwerk geltend gemacht und behauptet, die Beklagten hätten darauf verzichtet, die Verjährungseinrede zu erheben.
Die Beklagten traten dem am 24.11.2006 u.a. mit der Verjährungseinrede entgegen. Wegen erheblicher Baumängel hatten die Beklagten zuvor im Oktober 2006 den Privatgutachter S. beauftragt. Er schätzte in einem vom 18.11.2006 datierenden Gutachten die Kosten der Mängelbeseitigung auf 74.350,20 EUR. Das hielten die Beklagten der Klageforderung hilfsweise entgegen.
Das LG hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen und im nunmehr angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss die Privatgutachterkosten von 4.222,46 EUR als erstattungsfähig anerkannt.
Das bekämpft die sofortige Beschwerde ohne Erfolg.
Ihr ist zwar im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass die mit einer Werklohnklage konfrontierte Partei, die dem Unternehmer Mängel der Werkleistung entgegenhalten will, grundsätzlich gehalten ist, deren äußeres Erscheinungsbild selbst darzustellen und die weitere Sachaufklärung, insb. hinsichtlich des Mängelbeseitigungsaufwandes, der gerichtlichen Beweiserhebung zu überlassen.
Der vorliegende Fall weist aber die Besonderheit auf, dass es weithin um Mängel ging, deren konkretes Erscheinungsbild von einem bautechnischen Laien nicht allumfassend und sachgemäß erfasst und dargestellt werden konnte. Davon ist der Senat aufgrund der Ausführungen in dem Privatgutachten und den beigefügten Anlagen überzeugt. Daraus folgt, dass die Beklagten es für erforderlich halten durften, einen Privatsachverständigen einzuschalten, um ihrer Darlegungspflicht zu genügen.
Soweit die Beschwerde dem entgegenhält, zentraler Streitpunkt sei von Anfang an die Verjährungsfrage gewesen, weshalb die Beklagten hätten abwarten müssen, ob das Gericht die Einrede als durchgreifend erachtete, ist das nicht tragfähig. Die Klägerin war anwaltlich vertreten. Obwohl sie und ihr Prozessbevollmächtigter ausweislich der Ausführungen in der Klageschrift mit der Verjährungseinrede rechneten, hatten sie sich dazu entschlossen, den Restwerklohn einzuklagen. Das belegt hinreichend, dass sie nach Prüfung der Prozessrisiken überzeugt waren, die Restwerklohnforderung sei nicht verjährt. Dies um so mehr, als in der Klageschrift unter Beweisantritt ein die Beklagten dauerhaft bindender Verzicht auf den Verjährungseinwand behauptet wurde. Die Beklagten mussten daher gewärtigen, dass die später tatsächlich auch durchgeführte Beweisaufnahme in der Verjährungsfrage zu ihrem Nachteil ausgehen konnte. Demzufolge waren sie nach Maßgabe der in §§ 277 Abs. 1 Satz 1, 282 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO umschriebenen Prozessförderungspflicht gehalten, auch ihre Hilfsargumentation sofort vorzubringen und zu substantiieren, um nicht später Gefahr zu laufen, damit an § 296 ZPO zu scheitern.
Nach alledem handelte es sich bei den Kosten des Privatgutachters um notwendigen Prozessaufwand, der von der Klägerin zu erstatten ist.
Soweit die Parteien wechselseitig mit vermeintlich einschlägigen Entscheidungen des OLG Frankfurt und des erkennenden Senats argumentieren, ist darauf hinzuweisen, dass es dort um Kosten vorprozessualer Privatgutachten ging. Die insoweit entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze sind nur mit Einschränkungen auf den vorliegenden Fall (innerprozessuales Privatgutachten) übertragbar.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Fundstellen
Haufe-Index 2343376 |
NJW 2010, 8 |
BauR 2010, 1625 |
BauR 2010, 831 |
NJW-RR 2010, 1036 |
IBR 2010, 311 |
JurBüro 2010, 310 |
ZAP 2011, 125 |
VersR 2010, 1332 |
NZBau 2010, 503 |
DS 2010, 288 |