Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung einer Anfechtung der Kostenpflicht; Gerichtskostenhaftung des Erben der PKH - Partei
Leitsatz (amtlich)
1. Ist die Prozesserklärung einer Partei auslegungsbedürftig und auslegungsfähig, wobei das in Betracht kommende Rechtsmittel verfristet und zudem kostenpflichtig wäre, während das erstrebte Ziel durch einen zulässigen und zudem kostenfreien Rechtsbehelf erreicht werden kann, verbietet sich die Annahme, der Antragsteller beabsichtige eine unzulässige sofortige Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung statt der zulässigen und kostenfreien Erinnerung gegen den gerichtlichen Kostenansatz.
2. Hat der Erbe der PKH - Partei, bei dem die persönlichen Voraussetzungen für eine PKH - Bewilligung nicht vorliegen, den Rechtsstreit nicht aufgenommen, haftet er auch nicht für die vor dem Erbfall entstandenen Gerichtskosten (Abgrenzung zu OLG Frankfurt in NJW-RR 1996, 776).
Normenkette
BGB §§ 133, 1967; ZPO §§ 91a, 114, 122, 124, 246, 567, 569; GKG § 66
Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 08.11.2012; Aktenzeichen 4 O 297/01) |
Tenor
1. Die Nichtabhilfeentscheidung der 4. Zivilkammer des LG Trier vom 8.11.2012 wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an das LG Trier zurückgegeben zur Entscheidung über die Erinnerung des Nikolaus A. gegen den gerichtlichen Kostenansatz (§ 66 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Gründe
Der Antragsteller ist Erbe der 1965 geborenen und im Oktober 2010 verstorbenen Kornelia A., der Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsbestimmung bewilligt war. Nach einem Sturz im Oktober 1999 wurde Kornelia A. ärztlich fehlerhaft behandelt. Der deswegen geführte Rechtsstreit endete mit einem Vergleich der Hauptsache, die damit erledigt war. Über die Kosten entschied das LG durch Beschluss vom 24.11.2011 nach § 91a ZPO und legte der anwaltlich vertretenenen Kornelia A. (§ 246 Abs. 1 Satz 1 erster und zweiter Halbsatz ZPO) einen Teil der Kosten auf.
Das führte zu einer an den Antragsteller als Erben adressierten Gerichtskosten- rechnung. Er hat sich hiernach mit gleichlautenden Schreiben u.a. an das LG Trier und die Landesjustizkasse gewandt. Im letzten Schreiben vom 26.10.2012 hat der Antragsteller u.a. gemeint, die beklagten Ärzte müssten die gesamten Kosten tragen, er selbst schulde keine Gerichtskosten.
Das LG hat darin eine sofortige Beschwerde gegen die Kostengrund- entscheidung vom 24.11.2011 gesehen, dem vermeintlichen Rechtsmittel durch Beschluss vom 8.11.2012 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. In der Nichtabhilfeentscheidung heißt es, die sofortige Beschwerde sei wegen des beim LG bestehenden Anwaltszwangs, aber auch deshalb unzulässig, weil sie außerhalb der Zweiwochenfrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt sei.
Dem kann der Senat nicht beipflichten; die Sache musste unter Aufhebung der Nichtabhilfeentscheidung an das LG zurückgegeben werden.
Der Senat interpretiert das Sachbegehren des Antragstellers anders als das LG. Richtig ist allerdings, dass der Antragsteller sich auf den ersten Blick dagegen verwahrt, dass der Verstorbenen Kosten auferlegt worden sind. Das LG hat dabei aber nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller gegen Ende seines Schreibens Folgendes mitgeteilt hat:
"Wir schließen uns der Meinung des unsere Tochter vertretenden Anwalts an, dass die Gerichtskostenforderung nicht rechtens ist und bitten, diese traurige Angelegenheit durch eine humane Entscheidung zu beenden und uns die Gerichtskosten insgesamt zu erlassen".
Das verdeutlicht hinreichend (§ 133 BGB), dass der Antragsteller nicht die Kosten-grundentscheidung, sondern den gerichtlichen Kostenansatz beanstandet. Ist die Prozesserklärung einer Partei auslegungsbedürftig und auslegungsfähig und kann das Erstrebte durch das scheinbar in Betracht kommende, jedoch greifbar unzulässige Rechtsmittel, das zudem kostenpflichtig ist (1810 KV - GKG), nicht erreicht werden, während das Begehren auf einem anderen, noch dazu kostenfreien Weg (§ 66 Abs. 8 GKG) Erfolg haben kann, ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die Partei nur von dem zulässigen Rechtsbehelf Gebrauch machen will. Das ist hier die Erinnerung gegen den gerichtlichen Kostenansatz (§ 66 Abs. 1 GKG).
Der Senat ist gehindert, darüber in der Sache zu entscheiden, weil es an der unerlässlichen Anhörung des Bezirksrevisors bei dem LG Trier fehlt (Art. 103 Abs. 1 GG). Entbehrlich wäre die Anhörung allenfalls, wenn der Senat den Kostenansatz bestätigen und die Erinnerung zurückweisen würde. Das ist deshalb nicht möglich, weil ein Erbe grundsätzlich kostenmäßig nicht in größerem Umfang als der Erblasser vor dem Tod haftet (§ 1967 BGB). Ob etwas anderes gilt, wenn der Erbe den Rechtsstreit aufgenommen und fortgeführt hat, steht nicht zur Entscheidung an.
Die Anhörung des Bezirksrevisors ist auch nicht dadurch erfolgt, dass der Rechtspfleger in einem Schreiben vom 27.9.2012 mitgeteilt hat, die Bezirksrevisoren in Rheinland - Pfalz seien der Ansicht, dass eine PKH - Bewilligung mit dem Tod der PKH - Partei erlischt mit der Folge, dass die Er...