Leitsatz (amtlich)
Steht fest, dass ein Umgang nur mit nach § 90 Abs. 2 Satz 1 FamFG unzulässiger körperlicher Gewalt gegen das Kind umgesetzt werden könnte, scheidet regelmäßig bereits die Anordnung eines entsprechenden Umgangs aus. Es kommen allenfalls Maßnahmen nach §§ 1666, 1666a BGB gegen den betreuenden Elternteil in Betracht. Diese stehen indes unter einem strengen Verhältnismäßigkeitsvorbehalt, hinter dem das Recht auf Umgang des anderen Elternteils ggfls. zurück stehen muss.
Normenkette
BGB § 1684; FamFG § 90 Abs. 2 S. 1; GG Art. 6
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der am 23.02.2018 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - N. in Ziff. 1 seines Tenors abgeändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Der Umgang des Antragsgegners (Kindesvater) mit dem betroffenen Kind J., geb. am ...2005, wird unter Antragsabweisung im Übrigen in Abänderung der vor dem Oberlandesgericht K. am 26.11.2014 zu Az. .../14 geschlossenen Vereinbarung bis zum 31.05.2020 mit der Maßgabe ausgesetzt, dass der Antragsgegner (Kindesvater) berechtigt ist, dem Kind viermal pro Jahr einen Brief zu schreiben sowie zu Weihnachten und zum Geburtstag Geschenke zuzusenden; im Falle der Inempfangnahme dieser Dinge durch die Kindesmutter oder anderer Personen hat die Kindesmutter unverzüglich diese Dinge dem Kind auszuhändigen bzw. die Aushändigung zu veranlassen.
2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
4. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen Antragstellerin und Antragsgegner je zur Hälfte; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
I. Das vorliegende Verfahren betrifft den Umgang des dreizehn Jahre alten Kindes J. mit seinem Vater. Die Ehe der Kindeseltern ist seit geraumer Zeit rechtskräftig geschieden. Nach der Trennung seiner Eltern siedelte J. aufgrund gerichtlicher Entscheidung Anfang 2013 von seinem Vater zu seiner Mutter über. Seit der Trennung waren außerdem wiederholt familiengerichtliche Verfahren in Kindschaftssachen zur elterlichen Sorge und zum Umgang anhängig. Neben dem vorliegenden Umgangsverfahren streiten die Kindeseltern auch derzeit noch vor dem Amtsgericht - Familiengericht - G. über einen dort im Jahr 2015 vom Kindesvater anhängig gemachten Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge, hilfsweise die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts sowie äußerst hilfsweise die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Vormund. Dieses Verfahren dauert - unter anderem wegen teils erfolgloser, teils erfolgreicher Ablehnungsgesuche sowie der Einholung von Sachverständigengutachten - noch an.
Hinsichtlich des Umgangs des Kindesvaters hatten die vormaligen Eheleute zuletzt am 26.11.2014 vor dem Oberlandesgericht K. (Az. .../14; Amtsgericht - Familiengericht - G., Az. .../11) eine Vereinbarung getroffen (Bl. 50 ff. d.A. Amtsgericht - Familiengericht - N., Az.: .../16). Danach sollte der Kindsvater nach einer Anbahnungsphase mit einer schrittweisen Kontaktausweitung letztlich beginnend ab Ende April 2015 das Kind neben einer Ferienreglung alle zwei Wochen von Freitagabend bis Sonntagabend zu sich nehmen. Eine Umsetzung dieser Vereinbarung in der Folgezeit scheiterte jedoch von Anfang an trotz gegen die Kindesmutter zeitnah festgesetzten Ordnungsgelds und Ersatzhaft (Amtsgericht - Familiengericht - G, Az. .../15, Beschluss vom 27.02.2015 und Oberlandesgericht K., Az. .../14, Beschluss vom 14.04.2015). Weitere Ordnungsmittelanträge des Antragstellers aus Mitte 2016 lehnte das nunmehr infolge Umzugs von Kindesmutter und Kind zuständige Amtsgericht - Familiengericht - N. aufgrund fehlenden Verschuldens der Kindesmutter ab (Beschluss vom 22.09.2016 zu Az.: .../16). Ein parallel dazu eingeleitetes Vermittlungsverfahren blieb ebenfalls ohne Erfolg (Amtsgericht - Familiengericht - N, Az. .../16). Mit Beschluss vom 29.09.2016 (Az. .../16) schließlich setzte das Amtsgericht - Familiengericht - N. die Vollstreckung aus der o.g. Umgangsvereinbarung einstweilen antragsgemäß aus, nachdem die Kindesmutter das vorliegende Verfahren auf Umgangsaussetzung eingeleitet hatte. Zur Begründung hat die Kindesmutter angegeben, J. lehne Kontakte zum Vater ab und benötige Ruhe; er habe Angst vor seinem Vater und sei durch mögliche Umgangskontakte stark belastet. Der Kindesvater sieht demgegenüber eine Beeinflussung des Kindes durch seine Mutter.
Das Familiengericht hat dem betroffenen Kind einen Verfahrensbeistand bestellt und nach persönlicher und schriftlicher Anhörung der Beteiligten, einschließlich des Kindes, sowie des Jugendamts in Abänderung der Umgangsvereinbarung vom 26.11.2014 einen begleiteten Umgang alle vier Wochen Mittwochs in der Zeit von 16 Uhr bis 17:30 Uhr bei einem näher bezeichneten Jugendhilfeträge angeordnet. In diesem Zusammenhang hat das Ausgangsgericht noch Anordnungen zur Durchführung des Umgangs sowie zur Mitwirkung und zum Wohlverhalten ...