Verfahrensgang
AG Sinzig (Beschluss vom 04.09.2015; Aktenzeichen 12 F 386/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der zweite Versäumnisbeschluss des AG - Familiengericht - Sinzig vom 04.09.2015 aufgehoben und die Sache zur Verhandlung über den Einspruch und auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens an das AG zurückverwiesen.
Dem Antragsgegner wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin... ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt.
Gründe
I. Nachdem der Antragsgegner innerhalb der ihm gesetzten Frist seine Verteidigung nicht angezeigt hatte, hat das AG ihn mit Teilversäumnisbeschluss vom 21.04.2015 zur laufenden Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 225,00 EUR verpflichtet und nach Rückabtretung an die Antragstellerin mit Beschluss vom 07.09.2015 ratenfreie Verfahrenskostenhilfe auch für rückständigen Unterhalt in Höhe von 4.725,00 EUR bewilligt. Gegen den Teilversäumnisbeschluss hat der Antragsgegner mit am 20.05.2015 beim AG eingegangenen Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten Einspruch eingelegt und bis zuletzt erfolglos um eine Entscheidung über die Bewilligung von ratenfreier Verfahrenskostenhilfe für den Einspruch ersucht.
Mit Schriftsatz vom 09.06.2015 hat der Antragsgegner die Formularerklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt ohne seinen Einspruch zu begründen.
Nachdem er im Termin vor dem AG am 04.09.2015 ohne seine Bevollmächtigte erschienen war, die am Tag zuvor mitgeteilt hatte, ohne eine Vorabentscheidung über das Verfahrenskostenhilfegesuch nicht aufzutreten, und die Familienrichterin darauf hingewiesen hatte, dass die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ohne eine Begründung des Einspruchs mangels Beurteilbarkeit der Erfolgsaussichten des Einspruchs nicht möglich sei, hat das AG mit dem angefochtenen Beschluss den Einspruch des Antragsgegners verworfen.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, die er darauf stützt, dass das AG mangels schuldhafter Säumnis den Einspruch nicht habe verwerfen dürfen und beantragt, unter Aufhebung des zweiten Teilversäumnisbeschlusses vom 04.09.2015 das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückzuverweisen und hilfsweise, unter Abänderung des am 04.09.2015 verkündeten zweiten Teilversäumnisbeschlusses und Aufhebung des Teilversäumnisbeschlusses vom 21.04.2015 den Antrag abzuweisen.
Die Antragstellerin, die den Beschluss des AG verteidigt, beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Die nach §§ 117 Abs. 2 Satz 1, 58 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 514 Abs. 2 ZPO statthafte, weil lediglich darauf gestützte Beschwerde, dass ein Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe, hat einen - zumindest vorläufigen - Erfolg.
Der Senat verweist die Sache nach § 117 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 538 Abs. 2 Nr. 6 ZPO an das AG zurück.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer zweiten Versäumnisentscheidung haben nicht vorgelegen. Nach § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG i.V.m. §§ 345, 333 ZPO setzt der Erlass einer zweiten Säumnisentscheidung voraus, dass der betreffende Beteiligte nicht erscheint oder - ordnungsgemäß nach §§ 114 Abs. 1, 112 Nr. 1 FamFG anwaltlich vertreten - nicht verhandelt, die Säumnisentscheidung nicht aus den in § 335 ZPO genannten Gründen unzulässig ist und die Sache nicht nach § 337 ZPO zu vertagen war.
Wird die Ablehnung eines Verfahrenskostenhilfegesuchs unmittelbar vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung oder gar in diesem selbst bekannt gegeben und dann in diesem Termin gegen die nicht ordnungsgemäß vertretene Partei ein Versäumnisurteil erlassen, liegt ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs vor mit der Folge, dass kein Fall der Säumnis gegeben war und die Sache nach § 337 Satz 1 ZPO von Amts wegen zu vertagen ist (OLG Dresden, Urteil vom 17.10.1995 - 13 U 288/95 -, juris, Leitsatz Abs. 2; Musielak/Voit/Stadler, 12. Aufl., Rn. 6 zu § 338).
Das muss erst recht gelten, wenn vor Erlass der Säumnisentscheidung über das Prozess- bzw. hier Verfahrenskostenhilfegesuch noch gar nicht entschieden worden ist. Zwar wird vertreten, dass, solange über ein Prozesskostenhilfegesuch noch nicht entschieden ist, eine Partei bei der Terminsvorbereitung grundsätzlich in Betracht ziehen muss, dass der Antrag möglicherweise kurz vor dem Termin oder noch im Termin zurückgewiesen wird (OLG Koblenz, Urteil vom 15.6.1989 - 5 U 1130/88 -, juris).
Wenn das Gericht das Gesuch aber erst im Termin zurückweist, muss es vor einer Säumnisentscheidung schon unter dem Blickwinkel von Art. 19 Abs. 4 GG, die Möglichkeit einzuräumen, den Beschluss anzufechten und durch Nachschieben einer Begründung im Rechtsmittelverfahren (§ 113 Abs. 1 Satz 2 ZPO i.V.m. §§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 571 Abs. 2 Satz 1 ZPO), eine stattgebende Entscheidung zu erhalten. Weil dann aber in jedem Fall zu vertagen ist, ist über die Verfahrenskostenhilfe vor der Hauptsache zu entscheiden, es sei denn, die Erfolglosigkeit ist offensichtlich oder das Gericht hat zuvor auf die fehlende Erfolgsauss...