Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenfestsetzung bei unklarer Parteivereinbarung und interpretierbarer Kostenentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sind die Kostenregelung eines Vergleichs und die gerichtliche Kostenentscheidung nicht eindeutig, hat der Rechtspfleger für die Kostenfestsetzung eine Klärung durch das Gericht in der Besetzung des § 75 GVG herbeizuführen. Ein bloßer Aktenvermerk des nicht nach § 348 ZPO als Einzelrichter mit der Sache befassten Berichterstatters ist unzureichend.

2. Werden zwei zunächst getrennt laufende Mahn- und Streitverfahren erst später beim Prozessgericht verbunden, sind neben den zwei Gebühren nach KV Nr. 1100 GKG (a.F.) auch zwei Gebühren für die Prozessverfahren jeweils nach den Einzelwerten zu berechnen, unter Anrechnung der Gebühren KV Nr. 1100. Dem muss die gerichtliche Kostenentscheidung bei unterschiedlichem Prozessausgang hinsichtlich beider Streitgenossen Rechnung tragen. Erforderlichenfalls ist die Kostenentscheidung nach § 319 ZPO zu berichtigen oder zu ergänzen.

 

Normenkette

ZPO §§ 104, 319, 348; BGB §§ 133, 157; GVG § 75; GKG a.F. § 11 Abs. 1; GKG KV Nrn. 1100, 1210, 1211 lit. c, Nr. 1653

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Beschluss vom 17.08.2006; Aktenzeichen 14 O 82/04)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Zweitbeklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Koblenz vom 17.8.2006 aufgehoben, soweit gegen die Zweitbeklagte ein höherer Erstattungsbetrag als 14.779,56 EUR nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basis- zinssatz seit dem 31.1.2006 festgesetzt worden sind (festgesetzte 17.718,06 EUR abzgl. Gerichts- kosten von 2.938,50 EUR).

2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Entscheidung - auch über die außerge- richtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das LG Koblenz zurückverwiesen.

3. Gerichtskosten sind für das Beschwerdeverfahren nicht zu erheben.

4. Der Beschwerdeweret beträgt 2.938,50 EUR.

 

Gründe

Der Kläger nahm die beiden Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 250.000 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Vorausgegangen waren zwei getrennte Mahnverfahren. Diese wurden nach Widerspruch zunächst in getrennten streitigen Verfahren weitergeführt (14 O 82/04 und 14 O 147/04 LG Koblenz), sodann jedoch verbunden. In der mündlichen Verhandlung war die Erstbeklagte säumig. Mit der Zweitbeklagten schloss der Kläger einen Vergleich (Gegenstandswert: 1 Million EUR), dessen Kostenvereinbarung wie folgt lautet:

"Die Beklagte zu 2) trägt die Gerichtskosten, jedoch mit Ausnahme der Kosten, die im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen die... Beklagte zu 1) entstanden sind, weiter die außergerichtlichen Kosten des Klägers sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten."

Die Kostenentscheidung des nachfolgenden Teilversäumnis- und Schlussurteils lautet wie folgt:

"Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Klägers tragen die Beklagten als Gesamtschuldner mit Ausnahme der Gerichtskosten, die alleine im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen die Beklagte zu 1 entstanden sind. Diese werden der Beklagten zu 1 auferlegt."

Durch den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss hat die Rechtspflegerin die von beiden Beklagten gesamtschuldnerisch zu erstattenden Kosten auf 17.718,06 EUR festgesetzt. Darin sind 2.938,50 EUR Gerichtskosten enthalten. Außerdem hat das LG dem Kläger gegen die Erstbeklagte einen weiteren Anspruch auf Erstattung von Gerichtskosten (2.197,50 EUR) zuerkannt.

Während die Erstbeklagte den Kostenfestsetzungsbeschluss nicht angefochten hat, beanstandet die Zweitbeklagte mit ihrer sofortigen Beschwerde, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss sie mit höheren Gerichtskosten belaste als im Vergleich vereinbart.

Das zulässige Rechtsmittel hat einen vorläufigen Erfolg. Die Entscheidung der Rechtspflegerin begegnet Bedenken, weil die Kostenregelung des Vergleichs und die Kostenentscheidung des Urteils unklar sind; erstere muss möglicherweise anders verstanden werden und letztere ist unter Umständen zu berichtigen bzw. klarzustellen. Dabei ist kostenrechtlich folgendes zu berücksichtigen:

Da zwei getrennte Mahnverfahren vorgeschaltet waren, ist dort jeweils gesondert eine 0,5-fache Gebühr nach KV 1100 GKG a.F. entstanden. In jedem der beiden nachfolgenden Prozessverfahren ist die 3,0-fache Gebühr nach KV 1210 GKG a.F. entstanden (vgl. zum Ganzen OLG Oldenburg in JurBüro 2003, 322 m.w.N.). Die Gerichtskostenrechnung aus dem Verfahren 14 O 147/04 LG Koblenz liegt nicht vor, so dass sich dem Senat auch nicht erschließt, welche Abrechnung dort vorgenommen wurde.

Nach der Verbindung ist nicht das gesamte Verfahren durch den Vergleich zwischen dem Kläger und der Zweitbeklagten beendet worden. Daher kommt eine Ermäßigung nach KV 1211 GKG a.F. nicht in Betracht. Der Gegenstandswert des Vergleichs, den der Kläger mit der Zweitbeklagten geschlossen hat, ist höher als der Streitwert des Verfahrens. Demzufolge ist eine 0,25 - Gebühr nach KV 1653 GKG a.F. entstanden, allerdings nur im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Zweitbeklagten.

Vor dem Hintergrund dieser Kost...

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