Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Gerichtskostenhaftung des Erben der PKH - Partei
Leitsatz (amtlich)
Lässt der Erbe einer Partei, der ratenfreie PKH bewilligt war, lediglich nach § 278a ZPO einen Vergleich protokollieren, der die Hauptsache erledigt, und erwirkt anschließend eine Kostenentscheidung nach § 91a ZPO, haftet er nicht für Gerichtskosten, weil keine ausscheidbaren weiteren gerichtlichen Kosten entstanden sind (Klarstellung zu BVerwG NJW 1960, 1973 - gegen Fischer in Rpfleger 2003, 637 - 641)
Normenkette
BGB § 1967; ZPO §§ 114, 120, 239, 246, 250, 278a; GKG a.F. § 5; GKG §§ 11, 54, 61; GKG n.F. § 3 Abs. 2; GKG §§ 29, 66, 72; KV-GKG Nr. 1210
Verfahrensgang
LG Trier (Beschluss vom 27.12.2012; Aktenzeichen 4 O 297/01) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Trier vom 27.12.2012 geändert und wie folgt neu gefasst:
Auf die Erinnerung des Antragstellers wird der gegen ihn gerichtete Ansatz von Gerichtskosten für den Rechtsstreit 4 O 297/01 LG Trier insgesamt aufgehoben.
2. Die Beschwerdeentscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
Gründe
Der Antragsteller ist Erbe der im Oktober 2010 verstorbenen K. A., der auf ihren im November 2001 gestellten Antrag im Juni 2002 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsbestimmung bewilligt war. Nach einem Sturz im Oktober 1999 wurde K. A. ärztlich fehlerhaft behandelt. Der deswegen seit Juni 2002 anhängige Rechtsstreit endete nach einem im Mai 2008 verkündeten Teil- und Grundurteil mit einem am 22.11.2011 gem. § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleich der Hauptsache, die damit erledigt war. Über die Kosten entschied das LG durch Beschluss vom 24.11.2011 nach § 91a ZPO und legte der anwaltlich vertretenenen K. A. (§ 246 Abs. 1 Satz 1 erster und zweiter Halbsatz ZPO) 31 % der Gerichtskosten auf. Diese betragen insgesamt 16.158,49 EUR, der auf die ehemalige Klägerin entfallende Anteil mithin rechnerisch 5009,13 EUR. Addiert wurde eine vermeintlich auf die Staatskasse übergegangene PKH - Anwaltsvergütung von 1984,74 EUR, was im Endergebnis zu einem Kostanansatz von 6.993,87 EUR gegen die Erben der K. A. führte.
Einer der Erben ist der Erinnerungsführer. Er ist der Ansicht, dass er wegen der ratenfreien Prozesskostenhilfe, die der Erblasserin bewilligt war, nicht für Gerichtskosten hafte.
Das LG Trier hat den dortigen Bezirksrevisor angehört. Er hat gemeint, die Erinnerung sei nach § 5 GKG a.F. zulässig und bis auf einen Teilbetrag von 1024,71 EUR begründet. Der Kostenansatz ist bereits entsprechend reduziert worden.
Die verbliebene Erinnerung hat das LG als nach § 66 GKG (neuer Fassung) zulässig, jedoch unbegründet erachtet und dazu "vollumfänglich" auf die Stellungnahme des Bezirksrevisors verwiesen. Ergänzend hat der Einzelrichter bemerkt, durch die Protokollierung des Vergleichs nach § 278a ZPO, verbunden mit der Erledigungserklärung und dem Antrag auf Kostenentscheidung nach § 91a ZPO habe der Erinnerungsführer als Erbe den Rechtsstreit aufgenommen. Eine Gebührenermäßigung habe wegen des vorausgegangenen Teil - und Grundurteils durch die abschließende Kostenentscheidung nach § 91a ZPO nicht mehr eintreten können. Mit der Aufnahme und dem Weiterbetrieb des Verfahrens entstehe die gerichtliche Verfahrensgebühr jeweils neu, so dass der Erinnerungsführer 31 % der Gebühr von 6.465 DM (= 3305,50 EUR) schulde, die nach KV 1210 zum GKG in der bis 30.11.2001 geltenden Fassung durch den Weiterbetrieb im Jahr 2011 angefallen sei, und zwar aus dem seinerzeit noch verbliebenen Streitgegenstand von 138.516,89 EUR (= 270.915,49 DM).
Mit der Beschwerde rügt der Erinnerungsführer, er habe den Rechtsstreit keineswegs aufgenommen, sondern im Gegenteil durch die gerichtlich protokollierte außerge- richtliche Einigung beendet. Im Übrigen verkenne der Einzelrichter, dass eine Aufnahme des Rechtsstreits die vorherige Unterbrechung voraussetze. Der Tod der anwaltlich vertretenen ehemaligen Klägerin habe jedoch nicht zu einer Unterbrechung geführt (§ 246 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Das Rechtsmittel ist nach § 5 Abs. 2 Satz 1 GKG a.F. zulässig. Der Senat hat bereits entschieden, dass die auf dem Kostenrechtsmodernisierungsgesetz beruhenden Änderungen der kostenrechtlichen Rechtsbehelfe in Altfällen auch dann keine Anwendung finden, wenn ein Rechtsmittel nach dem 1.7.2004 eingelegt wird. Auf die Begründung im Senatsbeschluss vom 2.6.2008 (14 W 323/08), der in JurBüro 2009, 267 abgedruckt ist, wird statt Wiederholung verwiesen. Die scheinbar in eine andere Richtung deutende Regelung in § 72 Nr. 1 letzter Halbsatz GKG (neuer Fassung) betrifft nur Rechtsmittel, die in der Hauptsache eingelegt werden.
Die Beschwerde ist auch begründet, weil der Kostenansatz nicht rechtens und daher aufzuheben ist. Mit der Klagerhebung im Juni 2002 entstanden für das Prozessverfahren erster Instanz 3 Gebühren nach 1210 des Kostenverzei...